BVB und Schalke in der Champions League:Ganz Real

Dortmund schlägt Madrid, Schalke bezwing Arsenal - zwei deutsche Mannschaften, die nicht FC Bayern heißen, führen ihre Gruppen in der Champions League an. Insbesondere der BVB und Jürgen Klopp verspüren große Genugtuung. Beim Thema Marcel Schmelzer wird der Trainer kurzzeitig richtig böse.

Carsten Eberts

Auf das Lob von José Mourinho wurde Dortmunds Trainer Jürgen Klopp häufig angesprochen, vor den Fernsehkameras, später auch vor den schreibenden Journalisten. Mourinho hatte über die Qualität des BVB gesprochen, der das spanische Spitzenensemble von Real Madrid zuvor 2:1 bezwungen hatte. Mourinho lobte die treffliche Organisation des Gegners, das gute Dortmunder Konterspiel. Schließlich folgerte er: "Sie haben eine Qualität wie Real."

Mourinho, der Champions-League-Sieger und ehemalige Welttrainer, ist in seinem Schaffen bislang nicht durch übermäßiges Loben von gegnerischen Teams aufgefallen. Deshalb hatte die Anerkennung auch Klopp beeindruckt. "Zwei gleich gute Mannschaften, das ist ein sehr cooles Kompliment", sagte Klopp im ZDF, "das nehmen wir heute gerne mit."

Rund 500 Kilometer weiter westlich, in London, sprach Schalkes Kapitän Benedikt Höwedes in einem ganz ähnlichen Tonfall. Seine Mannschaft hatte ebenfalls gewonnen, souverän 2:0 beim FC Arsenal gesiegt, Höwedes bemerkte dazu: "Wir waren klar die dominierende Mannschaft. Es war ein hervorragender Sieg." Es war nicht nur ein hervorragender Sieg, sondern auch ein historischer. Schließlich gewann Schalke erstmals überhaupt ein Champions-League-Auswärtsspiel in England.

Mit sieben Punkten führt Schalke nun die Gruppe B an, in Gruppe D liegt der BVB ebenfalls mit sieben Zählern auf Platz eins - zwei deutsche Mannschaften, die nicht FC Bayern heißen, führen damit nach drei Spieltagen in der Champions League ihre Staffeln an. Wohl gemerkt: Die Bayern sind in ihrer Gruppe momentan nur Dritter, punktgleich mit dem FC Valencia und Bate Borissow. Hatte es eine vergleichbare Konstellation zuvor schon einmal gegeben?

Insbesondere für die Dortmunder war der Sieg gegen Real eine große Genugtuung. Man hörte es quasi in jedem Statement, in jedem Interview. Vor einem Jahr war der BVB mit vier Punkten aus sechs Spielen deutlich in der Vorrunde gescheitert, war anschließend verlacht worden: Als junge Mannschaft, die zwar in der Bundesliga jeden Gegner über den Haufen rennen kann, deren Spieler für die Königsklasse jedoch zu naiv sind. "Europa-Versager", hieß es im Boulevard. Und auch aus München kamen damals diese Angriffe.

"Marcel Schmelzer von einem anderen Stern"

Hinzu kommt der schlechte Start in die aktuelle Bundesliga-Saison, wo Dortmund derzeit nur auf Platz vier steht und nach acht Spieltagen bereits zwölf Punkte Rückstand auf Tabellenführer Bayern München hat, zuletzt die Derby-Niederlage gegen den Revierrivalen aus Schalke. Klopp nahm die Gelegenheit wahr und zeigte, was er von mancher Kritik in den vergangenen Wochen hielt: "Sollte irgendwann jemand anfangen, am Charakter dieser Mannschaft zu zweifeln, würde er sofort meinen Respekt verlieren", sagte Klopp: "Die Jungs verlangen sich immer alles ab. Wir machen zwar viele Dinge falsch, aber wollen tun wir immer."

Auch seine Spieler hatten die Kritik nicht vergessen. Insbesondere Außenverteidiger Marcel Schmelzer, der gegen Real eine starke Partie lieferte und in der 64. Spielminute per Direktabnahme von der Strafraumgrenze zum entscheidenden 2:1 traf, fühlte sich bestätigt. "Mit dem Sieg haben wir den Kritikern zeigen können, dass wir auf europäischer Ebene nicht nur mithalten, sondern auch Mannschaften wie Real Madrid schlagen können", sagte Schmelzer. Zusammen mit Mats Hummels hatte sich Schmelzer in der vergangenen Saison am deutlichsten gegen die mediale Kritik zur Wehr gesetzt hatte. Schmelzer folgerte: "Das ist für uns heute schon eine kleine Genugtuung."

Auch Jürgen Klopp war nun in Fahrt. Der Coach sprang wiederum Schmelzer bei, der zwei ziemlich komplizierte Wochen hinter sich hatte. Zunächst war er in der Nationalelf von Bundestrainer Joachim Löw kritisiert worden, der ihm sinngemäß die Eignung absprach, auf lange Sicht erster deutscher Linksverteidiger zu sein ("wir werden Alternativen schaffen"), auch wenn er sich später für diese Worte entschuldigte. Dann verletzte sich Schmelzer, musste das Länderspiel gegen Schweden und die Derbypleite gegen Schalke aussetzen, spielte auch gegen Real noch mit geprelltem Fuß.

Was Klopp nach dem Spiel im Bezahlsender Sky kundtat, ging deshalb auch direkt in die Richtung von Bundestrainer Löw, der das Dortmunder Spiel von der Tribüne aus verfolgte. "Um es auch einmal im Fernsehen zu sagen: Was Marcel Schmelzer heute gespielt hat, ist von einem anderen Stern", erklärte Klopp und fügte an: "Glückwunsch an Deutschland, so einen Linksverteidiger zu haben."

Später auf der Pressekonferenz hatte sich Klopp ein wenig geordnet. Er sprach ruhiger, spielte den Vorfall mit dem Bundestrainer herunter, wollte die Kritik gar nicht als solche verstanden haben. Dennoch: Klopp war froh, über etwas anderes sprechen zu können. Über Löw, über Mourinho, über seine Spieler. Und nicht über Derby-Niederlagen gegen Schalke 04.

Mit Material von sid und dpa

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