Bundesliga:Wer soll das bezahlen?

Hertha BSC v SV Werder Bremen - Bundesliga

Die Polizei ist bei Bundesligaspielen immer präsent.

(Foto: Matthias Kern/Getty Images)
  • Das Bremer Oberverwaltungsgerichts (OVG) entscheidet, dass die Stadt Bremen der Deutsche Fußball Liga die Kosten für Werders Hochrisiko-Spiele in Rechnung stellen darf.
  • DFL-Präsident Reinhard Rauball findet das Urteil "nicht nachvollziehbar".
  • Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wird nun abschließend über den Streit urteilen.

Von Thomas Hahn, Bremen

Hubertus Hess-Grunewald glaubt noch an ein glückliches Ende für das Fußball-Geschäft. Er ist Präsident des Bundesligisten Werder Bremen, Optimismus im Abstiegskampf ist eine Voraussetzung für sein Amt. Und nach dem jüngsten Urteil des Bremer Oberverwaltungsgerichts (OVG), wonach die Stadt Bremen der Bundesliga-Betriebsgesellschaft Deutsche Fußball Liga (DFL) die Kosten für Werders Hochrisikospiele in Rechnung stellen darf, ist das letzte Wort ja tatsächlich noch nicht gesprochen. Einen "Sieg auf voller Breite" bejubelte Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) am Mittwoch. Hess-Grunewald dagegen glaubt: "Es ist noch ein bisschen zu früh für große Siegesgesänge." Der Revision ist stattgegeben. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wird abschließend entscheiden in diesem Streit zwischen Staat und Kommerzsport um Verantwortung und Geld.

Die Laune nach dem Urteil ist trotzdem durchwachsen gewesen in den Zentralen des kommerziellen Fußballs. Richterin und OVG-Präsidentin Ilsemarie Meyer war unmissverständlich in ihrer einstündigen Urteilsbegründung. Sie widersprach dem Urteil des Verwaltungsgerichts, in dem die DFL noch Recht bekommen hatte. Die Gebühr sei zulässig. Als Veranstalterin ziehe die DFL "einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Veranstaltung, an deren störungsfreien Durchführung sie ein besonderes Interesse hat".

So nachhaltig fand Mäurer diese Rechtsauffassung, dass er verkündete: "Wir rechnen damit, dass jetzt allen gegenteiligen Bekundungen zum Trotz auch andere Länder nachziehen werden." Und tatsächlich mussten die Fußballer feststellen, dass auch Roger Lewentz, Innenminister von Rheinland-Pfalz, "den richtigen Tenor" des Urteils lobte: "Die zunehmende Wirtschaftskraft der Profivereine und der DFL gibt es durchaus her, dass Klubs und DFL an den Kosten für Hochrisikospiele beteiligt werden."

Auslöser des Verfahrens ist eine Rechnung, welche die Stadt Bremen der DFL für den Polizeieinsatz bei der Partie Werder Bremen - Hamburger SV im April 2015 gestellt hat. Zunächst belief diese sich auf 425 718 Euro, mittlerweile hat Bremen sie auf 415 000 Euro gekürzt, weil nicht nur Bremer Polizisten an dem Einsatz mit 969 Kräften beteiligt waren. Aber die genaue Summe ist weniger wichtig als der Umstand, dass es bei dem Fall um eine Grundsatzfrage geht. Muss der Staat für jedes Sicherheitsrisiko aufkommen, das kommerzielle Veranstaltungen mit sich bringen?

Bremen hat jedenfalls schon drei weitere Rechnungen gestellt für sogenannte Rotspiele. Für Spiele also, bei denen die Polizei besondere Sicherheitsbedenken hat. Wert: etwa 750 000 Euro. Ein fünfter Bescheid über 412 000 Euro befindet sich im Anhörungsverfahren, ein sechster ist in Arbeit. Auch das nächste Nordderby am Samstag ist ein Rotspiel. Es geht also um keine kleinen Summen, die der eher klamme Bundesligist Werder Bremen sicher mehr fürchtet als die reiche DFL, die die Rechnung an den Klub weiterleiten könnte.

Im Kampf gegen die staatlichen Ansprüche sind DFL und Verein aber noch vereint.

DFL findet Urteil nicht "nachvollziehbar"

DFL-Präsident Reinhard Rauball nannte das OVG-Urteil "bei allem Respekt unzutreffend": Es sei "nicht nachvollziehbar, dass der Fußball für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, die eine Kernaufgabe des Staates ist, verantwortlich sein soll." Und Werder Bremen weist darauf hin, dass nicht jede Gewalt, an der Stadionbesucher beteiligt sind, dem Fußball zuzurechnen sei. In der Rechnung vom April 2015 tauche zum Beispiel eine Schlägerei zwischen rechten und linken Gruppen auf, die nach dem Spiel stattfand, bei der Fans mitprügelten, die aber mit Fußball-Krawall nichts zu tun gehabt habe.

Bremens Innenbehörde erwidert: Solche Schlägereien fänden "immer anlässlich von bestimmten Begegnungen in der Bundesliga" statt. Und Mäurer verweist auf das Bremer Gebühren- und Beitragsgesetz, wonach "bei einer gewinnorientierten Veranstaltung, an der voraussichtlich mehr als 5000 Personen teilnehmen werden, eine Gebühr vom Veranstalter erhoben" werden könne. Bei Fußballspielen falle diese Gebühr an, wenn mehr als 600 Polizisten für die Sicherheit gebraucht würden - wie eben bei besagten Rotspielen. "Die entscheidende Voraussetzung ist der zusätzliche Einsatz von Polizeikräften im Umfeld des Veranstaltungsortes, wenn erfahrungsgemäß Gewalthandlungen zu erwarten sind", sagt Mäurer. Das OVG hat diese Auffassung bestätigt. Mäurer freut sich. "Das ist ein wichtiger Etappensieg, nicht nur für Bremen, sondern für alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler."

"Das wird sich zeigen", sagt Werder-Präsident Hess-Grunewald und erinnert an die Bedeutung seines Vereins für die Hansestadt Bremen als Attraktion und Wirtschaftsfaktor. Die Politik bringe den Bundesliga-Standort in Gefahr. "Für den Steuerzahler Werder", sagt Hubertus Hess-Grunewald, "ist es kein guter Tag."

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