Champions League:Arsenal kämpft gegen den Achtelfinal-Fluch

Mesut Özil und Arsene Wenger

Haben in München beide etwas vor: Arsenal-Coach Arsene Wenger (links) und Mesut Özil.

(Foto: dpa)

Von Christopher Meltzer

Arsène Wenger, obwohl schon 67, wirkte wie ein Boxer. Als die Delegation des FC Arsenal die Münchner Arena erreichte, ging der Trainer als erster durch die Tür, hopste leichtfüßig auf das Podium zu. Wenger tänzelte, wie ein Faustkämpfer im Ring, nur darauf wartend, sich endlich in den Kampf stürzen zu dürfen.

Natürlich steht Wenger auch ein großes Duell bevor, wenn sein Team am Mittwochabend im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinals auf den FC Bayern trifft. Er, Wenger, kämpft dann um seine Zukunft. In England protestieren die eigenen Fans gegen ihn; sie haben ihn satt, den Wenger-Fußball der vergangenen Jahre, der fast immer solide, ja manchmal sogar großartig daherkam, nur eben keine Titel gewann. Ihr Vorwurf drückt sich in den Resultaten der Champions League besonders aus: Seit 2011 ist Arsenal jedes Jahr im Achtelfinale gescheitert.

Ein britischer Journalist erinnerte den Trainer am Dienstagabend mit der ersten Frage an diese Statistik. Und Wenger? Der grinste schelmisch und scherzte zurück: "Danke, dass Sie mich an unsere Vergangenheit erinnern."

Wenger: "Wir wollen ihnen wehtun"

Es blieb nicht Wengers letzter Scherz. Für einen Trainer, der sich mit massiven Widerständen auseinandersetzen muss, wirkte er erstaunlich gelassen. Die Fragen der britischen Journalisten, die ihre Kritik per Flieger nach Deutschland importiert hatten, parierte er souverän. Natürlich weiß Wenger, dass der FC Bayern in diesem Duell der "Favorit" ist, wie er zugab. Doch er versicherte auch: "Wir wollen ihnen wehtun." Arsenal hat als Gruppensieger im Rückspiel den Heimvorteil, Wenger rechnet sich jedenfalls etwas aus. Freilich in dem Wissen, dass beim FC Bayern auch nicht alles in bester Ordnung ist und das Team besiegbar erscheint wie lange nicht mehr. Ein Erfolg in München würde Wengers Kritiker daheim schlagartig besänftigen.

Bevor der Arsenal-Trainer vor die Presse getreten war, hatte dort sein Gegenspieler referiert: Carlo Ancelotti. Der Bayern-Trainer war weniger zu Scherzen aufgelegt, "wir befinden uns vor einem sehr wichtigen Moment", sagte Ancelotti ernst. Als die Bayern zum ersten Mal in dieser Saison vor solch einem wichtigen Moment standen, überzeugten sie: Das 3:0 gegen Leipzig Ende Dezember kaschierte viele Mängel eines ansonsten durchschnittlichen Halbjahres. Doch die Zweifel sind - genährt durch die jüngst mauen Bundesligaauftritte - zurückgekehrt.

Die Bayern ließen diese Einwände am Dienstag abprallen. Es sei nicht einfach auf Plätzen wie in Freiburg oder Ingolstadt zu spielen, bemerkte Mats Hummels, auch wenn das in der Nachbetrachtung nicht gerne erwähnt werde. Torhüter Manuel Neuer wollte zuletzt "eine Leistungssteigerung" erkannt haben. Und ohnehin: Mit einer Mannschaft wie Arsenal, die ebenfalls um Ballbesitz bemüht ist, tue man sich leichter: "Das gibt uns Platz und wir können die Räume ausnutzen."

Wer nutzt wen als Sprungbrett?

Als die britischen Journalisten den Bayern-Profis die heimische Kritik am FC Arsenal vortrugen, reagierten die Spieler mit den gewöhnlichen Reflexen. "Wir wissen, dass Arsenal sehr große Qualitäten in der Offensive hat", mahnte Neuer. Ancelotti wiederum lobte: "Sie können fantastisch spielen." Diese Komplimente an den Gegner sind in der Branche üblich, ein wenig ertappte man die Münchner jedoch dabei, wie sie Arsenal stark redeten.

Das Faszinierende an diesem Achtelfinale ist: Zwei große europäische Fußballklubs hoffen, sich gegenseitig als Sprungbrett benutzen zu können. Der FC Arsenal will die Unruhen im eigenen Verein befrieden, der FC Bayern derweil das sich ausbreitende Gefühl abstreifen, nach vier Jahren der schieren Unantastbarkeit wieder ein gewöhnlicher Verein zu sein. Der, so hoffen sie beim FC Arsenal, auch mal im Achtelfinale der Champions League ausscheiden kann.

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