BVB-Sieg im DFB-Pokal:"Ich wusste nicht, dass er sowas kann"

Borussia Dortmund - 1899 Hoffenheim

Der Dortmunder Torschütze Sebastian Kehl.

(Foto: dpa)
  • Sebastian Kehl sei Dank: Der heimliche Kapitän des BVB bewahrt sein Team davor, den dritten Wettbewerb der Saison zu vergeigen.
  • Am Ende gewinnt Dortmund 3:2 nach Verlängerung gegen Hoffenheim.
  • So bleibt dem BVB die Chance, sich über den DFB-Pokal für Europa zu qualifizieren.
  • Hier geht es zu allen Viertelfinal-Partien des DFB-Pokals.

Von Felix Meininghaus, Dortmund

Wenn Jürgen Klopp in Laune ist, liebt er es, Analogien bei seiner eigenen Karriere als Fußballer zu suchen. Die war - so ist allgemein bekannt - weit weniger bedeutsam als all das, was er als Trainer erlebt hat. Deshalb wird es meist ziemlich lustig. Als Robert Lewandowski vor zwei Jahren im Champions-League-Halbfinale vier Tore gegen Real Madrid schoss, berichtete der Trainer von Borussia Dortmund unter dem Gejohle des Auditoriums, ihm seien auch schon mal vier Treffer gelungen. Damals, beim Zweitliga-Kick gegen Rot-Weiß Erfurt.

Nun, nach dem in der Verlängerung so hart erstrittenen 3:2 (2:2, 1:2) im Viertelfinale des DFB-Pokals gegen 1899 Hoffenheim, sprach Klopp über seinen Manndecker Neven Subotic. Seine Mannschaft gewann das Spiel, obwohl der Serbe in der ersten Halbzeit mit einem katastrophalen Fehler das zweite Gegentor des BVB verschuldet hatte. "Ich hatte so eine Situation auch schon", berichtete Klopp später, "allerdings in der Oberliga Hessen im Abstiegskampf." Wieder hatte der Trainer die Lacher auf seiner Seite, als er erzählte, wie er das Malheur mit zwei Toren in der zweiten Hälfte selbst ausbügelte und für ein Happy End sorgte: "Dieses Mal war Neven nach dem Abpfiff richtig happy."

Das galt nicht nur für den Verteidiger, sondern auch für den Rest der Dortmunder, die mit einem wahren Kraftakt vermeiden konnten, nach der Meisterschaft und der Champions League auch den dritten Wettbewerb vorzeitig zu vergeigen. Nach dem Abpfiff von aufregenden 120 Minuten berichtete Klopp davon, wie anstrengend die emotionale Achterbahnfahrt der letzten Monate sei: "Die Hin- und Herreise zwischen totaler Enttäuschung wie gegen Bayern München und solchen Spielen wie heute ist extrem schwer."

Der BVB bleibt der Verein der großen Gefühle. Dieses Mal schlug das Pendel wieder Richtung Glückseligkeit aus, und das war das Verdienst eines Spielers, der sich auf der Zielgeraden einer langen Karriere befindet: Sebastian Kehl sorgte in der zweiten Halbzeit der Verlängerung mit seiner krachenden Direktabnahme aus 25 Metern dafür, dass am Ende dieses Kampfspiels Borussia Dortmund und die 80 000 Zuschauer im Stadion jubelten.

Darüber, dass es durchaus auch anders hätte ausgehen können, machte sich niemand Illusionen. "Die Tore, die wir gefressen haben, waren wieder mal völlig unnötig", erklärte Siegtorschütze Kehl: "Aber das ist jetzt völlig egal." Auch Klopp betonte: "Wir wissen genau, dass wir nicht alles goldrichtig gemacht haben." Jetzt heiße es "Wunden lecken", so der Coach weiter, "und davon gibt es genug."

Sonderlob für Sebastian Kehl

Der BVB agierte auch gegen Hoffenheim weit entfernt von der Form, die ihn zu Titeln und ins Champions-League-Finale getragen hatte. Aber immerhin kam in der zweiten Halbzeit und in der Verlängerung dieser Wille zurück, der zu Großem befähigt. Klopp sprach nach dem Rückstand von einer "brutal starken Reaktion. Nach zwei solchen Nackenschlägen in der ersten Halbzeit so zurückzukommen, das hat was."

Auch Erik Durm berichtete mit leuchteten Augen: "Wir haben uns in alles reingeschmissen und mit unserem tollen Publikum im Rücken immer weiter nach vorn gespielt". Das hatte viel vom Dortmunder Geist, der in so vielen blutleeren Auftritten dieser Saison verloren gegangen schien.

Dass ausgerechnet Kehl, der in Dortmund immer noch so etwas wie den heimlichen Kapitän verkörpert, die entscheidende Aktion verantwortete, wertete den kostbaren Erfolg weiter auf. "Kehli ist für uns ohnehin ein wichtiger Spieler", betonte Durm, "aber so ist er noch wichtiger." Der Pokalheld selbst berichtete kurz vor Mitternacht recht unaufgeregt über die spektakuläre Szene, mit der er das Spiel entschied: "Der Ball fällt, ich nehme ihn Volley und treffe ihn voll. Ein super Schuss."

Er arbeite nun seit sieben Jahren mit diesem Spieler zusammen, sagte Klopp mit einem Grinsen, "aber bis jetzt wusste ich nicht, dass er so etwas kann." Wie auch - es war für den 35-Jährigen das erste Pokal-Tor in 13 Jahren für den BVB.

Klopp empfand es als "schöne Geschichte, dass Kehli heute der Held für uns sein konnte." Noch ein Sieg im Halbfinale, und der Mittelfeldspieler dürfte beim letzten Spiel einer langen Karriere noch einmal die große Bühne in Berlin betreten. Das wäre eine weitere schöne Geschichte, auch wenn Kehl so weit noch nicht denken mag: "Diese Saison hat uns gelehrt", sagte der Dortmunder, bevor er in die Nacht verschwand, "dass man nicht so viel träumen soll."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: