Marco Reus beim BVB:Rückkehr der Rakete

Borussia Dortmund v Borussia Moenchengladbach - Bundesliga

Hat hinten Augen: Marco Reus (in gelb) bedient vor dem 4:1 per Hackentrick den Goalgetter Pierre-Emerick Aubameyang (rechts).

(Foto: Christof Koepsel/Getty)
  • Bei seinem Startelf-Comeback in der Bundesliga verleiht Marco Reus dem BVB jene Wucht, die den Dortmundern zuletzt gefehlt hat.
  • Das 4:1 gegen Gladbach hilft auch Trainer Tuchel.

Von Johannes Kirchmeier

Marco Reus lächelte breit, als sich die Fans im Westfalenstadion erhoben und ihn mit Applaus vom Feld entließen. In der 78. Minute marschierte der Borusse am Samstag beim 4:1 (2:1) gegen Mönchengladbach dem Einwechselspieler Christian Pulisicentgegen, und man merkte in diesen Sekunden, wie sehr sich auch ein gut bezahlter Fußballprofi über eine kleine Banalität freuen kann. Er hatte das ja lange, genauer gesagt seit April gegen den inzwischen abgestiegenen VfB Stuttgart nicht mehr erlebt: in der Bundesliga ausgewechselt werden. Das mag für einen Berufsfußballer tatsächlich eine Banalität sein.

Doch für Reus war es an diesem Samstag viel mehr.

Denn der 27-Jährige war lange verletzt. Die Europameisterschaft in Frankreich im Sommer verpasste er wegen Adduktorenproblemen, die Probleme stellten sich als Schambeinentzündung heraus, und Reus fiel Monate aus, beim Sieg gegen den FC Bayern (1:0) waren es dann plötzlich Fersenprobleme, die ein Mitwirken verhinderten. Vor anderthalb Wochen gab er dann ein furioses Zweieinhalb-Tore-Comeback beim 8:4 gegen Legia Warschau in der Champions League.

Nun krönte er seine Rückkehr in die Bundesliga-Startelf der Borussia mit einer seiner besten Leistungen als Dortmunder Spieler: Reus gab drei Torvorlagen, so viele wie noch nie in einem Spiel als Berufsfußballer. "Wir haben unter der Woche sehr gut trainiert. Aber wir brauchen Kontinuität", kommentierte Reus zurückhaltend bei Sky. Diese Kontinuität soll wohl auch bedeuten: Man braucht einen Marco Reus, der nicht mehr verletzt ist. Denn der 27-Jährige hat dem Dortmunder Angriff eine kräftige Portion Wucht zurückgegeben.

Gladbach verspielt schon wieder eine Führung

Dadurch wirkte der BVB deutlich stabiler als noch vor einer Woche, als Thomas Tuchels Team in Frankfurt 1:2 unterlag und Reus nur eine halbe Stunde mitspielen durfte. In der ersten Halbzeit ließ der Gastgeber durch sein Übergewicht in Mittelfeld und Angriff am Samstag nur einen Torschuss zu, der den Gladbachern kurioserweise die Führung bescherte: Raffael traf nach einer missglückten Kopfballabwehr von BVB-Verteidiger Marc Bartra aus 16 Metern früh (6. Minute). Ansonsten aber sah das Spiel die gesamten 90 Spielminuten sehr ähnlich aus: Dortmund spielte sich in drückender Guardiola-Dominanz den Ball zu (Tuchel gilt als großer Bewunderer des Katalenen); Mönchengladbach, das zum vierten Mal in Serie eine Führung verspielte, schaute zu oder kam nicht mit - und ist daher seit September sieglos in der Bundesliga. "Ich weiß nicht, ob der Trainer alleine dafür verantwortlich ist. Wir stecken alle in der Misere und haben alle diese Situation zu bewältigen", sagte Max Eberl, der Sportdirektor der Gladbacher Borussia. "Wir müssen uns alle hinterfragen - die Spieler, der Trainer, der Staff und ich muss mich hinterfragen." André Schubert durchlebt gerade eine seine größte Krise als Gladbacher Trainer.

Was auch an dem Dortmunder liegt, der gleich nach der frühen Führung seine Show startete: Marco Reus. Als wäre er nie verletzt gewesen, zündete er seinen Turbo und harmonierte dabei prächtig mit den nicht minder flinken Stürmerkollegen Ousmane Dembélé und Pierre-Emerick Aubameyang. Beim ersten Dortmunder Treffer stoppte Reus eine Vorlage von Dembélé für Aubameyang, sodass der den Ball nur 59 Sekunden nach dem Rückstand ins Netz schießen konnte (7.). Beim dritten Tor passte er die Kugel zu Dembélé (64.), sodass dieser nach einer schnellen Zick-Zack-Bewegung aus 14 Metern traf. Und bei Tor vier war Reus wieder das Bindeglied einer Traumkombination: Dembélé sah Reus, der durch den Strafraum schwebte und per Hacke Aubameyang einsetzte, der aus fünf Metern nur noch ins Tor schießen musste (68.). Klar, die Krönung wäre noch der eigene Treffer gewesen, obendrein per Hackentrick: Doch da war Rakete Reus etwas zu schnell gerast und stand im Abseits (50.).

So ganz nebenbei beendete Reus damit auch eine Diskussion um den Verein relativ zügig: Noch vor einer Woche kritisierte Tuchel sein Team nach der schwachen Leistung scharf (und war dafür zum Teil scharf kritisiert worden). Nun wirkte er nach einer "herausragenden Trainingswoche" den ganzen Samstagnachmittag über zufrieden, lobte sein Team auffallend ausgiebig und lächelte ebenso breit wie sein dreimaliger Vorlagengeber, der am Ende zusammenfasste: "Es ist das gute Recht vom Trainer, uns zu kritisieren. Wir wissen am besten, was wir falsch und richtig machen." Und wenn nach der Kritik das 28. Bundesliga-Heimspiel ohne Niederlage in Serie für den BVB herauskommt (Vereinsrekord), kann die Tuchel'sche Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche ja nicht so schlecht sein.

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