Champions-League-Aus von Borussia Dortmund:Schon nach drei Minuten in Schockstarre

Lesezeit: 3 min

  • Nahezu chancenlos unterliegt Borussia Dortmund im Achtelfinal-Rückspiel Juventus Turin 0:3.
  • Schon nach drei Minuten liegt der BVB zurück - und verfällt in eine Art Schockstarre.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen der Champions League.

Es muss viel passieren, dass Jürgen Klopp mit offenem Mund dasteht und schweigt, dass er staunend vor Entsetzen quasi regungslos das Geschehen zur Kenntnis nimmt. Es ist einiges passiert, und der Trainer war restlos bedient in der Schlussphase dieses trostlosen Abends, als die Borussen sich aus der Liga der Champions verabschiedeten, zu denen sie in dieser Spielzeit ohnehin nicht gehören, die ihnen aber immerhin den tristen Liga-Alltag halbwegs erträglich machte.

"Es war ein Spiel zum Vergessen, wir sind zurecht rausgeflogen", sagte Klopp nach dem 0:3 (0:1) im Achtelfinal-Rückspiel gegen Juventus Turin und erkannte, dass sein Team "keinerlei Berechtigung mehr auf die Champions League" hat.

Kurz vor dem Anpfiff hatte Klopp noch elektrisiert geschaut und voller Tatendrang vom "Ausflug meiner Vorfreude" berichtet, strahlend und aufgeregt zugleich referierte er darüber, wie er sein Team eingeschworen hatte auf diesen Abend, der ein Festtag werden sollte, ein Meilenstein auf dem Weg zum geruhsamen Lebensabend: "Ich habe meinen Spielern gesagt, wenn man die Champions League gewonnen hat, muss man nicht mehr arbeiten. Das sieht man an Lars Ricken und Michael Zorc."

Der BVB muss sich auf grauen Alltag einstellen

Nun, die Nachfolgefrage für den Nachwuchskoordinator und den Sportdirektor des BVB stellt sich vorerst nicht. Ricken und Zorc, Champions-League-Sieger 1997, bleiben in Ehre und Amt, und die Borussen von heute müssen weiter arbeiten, schlimmer noch: im fortwährend grauen Alltag leiden ohne Feiertags-Gefühle.

Champions League
:Barça wirft Manchester raus

Souveräner Auftritt des FC Barcelona: Die Spanier gewinnen gegen Manchester City 1:0 und erreichen das Viertelfinale der Champions League. Ter Stegen kann sich durch einen gehaltenen Elfmeter auszeichnen.

Wären doch nur alle Dortmunder von Anfang an so in Form gewesen wie Jürgen Klopp. Der Trainer hatte nicht nur seinen feinen Champions-League-Zwirn an, sondern auch das Feuer in sich, das solche Abende auszeichnen sollte. Ein "cooler Moment" sei dieses Spiel - "wir müssen angreifen" - "superlebendig sein!" - "und absichern, als gäb's kein Morgen mehr!" Schließlich müsse das 1:2 aus dem Hinspiel "nicht schon nach fünf Minuten" ausgeglichen sein.

Es dauerte keine drei Minuten, da war nichts mehr abgesichert, als die Juve loslegte, die man doch eher mit einem 1-10-0-System beginnend erwartet hatte. Einen Ballverlust von Subotic, hinten rechts eigentlich als Stabilisator eingeplant, machte sich Carlos Tevez zu Nutzen, trocken und wie aus dem Stand zog er aus 26 Metern ab.

Im Angesicht des 88 km/h schnellen Schusses ging Innenverteidiger Mats Hummels noch einen Schritt zur Seite, was gut gemeint war, weil er den Ball nicht abfälschen wollte, aber schlecht endete, weil er Roman Weidenfeller im BVB-Tor im entscheidenden Moment die Sicht nahm - so ist zu erklären, warum der Keeper den Sonntagsschuss von Tevez passieren ließ.

