Champions League:"Der Trainer hat Fingerspitzengefühl"

FC Bayern Muenchen v Sport-Club Freiburg - Bundesliga

Haben wieder gute Laune: Thomas Müller, Kingsley Coman und Arjen Robben (von links nach rechts) nach einem Bayern-Treffer.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der FC Bayern empfängt im dritten Gruppenspiel der Champions League den schottischen Meister Celtic Glasgow.
  • Es wird nur wenige Veränderungen in der Startformation geben. Für den verletzten Javier Martínez wird wohl Sebastian Rudy spielen.
  • Die Spieler schwärmen von Trainer Jupp Heynckes. Jérôme Boateng schätzt dessen "Fingerspitzengefühl".

Von Benedikt Warmbrunn

Jupp Heynckes kneift sich mit den Fingerkuppen die Haut zwischen den Augenbrauen zusammen, sein Gesicht läuft rot an, er senkt den Kopf und schließt die Augen. Bekommt er jetzt, am Dienstagnachmittag, am neunten Tag seit seiner Rückkehr zum FC Bayern, das erste Mal einen Wutanfall? Wird er gleich schimpfen, einmal benennen, was geht und was nicht? Heynckes macht die Augen wieder auf. Und fängt an zu lachen. Erst ist es ein Kichern, bald wird es stärker und lauter, Heynckes kann sich kaum halten. Dann hat er sich wieder gefangen.

Auch am neunten Tag von Heynckes' Rückkehr bleibt die Atmosphäre beim FC Bayern so, wie sie sich der Trainer wünscht: ruhig. An diesem Mittwoch (20.45 Uhr) empfängt die Mannschaft im dritten Gruppenspiel der Champions League Celtic Glasgow, und die einzige Herausforderung, die Heynckes vor dieser Partie hat, ist es, einen Ersatz für den verletzten Javier Martínez zu finden (wahrscheinlich, deutet er an, nicht der zuletzt verletzte Arturo Vidal, also eher Sebastian Rudy).

Als sein Gesicht rot anläuft, wird Heynckes gefragt nach Cando, seinem Schäferhund, an dessen Wohlbefinden, sagt der Fragesteller, inzwischen ja die gesamte Republik Anteil nehmen würde. Am vergangenen Freitag hatte Heynckes erzählt, dass Cando seit zwei Tagen nichts mehr gegessen habe, weswegen er ihm als Therapie eine Sprachnachricht verordnet hatte, eingesprochen von ihm, Herrchen Heynckes.

Nachdem er sich wieder gefangen hat, sagt Heynckes: "Cando geht's gut."

Niederlagen in der Champions League seien nichts Neues

Es gibt natürlich wichtigere Themen, auch sportliche. Aber diese Hundstage seit Heynckes' Rückkehr zeigen, wie schnell es dem Trainer gelungen ist, seine eigene Gelassenheit auf die Mannschaft und ein bisschen auch auf den Verein zu übertragen. Zur Erinnerung: Die Partie gegen Celtic ist die erste in der Champions League seit dem 0:3 in Paris, das ein fußballerischer Offenbarungseid war und den tiefen Riss innerhalb der Mannschaft aufzeigte, weswegen es ja zur Beurlaubung von Carlo Ancelotti und der Rückkehr von Heynckes führte. Dieses Spiel ist gerade einmal drei Wochen her.

"Man verliert immer mal ein Spiel in der Champions League, das ist nichts Neues", sagt Heynckes, er erinnert an ein 0:3 in Lyon, im Frühjahr 2001, unter dem Trainer Ottmar Hitzfeld, nach dem der damalige Präsident Franz Beckenbauer in seiner Rede auf dem Bankett den Auftritt mit dem einer "Uwe-Seeler-Traditionsmannschaft" verglich. Außerdem erinnerte Heynckes an ein 0:2 zu Hause gegen den FC Arsenal, im Frühjahr 2013, unter ihm. Zufällig hat er die beiden Niederlagen nicht ausgewählt: In beiden Fällen gewann das Team wenige Wochen später die Champions League.

Jupp Heynckes, der Spielerflüsterer

Heynckes geht in diese Partie gegen Celtic mit dem Vorteil, dass es für ihn die erste in der Champions League seit dem Finale vor knapp viereinhalb Jahren in London ist. Daran will er am Dienstag zwar nicht zurückdenken, er habe das überhaupt "nie mehr" seit 2013 gemacht, habe sich das Finale nicht mehr angeschaut, auch nicht das von 1998, das er mit Real Madrid gegen Juventus Turin gewann. "Ich lebe in der Gegenwart." Aber natürlich sei die Champions League ein Wettbewerb, "der prickelnd ist". Er weiß ja auch, wie wichtig sein Abschneiden in diesem für die Gesamtbewertung seiner vierten Mission in München ist. Er sagt: "Der FC Bayern hat in diesem Wettbewerb große Ambitionen, die Mannschaft auch, und ich auch."

In der Liga ist der FC Bayern seit dem 5:0 am Samstag gegen Freiburg wieder auf zwei Punkte an Tabellenführer Dortmund herangerückt; den ersten Platz könnte die Mannschaft vielleicht schon Anfang November, beim direkten Duell in Dortmund, wieder einnehmen. In der Champions League aber sind die Aussichten nicht ganz so klar. Heynckes hat ja auch nicht die Niederlage in Paris überrascht, sondern die "Art und Weise". Am Dienstag schwärmt er vom Flügelspiel des Titelverteidigers Real Madrid. Wie weit Heynckes den FC Bayern in der Champions League führen kann, das hängt also auch davon ab, ob es ihm gelingt, eine mannschaftsinterne Dynamik zu fördern, so wie 2013.

"Der Trainer hat Fingerspitzengefühl"

Vor dem Trainer sitzt am Dienstag Jérôme Boateng auf dem Podium in der Arena, er ist in diesen Tagen vielleicht das beste Beispiel für Heynckes' Stärken als Spielerflüsterer. In der Saison 2013, erinnert Heynckes, sei Boateng "Weltklasse" gewesen, er blieb das auch unter Pep Guardiola. Als 2016 jedoch Ancelotti übernahm, verletzte sich der Innenverteidiger häufig, er spürte "nicht das Vertrauen", erzählt er am Dienstag. Im Frühjahr suchte er das Gespräch mit der Vereinsführung und mit Ancelotti, um seinen Stellenwert zu erfragen. Erst danach habe er sich gegen einen Wechsel entschieden, auch, weil er "nicht aus einer Schwäche heraus wegrennen" wollte.

Boateng schwärmt nun von Heynckes, wie alle Spieler, dass dieser mit ihm rede. Dann sagt er, dass er glaube, dass die Startelf sich nur auf einer Position verändern werde, auf der von Martínez. Weil er, Boateng, das gut findet, sagt er einen Satz, den er über Ancelotti sicher nie gesagt hätte: "Der Trainer hat Fingerspitzengefühl."

Gegen Paris saß Boateng aber auch noch auf der Tribüne.

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