Bundesliga:Wie Tuchel mit dem BVB verwächst

Bundesliga: Thomas Tuchel (re.) und Matthias Ginter: Beziehungsarbeit an der Linie

Thomas Tuchel (re.) und Matthias Ginter: Beziehungsarbeit an der Linie

(Foto: Martin Meissner/AP)
  • Ein einziges Mal zweifelte Thomas Tuchel an seinem Team - seitdem wächst das Vertrauen zwischen Trainer und Spielern stetig.
  • Es ist der Hauptgrund für die starke Rückrunde der Borussen.
  • Das Spiel gegen den FC Augsburg gibt es ab 17.30 Uhr hier im Liveticker, zur Tabelle und den Ergebnissen der Bundesliga kommen Sie hier.

Von Sebastian Fischer

Mit seiner Vorliebe für gnadenlose Übertreibungen hat Jürgen Klopp dann am Freitag auch noch etwas zu diesem Los gesagt, über das gerade alle sprechen. "Das werden zwei Spiele, die, glaube ich, die ganze Welt anschauen wird", sagte der Trainer des FC Liverpool über das Europa-League-Viertelfinale, für das Klopp im April ins Westfalenstadion zurückkehren wird; dorthin also, wo er sieben Jahre lang von den Fans geliebt und besungen wurde. Dortmund gegen Liverpool, für viele ist es das vorgezogene Finale des Wettbewerbs. Vor allem ist es eine Begegnung, die eine besondere Fußball-Liebesbeziehung bereichert. "Besser als Twilight", schrieb einer auf Twitter, nachdem der frühere Dortmunder Stürmer Alexander Frei das Los aus der Kugel gezogen hatte.

Das Bundesligaspiel des BVB am Sonntagabend beim FC Augsburg (17.30 Uhr) wird voraussichtlich nicht die ganze Welt anschauen. Dabei könnte die ganze Welt bei der Betrachtung der kommenden 90 Minuten wohl ganz schön viel lernen. Zum Beispiel, warum der BVB als Favorit in die Viertelfinalspiele gegen Liverpool geht. Und warum er laut Statistik in der Rückrunde nach dem FC Barcelona und Juventus Turin die beste Mannschaft Europas ist.

14 Spiele, 12 Siege, zehn mal zu Null

14 Pflichtspiele haben die Dortmunder im Jahr 2016 absolviert, sie haben zwölfmal gewonnen und zehnmal kein Gegentor kassiert. "Wir haben eine gute Ausstattung gerade. Den Klebstoff, der das zusammenhält, den liefert die Mannschaft auf eine beeindruckende Art und Weise. Ich finde es bemerkenswert, welchen Willen und welchen Hunger sie alle drei Tage zeigt", sagte Trainer Thomas Tuchel nach dem jüngsten 2:1-Sieg bei Tottenham am Donnerstag. Es ist die Konstanz, die den BVB gerade so stark macht. Und diese Konstanz wiederum ist ein Beleg für die Beziehung zwischen Tuchel und seinen Spielern. "Ein großes Vertrauen ist zwischen uns entstanden", sagt er.

Es ist am Sonntag genau vier Monate her, dass Tuchel an diesem Vertrauen zum ersten und einzigen Mal in seiner Dortmunder Zeit ein wenig zweifelte, und seine Mannschaft in der Öffentlichkeit harsch kritisierte. Der BVB hatte mit 1:3 beim Hamburger SV verloren, verdient, beinahe chancenlos. Tuchel schimpfte, sein Team sei nicht bereit gewesen, mit der nötigen Intensität zu spielen. Die Abwehr habe nicht mit der nötigen Intensität verteidigt. Der "Unterschied zwischen unserem Anspruch, unserem Verständnis als Mannschaft aufzutreten und der Realität" sei "dramatisch".

Kleine Schwächephase zum Saisonstart

Die Beziehung zwischen Trainer und Spielern, sie war eine der Hauptgründe für den Abgang von Klopp im vergangenen Sommer und für Tuchels Verpflichtung gewesen. Unter Klopp, so haben es Manager Michael Zorc und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke wiederholt angedeutet, hätte es einen grundlegenden Umbruch in der Mannschaft gebraucht, um diese Beziehung aufzufrischen. Mit Tuchel brauchte es nur dessen frische Ideen. Deshalb war es so gefährlich für den neuen BVB, was im November geschah. Die Saison drohte nun so dahin zu trudeln, die Bayern waren längst enteilt. Auch die nächsten beiden Spiele in der Europa League gingen verloren, genauso wie das letzte Rückrundenspiel gegen Köln. Doch spätestens jetzt ist klar: Was wie ein Trend aussah, war nur eine kleine Schwächephase. Ein Luftholen quasi, zur Besinnung auf die Stärken.

Die Einzelkönner stehen ausnahmsweise nicht im Vordergrund

Natürlich sind es immer dieselben Einzelkönner, die für die besonderen Szenen sorgen. Aubameyangs Tore, Mkhitaryans Pässe, die Dribblings von Reus. Doch es ist vielmehr die vor Monaten noch bemängelte Intensität, die den Unterschied zwischen der oftmals spektakulären Hinrunde und der bislang gnadenlos erfolgreichen Rückrunde ausmachen. Sechs englische Wochen in Serie haben die Dortmunder absolviert, nicht ein Spiel haben sie währenddessen auf die leichte Schulter genommen. "Wir befinden uns körperlich in Topform", sagt Tuchel. Er hat erkannt, dass es allein diese Konstanz ist, die den Abstand zu den Bayern womöglich doch noch ein wenig verringern kann. Und für konstant gute Leistungen muss im Zweifel eben das Spektakel der Stabilität weichen.

"Wir haben ein schönes Teamgefühl", sagte Verteidiger Neven Subotic den Ruhr Nachrichten. Eine "gut verteidigende Einheit", nannte BVB-Verteidiger Mats Hummels seine Mannschaft im Gespräch mit der WAZ. Beschreibungen, die so gar nicht nach der Mannschaft klingen, die die meisten Gegner, so auch Augsburgs Markus Weinzierl unter der Woche, vor allem für ihre Offensivgewalt loben. Die ist am Sonntag wohl eingeschränkt, der Einsatz von Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang ist fraglich. Nach dem Tod seines Großvaters ist er bei seiner Familie in der Heimat.

Doch auch die Zeit für Dortmunder Spektakel wird wieder kommen, spätestens am 7. April. Dann ist Jürgen Klopp zu Gast. Und Manager Zorc hat schon angekündigt: "Es wird kein romantischer Abend."

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