Bundestrainer-Suche in Deutschland:Zeitarbeiter und Unterbezahlte

Ljubomir Vranjes

Will nicht Bundestrainer werden: Ljubomir Vranjes.

(Foto: Christian Charisius/dpa)

Die Bundestrainer-Suche im Handball zeigt Probleme der Verbände auf. Denn auch im Basketball und im Eishockey läuft es beim Trainer-Casting nicht rund - der Job als Bundestrainer ist finanziell oft wenig attraktiv.

Von Joachim Mölter und Michael Neudecker

Am Dienstag hat der Trainer Ljubomir Vranjes mitgeteilt, dass er dem Deutschen Handballbund (DHB) als Bundestrainer nicht zur Verfügung steht. "Der DHB wollte mich, aber ich habe nicht ja gesagt", zitiert die dänisch-deutsche Zeitung Flensborg Avis den 40 Jahre alten Schweden.

Vranjes wollte seinen bis 2017 datierten Vertrag beim Champions-League-Sieger SG Flensburg erfüllen und das DHB-Amt eher so nebenher ausüben; das wiederum wollte der Handball-Verband nicht. "Ich bin gegen eine Doppelfunktion", sagt der für die Bundestrainer-Suche zuständige DHB-Vizepräsident Bob Hanning: "Wenn man etwas entwickeln will, braucht man einen hauptamtlichen Trainer."

Einen geeigneten Nachfolger für Martin Heuberger zu finden, dessen Vertrag nicht verlängert wurde, ist offenbar mühsam. Bevor Vranjes absagte, hatte schon Alfred Gislason von einer Doppelfunktion abgeraten. Der beim THW Kiel beschäftigte Isländer hat zwischen 2006 und 2008 den VfL Gummersbach und gleichzeitig die Nationalmannschaft seiner Heimat trainiert: "Damals musste ich jede Stunde an Handball denken, da bewegst du dich an der Grenze zum Wahnsinn."

Als Bundestrainer hat man zwar nicht den wöchentlichen Stress eines Klubtrainers, wird dafür aber in aller Regel auch weniger gut entlohnt. "Er muss finanzielle Einbußen hinnehmen", sagt Hanning, "aber ein guter Trainer kostet immer noch Geld - sonst geht er lieber in einen Verein." Oder bleibt dort, wie das Beispiel Vranjes zeigt. Andererseits sind die erfahrensten, kompetentesten und von den Spitzenspielern am ehesten akzeptierten Coaches in den Klubs zu finden.

Bis auf Markus Baur, der gerade mit den DHB-Junioren die U20- EM gewonnen hat, sind alle genannten Kandidaten für den Bundestrainer-Job bei einem Verein angestellt. Weshalb sich die Verantwortlichen beim DHB gewisse Türen offen lassen, was eine Doppelfunktion angeht: "Man kann das für eine Übergangszeit tun, aber das darf nie eine Dauerlösung sein", sagt Bob Hanning. Uwe Schwenker, der kürzlich neu gewählte Präsident der Handball-Bundesliga (HBL), sieht das im Übrigen genauso: "Eine gewisse Übergangsfrist wird man in Kauf nehmen müssen.

Der letzte mit Doppelfunktion scheiterte

Langfristig aber ist eine Doppelfunktion keine Lösung." Greg Poss hat Deutschland vor sechs Jahren verlassen, derzeit trainiert er die Florida Everblades in der US-Profiliga ECHL, aber wenn man über die Schwierigkeit der Bundestrainersuche im Eishockey reden will, kommt man nicht vorbei an Poss.

Der Amerikaner war der bislang letzte, der eine Doppelfunktion als Klub- und Bundestrainer ausübte, er war 2004 und 2005 Cheftrainer der Nürnberg Ice Tigers und der Nationalmannschaft. Man kann sagen, dass das nicht funktionierte: So schlecht wie unter Poss spielte die Auswahl selten, bei der WM in Wien stieg sie ab, auch deshalb wurde sein Vertrag beim Verband nach 13 Monaten aufgelöst; da war er inzwischen auch in Nürnberg zurückgetreten.

