Bundestrainer Löw vor dem Irland-Spiel:Wird schon gut gehen

Germany - Training & Press Conference

Nur noch einen Punkt benötigt das DFB-Team.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Von Jonas Beckenkamp, Dublin

Der Bundestrainer ist ein weit gereister Mann, er hat es aus dem Schwarzwald bis nach Rio geschafft, er war in Südafrika und hat im Wiener Ernst-Happel-Stadion hinter verschlossenen Fenstern leger eine geraucht. Joachim Löw spricht mehrere Sprachen (Hochdeutsch, Hoch-Badenserisch) und bevorzugt italienischen Espresso, er ist also in vielerlei Hinsicht ein Globetrotter.

Ob er aber am Dubliner Flughafen alle Schilder lesen konnte, ist mehr als fraglich: Wer nicht genau hinschaut, sieht dort nämlich nur gälische Wörter als Wegweiser - und mit dieser hübschen, aber kaum zu entziffernden Sprache hat wohl selbst Löw "höggschde Probleme".

Automatismen sind vorhanden

Kurz nach seiner Ankunft in Baile Átha Cliath (Dublin) wirkte der DFB-Chefcoach bemüht, sich diesen Betriebsausflug auf die grüne Insel trotz einiger Widrigkeiten nicht madig machen zu lassen. Schon beim Zusammentreffen mit seinen Spielern Anfang der Woche in Frankfurt hatte er ziemlichen Verschleiß bei seinem Personal feststellen müssen. "Ich habe gespürt, dass einige Spieler noch Regeneration brauchen", sagte er nun auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen die Iren (20.45 Uhr, Liveticker auf SZ.de). Ein Großteil seiner Stammkräfte hatte ja ausgiebig Sport getrieben am vergangenen Sonntag - die Partie Bayern gegen Dortmund fällt da besonders ins Gewicht.

Am Ankunftstag konnte er mit seinen Profis bei inseluntypischem Traumwetter deshalb "nur ein einziges Training absolvieren", so der Bundestrainer, der trotz alledem vollstes Vertrauen in die Adaptionsfähigkeiten seiner Spieler setzt. "Ich hätte es mir anders gewünscht, aber mit den beiden September-Spieltagen (gegen Polen und Schottland, d. Red.) hat die Mannschaft auch so Automatismen angenommen."

Heißt: Wird schon gut gehen; gegen Irland sollte das letzte notwendige Pünktchen zur Teilnahme an der EM in Frankreich selbst mit geschundenem Gebein drin sein. "Wir sind alle überzeugt, dass wir auch mit nur einer Trainingseinheit eine gute Leistung zeigen."

Genügend Weltmeisterbeine

Als Weltmeister-Coach befindet Löw sich in der luxuriösen Situation, dass er immer noch genügend Weltmeisterbeine zur Verfügung hat, die sich dem Gebrüll im Aviva-Stadion an diesem Abend stellen werden. Neuer, Hummels, Boateng, Schweinsteiger, Kroos, Götze, Müller - sie alle dürften ihren Platz in der ersten Elf sicher haben, auch wenn ihnen zahlreiche Sprints in den Knochen stecken. An ihre Seite werden sich einige Nicht-Weltmeister gesellen, die aber auch passabel Fußball spielen können. Stellvertretend für die Unerfahreneren im Kader bekam Kölns Linksverteidiger Jonas Hector eine Löwsche Lobrede ab.

"Auf den Außenpositionen gibt es schon Möglichkeiten", so Löw, "Jonas hat in den letzten Spielen einen großen Sprung gemacht, er hat hervorragend gespielt." Weil es zuletzt mit Erfolgen gegen Polen und Schottland wieder lief, sei "nicht damit zu rechnen, dass es viele Veränderungen gibt." Löw gönnt sich inzwischen auch solche kleinen Sturheiten: Warum groß rumprobieren, wenn die Dinge eh funktionieren. Und der Bundestrainer scheint auch kein Problem damit zu haben, wenn einer wie Mats Hummels zuhause im Verein den Ankläger gibt - wie nach dem Dortmunder 1:5 in München.

Hummels darf selbst vorsprechen

"Ich habe mir angeschaut, was er gesagt hat. Ich sehe es schon als seine Aufgabe, als Kapitän auch mal Dinge anzusprechen", ließ Löw wissen. "Es waren klare Worte, aber nicht gegen einzelne Spieler, sondern gegen die ganze Mannschaft, auch gegen sich selbst."

Hummels selbst durfte dann auch noch vorsprechen im "Ballroom A" des Teamhotels Intercontinental. Er nahm sich Zeit, seine Kritik einmal mehr zu rechtfertigen ("habe mit keinem Wort Grenzen überschritten") und plauderte anschließend noch etwas über die Iren. Der Dortmunder rechnet gegen die "leidenschaftliche Truppe" von der Insel mit vielen Parallelen zum Spiel in Schottland vor vier Wochen: "Ich erwarte eine ähnliche Begeisterung. Wir werden relativ viel den Ball haben."

Aufzupassen gelte es "auf Konter der Iren", die sie beim DFB nach dem 1:1 im Hinspiel als deutlich größere Nervensägen betrachten als die biederen Schotten. "Wir schätzen die Iren physisch stärker ein, auch im Spiel nach vorne", hatte Löw erklärt. Die größte Schwierigkeit haben sie beim DFB ja ohnehin schon gemeistert: Es ist im Schilder- und Sprachengewirr am Dubliner Flughafen keiner verloren gegangen.

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