BVB in der Champions League:Einem rutscht das verbotene K-Wort heraus

Borussia Dortmund - APOEL Nikosia

Können es nicht glauben: Marc Bartra (links) und Shinji Kagawa spielen nur Unentschieden gegen Nikosia.

(Foto: dpa)

Von Felix Meininghaus, Dortmund

Marcel Schmelzer war nicht zu beneiden um den Job, der ihm von seinem Team aufgebürdet worden war. Der Außenverteidiger mühte sich, die richtigen Worte zu finden. Doch er fand sie nicht. Als hätte sich die Unpässlichkeit seiner taumelnden Mannschaft vom Rasen in die Interview-Zone verlagert. Dortmunds Kapitän rang mit sich, er sprach von einer "etwas schlechten Phase", fand die Worte "zusammenstehen" und "zusammenarbeiten", formulierte reichlich kraftlose Durchhalteparolen, die jene Ratlosigkeit dokumentieren, die alle im Dortmunder Lager ergriffen hat: "Da müssen wir jetzt gemeinsam durch. Mit der Mannschaft, dem Trainer und dem gesamten Team."

Um dann jenen verbotenen Begriff zu intonieren, den sie beim BVB am liebsten auf den Index setzen würden, aber der sich nicht mehr vermeiden lässt: "Krise..." Das Wort war dem 29-Jährigen rausgerutscht, schnell unterbrach er seinen Gedanken, um ihn mit den Worten "schlechte Situation" wieder aufzunehmen.

Die schlechteste Vorrunde seiner Geschichte

Wie auch immer man die Dinge dreht oder wendet, Borussia Dortmund ist dabei, die seit Wochen grassierende Leistungsdelle zu einer veritablen Krise zu verdichten. In der Bundesliga hat sich der komfortable Fünf-Punkte-Vorsprung auf den FC Bayern innerhalb von nur zwei Wochen zu einem Rückstand von drei Zählern gewandelt, in der Champions League spielt der BVB die schlechteste Vorrunde seiner Geschichte.

Den deutlichen Niederlagen gegen Tottenham Hotspurs und Real Madrid folgte am Mittwochabend das zweite peinliche Unentschieden gegen Apoel Nikosia. Während die beiden Spitzenteams aus England und Spanien Lichtjahre entfernt vom börsenorientierten Fußballunternehmen aus dem Revier den Gruppensieg unter sich ausmachen, kämpft die Borussia nun mit einem internationalen Fliegengewicht darum, zumindest den Trostpreis zu ergattern und in der Euro League zu überwintern.

Um die Dinge richtig einordnen zu können, ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, mit welchem Gegner sich die Dortmunder da auf gleicher Augenhöhe auseinandersetzten: Serienmeister Nikosia ist in der Heimat nach einem 1:1 gegen den Tabellenletzten Ethnikos Achnas derzeit nur Achter. Und das in einer Spielklasse, die im Vergleich zu den Verhältnissen in Deutschland allenfalls Drittliganiveau bietet. Im Sturmzentrum schoss mit Mikael Poté im Hin- und Rückspiel ein Spieler zwei Tore, der einst beim Zweitligisten Dynamo Dresden spielte, bevor er über Umwege auf der Ferieninsel landete. Das allein macht schon deutlich: Der europäische Adel, mit dem sich die Dortmunder so gerne messen würden, spielt woanders.

Gewogen und für zu leicht befunden worden

Gegen einen Kontrahenten wie Nikosia in beiden Partien keinen Sieg einzufahren, ist eine Blamage. "Gegen solch einen Gegner musst du gewinnen", sagt Trainer Peter Bosz. "Die Phase, in der sich die Mannschaft befindet, ist sehr schwer. Das Vertrauen geht runter."

Bei weiter ausbleibenden Erfolgserlebnissen wird es nicht mehr lange dauern, bis diese Einschätzung auch den Niederländer einholt. Obwohl sie sich in der Mannschaft und auch in der Führungsetage diesem Exkurs zumindest offiziell verweigern, wird seit Wochen darüber diskutiert, ob Bosz seine Mannschaft zu hoch verteidigen lässt und sie damit allzu anfällig für Konter macht. Diese Systemdebatte wurde in der Champions League ausgesetzt, weil der mit neun Akteuren verteidigende Gegner aus Zypern dafür keine Ansätze bot.

Drängende Fragen nach der Bosz-Taktik

Schon am Samstag könnten die Fragen nach der Bosz-Taktik drängender werden. Die Aufgabe, die dann auf die taumelnde Borussia wartet, könnte anspruchsvoller nicht sein: Dann kommt Rekordmeister Bayern München zum Bundesligagipfel - und der hat unter Altmeister Jupp Heynckes zu neuer Souveränität gefunden. Obwohl der Zweite den Ersten empfängt, könnte die Ausgangslage deutlicher nicht sein: Der BVB geht als klarer Außenseiter ins Spiel.

Viel ist es nicht, was den Dortmundern in ihrem jetzigen Zustand Hoffnung machen kann. Toprak sprach von einem "besonderen Spiel, da müssen wir versuchen, gemeinsam eine besondere Energie zu entwickeln". Und Bosz, der trotz einer Situation, die sich auch für ihn immer mehr zuspitzt, erstaunlich gelassen auftrat, bemühte die Erinnerung an bessere Zeiten, die nur wenige Wochen zurückliegen.

Fast beschwörend sagte der Niederländer: "Wir haben am Anfang der Saison ein sehr gutes Dortmund gesehen, wir haben sehr gute Spieler. Da ist Qualität."

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