Es war die Erfahrung mit Poss, die den Deutschen Eishockey-Bund (DEB) 2011 veranlasste, eine Doppelfunktion von Uwe Krupp kategorisch abzulehnen. Krupp war erfolgreich als Bundestrainer, wechselte 2011 aber zu den Kölner Haien, und manche aus der Branche forderten, er solle zumindest übergangsweise eine Doppelrolle einnehmen. Als nun kürzlich ein neues Präsidium beim DEB gewählt wurde, war das unnachgiebige Nein von 2011 noch immer ein Thema, das dem alten Präsidium vorgeworfen wurde. Dass die Diskussion so lange hielt, ist auch ein Beleg dafür, wie schwer sich der DEB mit der Besetzung seines wichtigsten Traineramts tut.

Wenig qualifizierte deutsche Trainer

Die Auswahl an qualifizierten deutschen Trainern ist gering - auch weil die höchste Spielklasse, die DEL, lieber Kanadier verpflichtet; hinzu kommt, dass der DEB nicht gerade im Geld schwimmt. Aktuell ist Pat Cortina Bundestrainer, ein Italo-Kanadier. Bis vor kurzem hatte auch er eine Doppelfunktion: Er war Bundestrainer und Sportdirektor, ehe das neue Präsidium Cortina von der Sportdirektoren-Rolle entband und dafür den Nachwuchstrainer Ernst Höfner engagierte; wohl zu Cortinas Erleichterung, der nie Sportdirektor sein wollte. Gemunkelt wird, Cortina habe sich vom alten Präsidium auch deshalb dazu überreden lassen, um einigermaßen angemessen entlohnt zu werden.

Der Deutsche Basketball Bund (DBB) behilft sich schon im dritten Jahr nacheinander mit einem Zeitarbeiter als Bundestrainer. Auf Svetislav Pesic (2012) und Frank Menz (2013) folgt gerade Emir Mutapcic, der mit der Männer-Auswahl des DBB in diesem Monat die Qualifikation für die EM 2015 schaffen soll. Bei der dann vermutlich wieder ein anderer Mann das Team coachen wird.

Im Basketball ist es vergleichsweise einfach, jemanden befristet als Bundestrainer zu engagieren. Die Zeit vom Herbst bis zum Frühjahr ist dem Klubbetrieb vorbehalten, die Termine für die Nationalmannschaft sind auf den Sommer komprimiert. Während die deutsche Auswahl um die EM-Teilnahme 2015 kämpft, messen sich bessere Teams Ende des Monats in Spanien bei der Weltmeisterschaft.

Für den stets etwas klammen DBB bietet es sich also an, einen Klubtrainer auf Honorarbasis für das Coaching der Nationalmannschaft zu engagieren. Doch dem hat die Basketball-Bundesliga (BBL) vor einigen Jahren einen Riegel vorgeschoben: Um einen Interessenskonflikt zu vermeiden (vor allem mögliche Abwerbungsversuche), hat sie den Erstliga-Trainern verboten, beim DBB in leitender Funktion auszuhelfen. Der zwischen 2003 und 2008 gleichzeitig beim DBB als auch in Bamberg beschäftigte Dirk Bauermann war der Letzte, der eine Doppelfunktion ausübte; als er 2011 mit Bayern München in die Bundesliga aufstieg, musste er beim DBB aufhören.

In diesem Frühjahr hat die BBL ihre Restriktionen gelockert, auch als Reaktion auf die misslungene EM 2013 unter dem vom DBB-Juniorencoach zum Männer-Chef beförderten Frank Menz. "Wir müssen dem DBB die bestmöglichen Trainer zur Verfügung stellen, um die Nationalmannschaft weiterzubringen", erklärte BBL-Geschäftsführer Jan Pommer.

Gewisse Einschränkungen gibt es aber weiterhin, sie führen zu kuriosen Konstellationen. So darf ein Cheftrainer aus der Liga allenfalls ein Nachwuchsteam des DBB betreuen (so wie es der Trierer Henrik Rödl gerade bei der A2-Auswahl tut) oder als Assistent bei den Männern mitwirken. Der Assistenztrainer eines Bundesligavereins darf hingegen hauptverantwortlich die DBB-Männer betreuen. So wie es nun Emir Mutapcic tut, die rechte Hand von Svetislav Pesic beim deutschen Meister Bayern München.

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