BVB-Niederlage gegen den FC Bayern:Fünf Minuten Zeit zur Depression

Borussia Dortmund v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Ernüchterung bei Borussia Dortmund, hinten Eric Durm.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Personell arg gebeutelt liefert Borussia Dortmund einen großen Kampf, erhält vom FC Bayern jedoch eine Lektion in Sachen Kaltschnäuzigkeit und Effizienz. Nach der dritten Niederlage in Serie gestattet Trainer Klopp seinen Spielern eine kurze Trauerphase.

Von Felix Meininghaus, Dortmund

Als das Spiel beendet war, lief Jürgen Klopp auf das Spielfeld, wie er das immer tut, wenn der Abpfiff ertönt. Am Mittelkreis traf er auf Mario Götze und nahm den kleinen Mittelfeldspieler in die Arme. Es war eine kurze und herzliche Szene, falls Klopp diese Geste Überwindung gekostet haben sollte, ließ er es sich nicht anmerken. Der abtrünnige Sohn hatte das Spiel entschieden, als er elf Minuten nach seiner Einwechselung die Führung für Bayern München erzielte.

Dass Arjen Robben und Thomas Müller das Ergebnis in der Schlussphase noch überaus deutlich gestalteten, war für Klopp sekundär: "Die Treffer zwei und drei werden dem Spiel nicht gerecht", betonte der Trainer, "aber das ist nicht entscheidend."

Was wirklich zählt, sind die Fakten: 0:3 verloren im weltweit viel beachteten Gipfeltreffen der Bundesliga, sieben Punkte hinter den übermächtigen Bayern, drei Pflichtspielniederlagen in Serie und nur noch Rang drei, weil nun auch noch Leverkusen vorbeigezogen ist. Für alle, die ihr Herz an den BVB verloren haben, sind das beunruhigende Zahlen. Kein Zweifel, der Trend ist derzeit kein Dortmunder Freund.

Doch auch wenn das Resultat etwas anderes aussagen mag, es war bei weitem nicht alles schlecht, was die Borussia beim so heiß herbeigesehnten Showdown der beiden besten deutschen Mannschaften fabrizierte. Im Gegenteil, lange Zeit hielten die Dortmunder das Spiel offen, hatten sogar die besseren Möglichkeiten. "Es war ein knappes Spiel", betonte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, "auch wenn sich das jetzt blöd anhört."

Tatsächlich agierten beide Teams über weite Strecken auf gleicher Höhe, doch dann erhielten die Dortmunder von den Rekordbayern eine Lektion in Sachen Effizienz und Kaltschnäuzigkeit, die an Deutlichkeit keine Fragen offen ließ. Die Art und Weise, wie der ungeliebte Konkurrent aus dem Süden seine Angriffe ins Ziel brachte, das nötigte Hochachtung ab. Und zeigte zudem das größte Defizit des BVB auf. Denn genau diese Zielstrebigkeit, mit der die Bayern ihre Gegner zur Strecke bringen, geht dem Herausforderer aus dem Ruhrgebiet ab. "Wir schließen bei unseren Angriffen die Bälle nicht einfach ab, sondern wollen sie immer noch mal stoppen", sagte Torwart Roman Weidenfeller: "So wird es schwer in der Bundesliga."

Nicht nur dort, denn bereits am Dienstag geht es beim Heimspiel gegen Neapel um das Überleben in der Champions League. Es zählt nur ein Sieg, aber um den zu erringen, müssen die Dortmunder ihre Offensivbemühungen besser auf den Punkt bringen. "Bis zum 1:0 der Bayern hatten wir die besseren Chancen", lobte auch Sportdirektor Michael Zorc, "aber die fehlende Effizienz ist ja ein Thema, das wir hier schon öfters hatten. Wir müssen im Abschluss einfach kaltschnäuziger werden." Das sah Klopp ähnlich: "Wenn du solch ein Spiel gewinnen willst, musst du deine Chancen nutzen und ein Tor machen."

Gute Leistung vom Improvisationsverbund

Tatsächlich mutet es merkwürdig an, dass nach der am Schluss so deftigen Pleite so viel über die vorderen Reihen debattiert wurde. Die war schließlich in stärkster Formation aufgelaufen, während hinten die gesamte Viererkette ausfiel, mit der die Borussia in den letzten drei Jahren so große Erfolge gefeiert hatte. "Auf so viele Verletzte", sagte Mittelfeldrenner Jakub Blaszczykowski, "kann sich kein Klub der Welt einstellen. Außer Bayern." Allerdings hielt sich der Improvisationsverbund um den starken Aushilfschef Sokratis glänzend und brach erst zum Ende hin ein, als es der Gegner gegen ermüdende und resignierende Dortmunder deutlich machte.

Auch Manuel Friedrich, der im Laufe der Woche kurzfristig engagiert worden war und seit einem halben Jahr keine Spielpraxis hatte, hielt sich den Umständen entsprechend gut. Selbst wenn der Ex-Nationalspieler das ein wenig anders sah: "Was ich mit dem Ball am Fuß mache, war grauenhaft, aber ich habe mich dann doch ganz gut reingekämpft."

Das uferte wohl in ein bisschen viel der Selbstkritik aus, wie Klopp betonte, der Friedrich ein weitaus ehrenwerteres Zeugnis ausstellte. Der Trainer nahm die Heimschlappe zumindest äußerlich mit einer Gelassenheit, die bei ihm nach Niederlagen nicht zum Standardrepertoire gehört. Klopp wird wissen, dass die Zeit zu knapp ist, um lautstark zu hadern. Stattdessen muss er sich der anspruchsvollen Aufgabe stellen, seine Mannschaft schnell wieder aufzurichten, um die nächste Herausforderung gegen Neapel in Angriff zu nehmen, die ja mindestens genau so wichtig ist wie der Gipfel gegen Bayern. Wenn nicht sogar noch wichtiger.

Der Aufgabe, seine Mannschaft aufzurichten, stellte sich der 46-Jährige bereits einer halben Stunde nach Spielschluss: "Dass wir drei Spiele in Folge verlieren, ist ungewöhnlich, aber kein Riesenproblem", sagte Klopp: "Ich habe meinen Spielern gesagt, Ihr habt jetzt fünf Minuten zur Depression, danach geht es weiter."

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