Champions-League-Finale:Die Könige Europas

Schnell, schneller, FC Barcelona: Die Spanier gewinnen ein höchst einseitiges Champions-League-Finale mit 3:1 und holen zum dritten Mal in sechs Jahren den Titel. Lionel Messi und Co. überfordern Manchester United gehörig - und hätten sogar noch höher gewinnen können.

Carsten Eberts

Plötzlich, nur fünf Meter vom Strafraum entfernt, nahm Lionel Messi das Tempo raus. Jedoch nur, um gleich anschließend zu explodieren. Manchester United hatte dem Argentinier für einen kurzen Moment zu viel Platz gelassen, Messi nutzte dies, stoppte ab, trat blitzschnell an - und setzte seinen knallenden Linksschuss platziert an United-Torwart Edwin van der Saar vorbei ins Tor. Da stand es 2:1 - und Europa staunte ergriffen.

112723504

Messi vorweg, alle hinterher: die Champions-League-Sieger des FC Barcelona.

(Foto: AFP)

Nach dem Spiel, das Barcelona am Ende sogar 3:1 gewann, nahm die übliche Prozedur ihren Lauf. Eric Abidal bekam die großohrige Champions-League-Trophäe überreicht, Konfettiregen sprühte umher, Trainer Josep Guardiola herzte ausgiebig seinen kleinen Wundermann aus Argentinien. Die beste Mannschaft Europas hatte den wichtigsten Pokal des Kontinents gewonnen - daran bestand überhaupt kein Zweifel.

Dabei musste Guardiola sogar kurzfristig seinen angeschlagenen Kapitän Carles Puyol auf die Bank setzen, brachte für ihn den Franzosen Eric Abidal. United-Trainer Alex Ferguson (mit roter Rose im Knopfloch) stellte erwartungsgemäß auf: Mit Wayne Rooney und Javier Hernandez im Sturm, dahinter Antonio Valencia und Ji-Sung Park. Im Tor stand, natürlich: Edwin van der Sar, der in seinem letzten Spiel als Profi-Torwart so gerne noch einen letzten Titel gewonnen hätte.

Zu Beginn presste Manchester den FC Barcelona kurzzeitig in die eigene Hälfte - die vielleicht einzige Chance, die Angriffsmaschine des FC Barcelona vom eigenen Tor fernzuhalten. Einen langen Pass auf Rooney konnte Barça-Keeper Victor Valdes gerade noch wegfausten, Barcelona wunderte sich. Exakt fünf Minuten ging diese Taktik auf - immerhin.

Anschließend kam Barcelona - und zwar gewaltig. Erst setzte Pedro ein Iniesta-Zuspiel neben das Tor (15.), vier Minuten später gönnte sich David Villa einen Schuss aus 18 Metern - ebenfalls knapp vorbei. Wenig später brauchte es eine halsbrecherische Abwehraktion von Manchesters Ein-Mann-Urgewalt Nemanja Vidic, um Lionel Messi den Ball gerade noch vom Fuß zu grätschen (22.).

Manchester war in allem zu langsam - oder Barcelona zu schnell. Verblüffend, wie es Guardiolas Mannschaft schaffte, im wichtigsten Spiel des Jahres die allerfeinste Leistung abzurufen. Man fragte sich unweigerlich, wie wohl Halbfinalist Schalke 04 in diesem Finale hätte bestehen sollen.

Folgerichtig dann, was sich in der 27. Minute ereignete: Barcelona hatte wieder Platz, zu viel Platz: Über Iniesta und Xavi kam der Ball schließlich zu Pedro, der aus halbrechter Position van der Sar zunächst formschön in die falsche Ecke schickte, dann locker zum 1:0 einschoss. ManUnited-Trainer Ferguson zuppelte traurig an seiner Rose im Revers, auch er wusste: Die Führung war hochverdient.

Messi diktierte das Tempo

Und Manchester? Brach nicht ein. Nicht wie im Finale von 2009. Es war sogar eine ziemlich ironische Geschichte, dass ausgerechnet ein doppelter Doppelpass die souveräne Defensive der Spanier sezierte. Rooney passte sich den Ball mit Valencia zu, lief ein paar Meter, fand Ryan Giggs, bekam das Spielgerät sofort zurück und vollendete brachial ins linke Toreck. Manchester ging tatsächlich mit einem Unentschieden in die Pause.

In der Halbzeitpause schickte Ferguson seine Spieler schon nach wenigen Minuten wieder auf den Platz - kurz und heftig muss seine Ansprache gewesen sein. Was jedoch folgte, war Messis Demonstration zum 2:1 in der 54. Minute. Es schien, als könnte der Argentinier nach Belieben diktieren, nach welchem Tempo in diesem Champions-League-Finale gespielt wird.

Barcelona hätte noch höher gewinnen können. In der 64. Minute scheiterte Messi etwas übermütig mit der Hacke, nur eine Minute später klärte van der Sar einen strammen 20-Meter-Schuss von Xavi zur Ecke. Doch Barcelona zeigte sich gnädig.

Ferguson brachte den offensiven Nani für den defensiven Fabio, später noch Paul Scholes für Michael Carrick - Barcelona machte das nächste Tor. Messi dribbelte in den Strafraum, legte ab auf Pedro ab, hinten wartete der Kollege David Villa, der den Ball aus dem Stand (sic!) aus 16 Metern ins rechte Toreck schnitt (69.). Spätestens jetzt war klar, dass es an diesem Abend kein wundersames ManUnited-Comeback geben würde.

Auch wenn sich Barcelonas Profis mittlerweile an Pokalgewinne gewöhnt haben dürften - ihre Freude über den vierten Champions-League-Titel klang ehrlich. "Ich bin sehr, sehr stolz auf die Art und Weise, wie wir heute gewonnen haben", sagte Trainer Guardiola. "Es ist unmöglich, noch glücklicher zu sein. So zu gewinnen, ist wunderbar", fand auch David Villa. Kollege Pedro fügte pathetisch hinzu. "Das ist eine wunderschöne Nacht für uns."

ManUnited-Trainer Ferguson sagte nur: "Es war unmöglich, Messi zu kontrollieren." Er sah traurig aus, der alte Mann mit der Rose im Revers.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: