Champions League der Frauen:Wolfsburg weint aus Frust

Wolfsburg vs Lyon CL Frauen Finale Reggio Emilia Italien 26 05 2016 FUßBALL VfL Wolfsburg vs O

Corine Petit und Lotta Schelin von Olympique Lyon trösten Wolfsburgs Elise Bussaglia

(Foto: regios24/imago)

Zwei Patzer beim Elfmeterschießen kosten den VfL Wolfsburg den Champions-League-Sieg. Der Trainer sagt: "Es tut gerade unendlich weh."

Von Kathrin Steinbichler, Reggio Emilia

Trost ist ein kleines Wort für etwas, das so groß und unüberwindlich erscheint. Trost "gibt es im ersten Moment auch nicht", meinte Almuth Schult nach dem verlorenen Champions-League-Finale gegen Olympique Lyon, in dem der VfL Wolfsburg sich erst im Elfmeterschießen geschlagen geben musste. "Nach 120 Minuten und so einem Krimi bist du erst einmal leer", sagte die deutsche Nationaltor- hüterin des VfL. Die Enttäuschung über die vergebene Chance auf den europäischen Vereinstitel im Finale von Reggio Emilia saß tief bei den Wolfsburgerinnen, auch Trainer Ralf Kellermann meinte: "Es tut gerade unendlich weh."

Dabei hatte es kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit so gewirkt, als wenn Wolfsburg im Stadio Cittá del Tricolore zu einem altvertrauten Drehbuch des Frauenfußballs greifen würde. Lange Zeit hatten die Französinnen das Spiel dominiert, Trainer Gérard Precheur hatte sein Team sehr dynamisch und selbstbewusst in die Partie geschickt. Immer wieder verstand es Lyon, aus seiner sehr frei interpretierten 3-2-4-1-Aufstellung heraus Überzahlsituationen zu schaffen - offensiv wie defensiv. Wolfsburgs sonst so druckvolles Spiel kam dadurch nicht zur Entfaltung, selbst Offensivspielerin Alexandra Popp war viel mit Defensivarbeit beschäftigt.

"Die deutsche Mentalität" - an diesem Abend half sie nicht

Dass Lyon nach 13 Minuten ein erstes Mal jubelte, war nur folgerichtig: Olympiques deutsche Nationalspielerin Pauline Bremer, 20, die zu Beginn der Saison von Potsdam nach Frankreich gewechselt war und auf der Außenbahn eine überragende Partie lieferte, setzte sich stark durch und servierte Ada Hegerberg den Ball zum Torschuss. Die norwegische Nationalstürmerin hatte keine Mühe, aus kurzer Distanz zur Führung einzuschieben. Allerdings versäumte es Lyon, seine Überlegenheit in weitere Treffer umzumünzen, und ließ immer wieder Chancen aus. Als sich die Ordner schließlich kurz vor dem Abpfiff bereits zur Siegehrung sammelten, sorgte Popp nach einer Flanke von Ramona Bachmann per Kopf für den späten Ausgleich - und für sichtliche Nervosität auf Seiten von Olympique Lyon (88.).

"Wir kennen die deutsche Mentalität, sie geben nie auf", hatte Innenverteidigerin Wendie Renard vorab gewarnt. Die Olympique-Kapitänin hat in dieser Hinsicht mit der französischen Nationalelf und auch im Klubfußball ihre Erfahrungen gemacht. Das Europa-Pokal-Finale 2010 hatte Lyon gegen Potsdam im Elfmeterschießen verloren, 2013 zog Olympique gegen Wolfsburg durch einen Elfmeter den Kürzeren. Auch 2015 im WM-Viertel- finale in Kanada hatte Frankreich mit zahlreichen Lyon-Spielerinnen eine wundervolle Partie geliefert, daraus aber kein Kapital geschlagen und letztlich erneut im Duell aus elf Metern verloren. Diesmal aber, meinte Renard mit der Siegermedaille um den Hals, "war es Zeit, den Pokal und die Gefühle des Sieges zurück nach Lyon zu holen".

Die Siegerinnen feiern an der Côte d'Azur

Die halbstündige Verlängerung wirkte plötzlich wie ein neues Spiel, wobei Wolfsburg mit frischer Motivation jetzt die besseren Chancen hatte. Was spektakulär für die 15 117 Zuschauer war, war für die Spielerinnen im warmen Stadion allerdings zunehmend eine Qual: "Wir haben so viel investiert, wir lagen am Ende mit Krämpfen am Boden", sagte Popp. Nach 113 Minuten musste Anna Blässe vom Platz getragen werden, Wolfsburgs Nilla Fischer konnte nach einem Laufduell mit Lotta Schelin nicht mehr aufstehen, die schwedische Stürmerin dehnte daraufhin ihrer Nationalteamkollegin vom VfL unter Applaus die Beine. Kurz darauf meldeten beide sich bei ihren Trainern zum Elfmeterschießen.

Fischer wollte als VfL-Kapitänin vorangehen, Schelin in ihrem letzten Spiel für Lyon nicht kneifen - am Ende mussten beide weinen, die eine aus Glück, die andere aus Frust. Denn ausgerechnet die sonst so sichere Fischer läutete mit ihrem Abschluss in die Arme von Sarah Bouhaddi die Wende im Elfmeterschießen ein. Schult hatte zu Beginn Hegerbergs Schuss gehalten und den VfL in Führung gebracht, nach Fischer aber verschoss auch Élise Bussaglia für Olympique.

"Lyon ist eine Top-Mannschaft, aber trotzdem waren wir ganz nah dran, den Pokal mit nach Wolfsburg zu nehmen", sagte Trainer Kellermann, der sich bemühte, an eine dennoch gelungene Saison des deutschen Pokalsiegers zu erinnern, der als Meisterschaftszweiter auch kommende Saison wieder international antritt.

Der Tross von Lyon startete derweil seine ausgiebigen Feierlichkeiten. "Über das Wochenende geht es jetzt nach St. Tropez", erzählte Bremer, die gleich in ihrer ersten Saison bei Lyon den Sprung zur Stammspielerin und das Triple schaffte und nun auf Einladung von Klubpräsident Jean- Michel Aulas mit an die Côte d'Azur reisen darf.

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