Nach nur 140 Sekunden stand ein 1:0 für Juve und ein 1:3 insgesamt aus Dortmunder Sicht zu Buche - und es blieb ihnen die nur halbwegs tröstliche Erkenntnis, dass sie noch fast das ganze Spiel hatten, um das Ding doch noch zu drehen.

Tatsächlich aber gerieten sie in eine Schockstarre, aus der sie sich nicht mehr befreien konnten. "Wenn die Mannschaft eh nicht vor Selbstbewusstsein strotzt", sagte Jürgen Klopp später, "ist das natürlich ein doofer Beginn. Und wir sind nicht zurückgekommen." Wenn ihnen überhaupt etwas Hoffnung machte in einer schwachen ersten Halbzeit, dann vielleicht, dass Juventus nach Pirlo, der wegen einer Wadenverletzung fehlte, bald auch auf Pogba verzichten musste - der Franzose musste nach einem Zweikampf mit Sokrates (26.) früh ausgewechselt werden. Die Dortmunder Bemühungen aber blieben konzeptlos, ihr größerer Anteil an Ballbesitz wurde egalisiert durch zahlreiche Ballverluste, "trügerische Ballbesitzzeiten" nannte dies Klopp, denn mehr als Halbchancen kamen nicht heraus. "Wer nicht schießt, kann nicht treffen", erkannte der Trainer.

Auch nach dem Wechsel legte nicht Dortmund, sondern wiederum Juventus los, als gäb's kein Morgen mehr, und zwar in Person von Alvaro Morata: Einmal von Tevez, einmal von Pereyra in Szene gesetzt, hatte der Juve-Stürmer zwischen der 50. und 55. Minute zweimal die Gelegenheit, dem BVB den Garaus zu bereiten - beide Mal widersetzte sich Roman Weidenfeller dem drohenden K.o.-Schlag.

Auf der Gegenseite stand ein zaghafter Schuss von Kampl (63.) als kleines Lebenszeichen und dann das Signal von Klopp, der Sven Bender und den schwachen Mkhitaryan durch Ramos und Blaszczykowski ersetzte. Der aber hob bald schon im falschen Moment nach einer langen Hereingabe das Abseits auf, als Tevez zu Morata passte, für den es im dritten Versuch - diesmal aus sieben Metern - ein Leichtes war, Weidenfeller endlich zu bezwingen.

BVB in der Einzelkritik
:Reus dribbelt ins Leere

Trotz Kino-Qualitäten stößt Marco Reus an seine Grenzen, Mats Hummels kämpft mit stumpfen Waffen und Sven Bender wird kein Flankengott mehr. Borussia Dortmund beim 0:3 gegen Juventus Turin in der Einzelkritik.

Von Felix Meininghaus, Dortmund

0:2, nun hätten die Dortmunder noch vier Treffer erzielen müssen, doch wie sollte dies gelingen in einem Spiel, in dem sie nicht einmal vier Chancen hatten? Nach 70 Minuten waren sie erledigt und nahmen es mehr oder minder stoisch hin, dass es noch schlimmer kommen sollte. Pereyra auf Tevez, das 0:3 nach 79 Minuten glich dann einer Demütigung. In der Champions League gibt es nun tatsächlich kein Morgen mehr für die Borussia.

"So traurig auszuscheiden und zu wissen, dass wir wenigstens für anderthalb Jahre keine Champions League mehr spielen, das ist schon ein Niederschlag", sagte Mats Hummels, er sprach von "unfassbaren Ballverlusten", von einem "kompletten Leistungsabfall", und für die Leistung in der zweiten Halbzeit fand er nur ein Wort: "unterirdisch". Jürgen Klopp wirkte verzweifelt bemüht, die Mannschaft wieder aufzurichten. Er habe "kein Problem mit Niederlagen", sagte der BVB-Trainer, wenn man nur wieder aufstehe. Die entscheidende Frage sei doch: "Wie werden wir jetzt am Samstag in Hannover einschlagen?" Willkommen im Alltagsgrau.

© SZ vom 19.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: