Champions League: Cluj - Bayern:Grüße aus der zweiten Klasse

Dank dreier Tore von Mario Gomez siegt der FC Bayern 4:0 in Cluj und qualifiziert sich vorzeitig fürs Achtelfinale der Champions League. Der überragende Mann ist aber Bastian Schweinsteiger.

Wer nur die zweite Halbzeit der Champions-League-Partie des FCBayern beim rumänischen Vertreter CFR Cluj gesehen hat, der muss glauben, die Münchner hätten sich den Sieg zusammengeduselt. In dieser zweiten Halbzeit reihte Cluj Chance an Chance, die Mannschaft hätte gleich mehrere Tore erzielen können, und die Bayern reagierten genau zweimal, kalt wie die Arktis:

103882098

Ein Bild und ein Spiel, das vor wenigen Wochen noch undenkbar schien: Mario Gomez (links) lässt sich als Schütze von drei Toren feiern.

(Foto: AFP)

Mario Gomez erzielte in der 71.Minute sein drittes Tor, und in der 90. Minute erhöhte der eingewechselte Thomas Müller zum Endstand von 4:0 (2:0). Es war jedoch kein Dusel-Sieg der Bayern, es war ein vor allem in der ersten Halbzeit äußerst souveräner Auftritt des deutschen Meisters, der in seinem vierten Champions-League-Spiel zum vierten Sieg kam - was nebenbei einen neuen Startrekord bedeutet - und damit bereits fürs Achtelfinale qualifiziert ist.

"Wir haben 4:0 gewonnen. Ich bin froh, und Uli Hoeneß ist auch froh", sagte Louis van Gaal mit einem feinen Lächeln und fügte an: "Machen wir einen Stoß." Mit dieser zunächst etwas rätselhaft anmutenden Wendung wollte van Gaal sagen, dass er später am Abend noch mit Hoeneß auf den Sieg anzustoßen gedenke.

Die aus Münchner Sicht bange Frage war ja gewesen: Würde sich die Auseinandersetzung zwischen Trainer Louis van Gaal und Präsident Uli Hoeneß auf die Leistung der Mannschaft niederschlagen? Einerseits gab es dafür keinen Grund, andererseits sind Profimannschaften oft fragile Gebilde, und so dürften Trainer und Vorstand mit Erleichterung zur Kenntnis genommen haben, dass die elf Mann auf dem Platz vollkommen unbeeindruckt auftraten.

Zu diesen elf Auserwählten gehörte zunächst ausnahmsweise einmal nicht van Gaals Lieblingsschüler Thomas Müller, der erst in der 75. Minute eingewechselt wurde. Müller durfte sich auf der Bank ein wenig ausruhen, er "ist im Kopf müde", hatte der Chefcoach vor dem Anpfiff verfügt.

Die Außenpositionen im Mittelfeld besetzten Toni Kroos und Hamit Altintop, Bastian Schweinsteiger rückte auf die Rolle des Spielmachers, was wiederum bedeutete, dass endlich einmal Anatoli Timoschtschuk von Beginn an auf seiner Lieblingsposition spielen durfte: als defensiver Mittelfeldspieler. Das hatte sich Uli Hoeneß schon lange gewünscht, aber es war wohl eher dem Zufall beziehungsweise der Personalnot geschuldet, dass ihm van Gaal diesen Wunsch ausgerechnet jetzt erfüllte.

Es ist schwer zu sagen, wo Bastian Schweinsteiger besser aufgehoben ist, ob im defensiven Mittelfeld, wo er in der vergangenen Saison brillierte, oder im offensiven Mittelfeld, wo er am Mittwochabend Regie führte. Im Moment ist Schweinsteiger so gut drauf, dass er vermutlich selbst als Linksverteidiger dem Spiel die Richtung und den Rhythmus geben könnte. Drei Tore leitete er mit bemerkenswerter Ruhe und Übersicht ein.

Schweinsteiger fehlt in Rom

Vor dem 1:0 in der zwölften Minute drang Schweinsteiger in den Strafraum der Rumänen ein, er schaute ganz kurz auf, und als habe er den Raum mit diesem Sekundenblick zentimetergenau vermessen, passte er den Ball durch ein winziges Gässchen, vorbei an 1000 rennenden Beinen, zu Andreas Ottl.

Dessen Schuss konnte Tormann Eduard Stancioiu abwehren, doch Mario Gomez, der Vielgescholtene, war zur Stelle und jagte den Ball mit einer Wucht ins Tor, als habe er mit den Netz noch eine alte Rechnung offen. Ottl schießt, Gomez vollendet - es ist derzeit das Schlüsselthema der Bayern, dass die vermeintliche zweite Klasse die Akzente im Klub setzt, immer unterstützt vom emsigen, umtriebigen und überragenden Schweinsteiger.

Vor dem 2:0 in der 24. Minute schlug Altintop eine Flanke in den Strafraum von Cluj, und nun trat wieder Schweinsteiger in Aktion. Mit dem Kopf legte er den Ball millimetergenau ab zu Mario Gomez, er zeigte dabei, dass er mehr Ballgefühl in der Stirn hat als die meisten Profis im Fuß. Gomez bedankte sich, indem er die Kugel ins Tor schob, locker diesmal, seine Rechnung mit dem Netz war offenbar beglichen. Befreit, erleichtert, erfreut jubelte er, und er bedankte sich ausdrücklich bei dem Mann, der auch diesen Treffer möglich gemacht hatte, bei Bastian Schweinsteiger.

Dieser wird den Bayern im nächsten Champions-League-Spiel beim AS Rom fehlen, weil er seine dritte gelbe Karte sah. Trainer van Gaal regte sich darüber mächtig auf, aber Schweinsteigers Fehlen wird der Klub in Anbetracht des Tabellenstands verschmerzen können. Was machte die Mannschaft in dieser Lage? Sie schaltete natürlich einige Gänge zurück und schonte sich.

Cluj kam also besser ins Spiel, war in der zweiten Halbzeit überlegen und kam zu einigen guten Torchancen. Doch das interessierte beim FCBayern niemanden. Gelassen, ganz nebenbei erzielte Mario Gomez in der 71. Minute noch das 3:0, die Vorlage kam natürlich von - genau, von Schweinsteiger. Van Gaal wäre übrigens nicht van Gaal, wenn er nicht eine absolut schlüssige Erklärung für Gomez' viele Treffer hätte: "Ich habe die Spielweise für ihn besser gemacht. Und er macht die Tore", sagte er.

Das 4:0 von Müller in der 90. Minute - nun, das hätt's eigentlich schon nicht mehr gebraucht. Das Spiel war rasch abgehakt, schon jetzt spricht niemand mehr davon. Denn das beherrschende Thema bleibt bis auf weiteres die vertrackte Hoeneß-van-Gaal-Situation.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: