BVB:Mats Hummels flirtet auch mit Bayern

Lesezeit: 3 min

Verlässt der Nationalspieler den BVB? Vielleicht sogar Richtung München? Nichts scheint mehr ausgeschlossen. Dortmund beschäftigt sich schon mit einem Nachfolger.

Von Freddie Röckenhaus, Berlin

Sven Bender hatte sein Soll erfüllt und seinem Freund Mats Hummels den Ball verbal auf den Elfmeterpunkt gelegt: "Ich denke, jeder hat heute gesehen, was wir für eine tolle Mannschaft haben, und wenn du nach dem Spiel mit den Fans feierst, dann merkst du auch, was Borussia Dortmund so besonders macht." Der gebürtige Oberbayer Bender tat launig sein Bestes nach dem 3:0 bei Hertha BSC und dem dritten Einzug ins Pokalfinale nacheinander, um wankelmütige Kollegen wie Hummels zu beeinflussen: "Ich hoffe, dass alle bei uns bleiben. Auch der hier."

Damit meinte Bender den BVB-Kapitän Hummels, der sich im Wandelgang des Olympiastadions gerade zur Interviewrunde gesellte. Ein bisschen klang es, als würde einer um seinen langjährigen Partner werben, von dem er weiß, dass der nun ernsthaft mit einem anderen flirtet. Die unwiderstehliche Art und Weise des Dortmunder Sieges beim - immerhin - Bundesliga-Vierten war wie eine dieser Versprechungen, die man sich zuflüstert, wenn man nicht verlassen werden will. Fußballer haben zwangsläufig symbiotische Beziehungen zueinander.

Sven Bender etwa weiß, dass er mit Hummels in seiner Mannschaft mehr Spaß und bessere Karriereaussichten hat als ohne ihn. Mal abgesehen davon, dass beide eng befreundet sind.

Aber Hummels, dessen Vertrag 2017 ausläuft und der deshalb vom BVB-Management zur Verlängerung gedrängt wird, wollte den Ball nicht verwandeln, den ihm Bender aufgelegt hatte. Stattdessen lobte auch er ausführlich, wie gut sich das Team rehabilitiert hatte, "nachdem wir uns aus dieser großen Euro-League-Chance selbst so blöd herauskatapultiert hatten". Das hergeschenkte 3:4 beim FC Liverpool werde ihm trotzdem noch eine Weile wehtun, erklärte Hummels - so analytisch und charmant, wie es wenige seiner Berufskollegen können. Doch die Analyse blieb ohne die von Bender erhoffte Andeutung, dass nun in puncto Zukunft alles gut werde.

DFB-Pokal
:Es rumpelt, ächzt und knarzt wie noch nie unter Guardiola

Die Pokalpartie gegen Bremen macht deutlich, dass der Bayern-Trainer nur noch kurzfristig denkt.

Von Christof Kneer

Beim Liga-Zweiten Dortmund stellte sich vielleicht auch deshalb nach diesem spielerischen Triumph in Berlin nicht der ganz große Überschwang ein. Das Spiel in Liverpool, das Hummels und seine Truppe so unerklärlich abgegeben hatten, war zurechtgerückt worden, das schon. Hummels freute sich über ein "perfektes Spiel", Manager Michael Zorc attestierte eine "grandiose Leistung".

Doch ein paar Meter weiter, beim TV-Sender Sky, streute Borussias Integrationsfigur Hummels eher wieder neue Zweifel an seinem Verbleib: Es sei "eine schwierige Entscheidung. Wenn ich sie irgendwann getroffen habe, werden alle verstehen, warum es so schwierig für mich ist. Das kostet mich seit Wochen jede Nacht eine halbe Stunde vor dem Einschlafen." Hummels ist eben ein ungewöhnlich offener, unkonventioneller Typ.

Sein Kollege Ilkay Gündogan, von dem viele glauben, dass sein Wechsel zum neuen Guardiola-Klub Manchester City beschlossene Sache sei, hat es einfacher. Allzu große Bindungen zum Lebensabschnittsgefährten BVB wurden ihm nie nachgesagt. Gegen Berlin durfte er, nach längerer Verletzungspause, in der Schlussphase aufs Feld; das Spiel war da durch Tore von Castro und Reus entschieden. Gündogan traf den Pfosten, Mkhitaryan stellte auf 3:0. Während man bei Gündogan beinahe stillschweigend dessen Verlust hinzunehmen scheint, erregt Hummels die Gemüter. Anfang der Woche war die Rede davon, dass der FC Barcelona interessiert sei.

Ob Barça, Real oder englische Klubs: Die Dortmunder Fans wären traurig. Für das "Projekt Dortmund", das Hummels oft beschworen hat, ist er selbst die zentrale Figur. Mit seinen kryptischen Anmerkungen im Olympiastadion hat der 27-Jährige nun neue Spekulationen in Gang gebracht - dass nämlich auch Bayern München seine Zieladresse sein könnte. Bisher galt dies wegen der komplizierten Vorgeschichte von Hummels bei den Bayern als ausgeschlossen. Sein Vater Hermann Hummels, der auch als Berater des Sohnes fungiert, schloss am Donnerstag eine Rückkehr zu den Bayern nicht kategorisch aus.

DFB-Pokal
:BVB lobt sich selbst, ohne rot zu werden

Borussia Dortmund zeigt beim 3:0 in Berlin, dass das Trauma von Liverpool überwunden ist. Alle sind zufrieden - nur Klubboss Watzke stänkert gegen Hertha-Trainer Dardai.

Von Javier Cáceres

Es gebe "sieben bis zehn gute Vereine in Europa". Zu denen gehöre natürlich der FC Bayern. Für Mats sei die Entscheidung schwierig, weil er nicht abwägen müsse, "von einer Schrottkarre zu Mercedes zu wechseln", sondern eher "wie von einem McLaren zu einem Ferrari". Sein Sohn denke darüber nach, "in andere Sphären vorzustoßen".

Kandidaten Götze und Dembélé

Ob das auch mit Dortmund möglich ist, das von der Fachwelt ebenfalls zu den fünf bis zehn besten Klubs gezählt wird, bereitet Hummels junior offenbar Kopfzerbrechen. Noch mehr aber beschäftigt ihn wohl die Frage, ob er das ans Herz gewachsene BVB-Modell aufgeben und Freunde wie Bender zurücklassen soll. Wie das im Leben eben oft so ist: Nicht alle guten Dinge sind am selben Fleck zu finden.

Dortmund soll sich für den Fall der Fälle bereits mit Innenverteidiger Ömer Toprak von Bayer Leverkusen als möglichem Hummels-Nachfolger beschäftigen. Die eigenen Chancen, die Mannschaft auf dem Transfermarkt mit einer Rückkehr von Mario Götze und dem französischen Top-Talent Ousmane Dembélé, 18, von Stade Rennes erheblich zu verstärken für die kommende Champions-League-Saison, werden offenbar immer besser eingeschätzt.

Da kommt die fußballerische Midlife-Crisis von Weltmeister Hummels den Verantwortlichen massiv in die Quere. Dass ausgerechnet der langjährige Frontmann jetzt für einen ernsthaften Rückschlag sorgen könnte, ist offenbar lange nicht für möglich gehalten worden. Wie das bei langjährigen Liebesbeziehungen manchmal so ist.

© SZ vom 22.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Schwalbe von Arturo Vidal
:"Nicht das, was der FC Bayern haben will"

Arturo Vidal entscheidet erneut ein Spiel für die Bayern - doch sein Hinfaller bringt ihm deftige Kritik im eigenen Verein ein.

Von Benedikt Warmbrunn

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: