Bundesliga-Vorschau: 23. Spieltag:Wortlose Dampfwalzen

Nürnberg pflastert Bayerns Weg zur Spitze, Leverkusen verliert seinen wichtigsten Mann, in Freiburg ist Luftdruck ungleich Tabellenplatzdruck. Die Bundesliga-Vorschau

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Bobadilla, getty

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1899 Hoffenheim - Borussia Mönchengladbach (Freitag, 20.30 Uhr)

Es wird eng in Mönchengladbach, zumindest im Sturm. Die Mannschaft, die in der Hinrunde oftmals ansehnlich kombinierte, aber keinen Spieler hatte, der den Ball versenkte, freut sich mittlerweile über ein Luxusproblem im Sturm: Raul Bobadilla (im Bild) und Robert Colautti gehörte zuletzt das Vertrauen des Trainers Michael Fontzeck, doch Karim Matmour und Rob Friend drängen nach. Das Ergebnis dieses offensiven Überangebots: Von den vergangenen zehn Spielen hat Mönchengladbach fünf gewonnen.

Nur einen Sieg verbuchte dagegen Hoffenheim in zehn Partien - und die größte Baustelle der Mannschaft ist derzeit der Sturm. Vedad Ibisevic traf zwar nach mehr als 700 Minuten ohne Tor beim 1:2 in Bochum wieder, die gefährliche Offensivreihe der Vorsaison ist allerdings nur noch ein Schatten ihrer selbst. "Wenn du so oft auf die Mütze bekommst, dann fällt das Lachen und Scherzen schwerer", sagt Ibisevic. Vielleicht ist Gladbach aber der richtige Gegner zum richtigen Zeitpunkt: In einem Punktspiel hat Hoffenheim noch nie gegen die Borussia verloren - weder in der ersten, noch in der zweiten Liga.

Foto: Getty Texte: Fabian Heckenberger, Jonas Beckenkamp, Rebecca Schäfer

Klopp, dpa

Quelle: SZ

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Borussia Dortmund - Hannover 96 (Samstag, 15.30 Uhr)

Borussia Dortmund spielt gegen Hannover 96, Borussia Dortmund spielt gegen Hannover 96 - das wirkt jetzt unnötig doppelt erzählt, aber man kann das nicht oft genug sagen. In Dortmund beschäftigen sie sich derzeit nämlich mit vielem, nur nicht mit Hannover 96. Im Zentrum des Interesses steht auch nicht Roman Weidenfeller, der wieder ins Tor zurückkehrt, sondern das Derby am 24. Spieltag gegen Schalke. Dass am 23. Hannover zu Gast ist? Interessiert wenig. Verursacht hat diese Aufmerksamkeitsverschiebung vor allem Kevin Großkreutz, der in einem Fragebogen angegeben hatte: "Wenn mein Sohn Schalke-Fan wird, kommt er ins Heim." Gelsenkirchen brodelte; in der BVB-Kabine wurde laut gelacht, berichtete Trainer Jürgen Klopp, der mittlerweile aber genug von dem ganzen Derby-Wirbel und Großkreutz einen Maulkorb verpasst hat. Jetzt ist Ruhe in Dortmund vor dem Spiel gegen? Richtig: Hannover.

Auch in Hannover wären sie froh, wenn sich so mancher etwas mehr zurückhalten würde: Der Klub bezahlt mittlerweile einen Psycholgen, um die Abwärtsspirale aus den Köpfen der Spieler zu bekommen. Das Geld hätte sich der Verein sparen können, Tennisprofi Nicolas Kiefer analysiert die Psyche der Spieler im Boulevard umsonst, lautstark und hautnah: "Ich war da. Nach dem Spiel liefen die Bremer aus, sogar ein Schiri. Von den Roten habe ich keinen gesehen", diagnostizierte Dr. Kiefer aus Hannover und schlussfolgert: Den Spielern gehe es viel zu gut. Von denen habe doch keiner Druck.

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Soldo, AP

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1. FC Köln - VfB Stuttgart (Samstag, 15.30 Uhr)

Markus Babbel hat dem Kicker verraten, dass er am Samstag vor dem Fernseher sitzen wird. Der frühere Coach des VfB Stuttgart absolviert zwar seinen Trainerlehrgang in Köln, es wäre also nur ein Katzensprung rüber ins Stadion, doch diese Woche war für den Trainerschüler karnevalsfrei. Das Gegenteil galt für seine früheren Spieler: Beim VfB war alles andere als lustiges Training angesagt. Christian Gross ist deutlich kantiger als sein Vorgänger Babbel, und ihm hat das 1:3 gegen den HSV, die erste Niederlage seit seinem Amtsantritt, überhaupt nicht geschmeckt. "Drei Tore sind zu viel. Wir haben dementsprechend gearbeitet", sagt Gross. Gerüchte, dass der Ausfall von Sami Khedira (Reizung im Oberschenkel) mit den Trainingsmethoden in Zusammenhang steht, werden in Stuttgart heftig dementiert.

Der 1. FC Köln hat zuletzt am 29. Oktober 2000 zu Hause gegen den VfB gewonnen (3:2), und auf einem Stuttgarter Trikot stand damals der Name Soldo. Der heutige Trainer des 1. FC Köln hat 301 Bundesligapartien für den VfB absolviert (Bild). Das ist zwar ein bisschen her, doch auch neue Informationen dürfte Soldo ohne Probleme mit einem Telefonanruf bekommen haben. Er ist bestens mit Markus Babbel befreundet.

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Hamburger SV - Eintracht Frankfurt (Samstag 15.30 Uhr)

Tief drinnen in seiner Trainerseele dürfte Eintracht-Coach Michael Skibbe sich nach genau der Sorte Spieler sehnen, wie sie der HSV gerade verpflichten konnte: Ruud van Nistelrooy ist die neueste Attraktion der Bundesliga und wer Skibbe kennt, wird sich an seine lauten Apelle an die eigene Vereinsführung nach Verstärkungen für das Frankfurter Team erinnern. Doch von Kalibern wie dem holländischen Profiknipser sind die Hessen nach wie vor weit entfernt - und das trotz Platz sieben in der Liga.

Beim HSV steht neben der Frage, ob van Nistelrooy sein Startelf-Debüt feiern wird, die Freude über Ze Robertos Rückkehr im Mittelpunkt. Erstmals seit dem 8. November 2009 wird der Brasilianer wieder zum Bundesliga-Kader der Hanseaten gehören. Und Skibbe? Na ja, einen Neuen hat er ja dann doch bekommen: Halil Altintop, der in den vergangenen 40 Spielen immerhin fünf Tore erzielte - als Stürmer.

Foto: AP

VfL Bochum, dpa

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FSV Mainz 05 - VfL Bochum, (Samstag, 15.30 Uhr)

Lang, lang ist's her: Der 3:2 Auswärtssieg der Mainzer beim VfL Bochum in der Hinrunde bedeute das Aus von Marcel Koller als VfL-Coach. 154 Tage später reist Bochum mit neuem Trainer und neuem Selbstbewusstsein nach Rheinhessen: 2010 noch ungeschlagen und mit respektablen Ergebnissen, auch gegen die Top-Teams (Unentschieden gegen Schalke und Leverkusen). VfL-Sportvorstand Thomas Ernst sieht sogar eine "Tendenz Richtung Tabellenmittelfeld".

Da steht Mainz schon länger, auch wenn die Ergebnisse der jüngeren Vergangenheit einer Achterbahnfahrt gleichen: Unentschieden, Sieg, Niederlage, Sieg, Niederlage. Waren Punkte gegen Leverkusen, Bayern und Schalke sicher nicht fest eingeplant, sind es die gegen Konkurrenten gleicher Kragenweite sehr wohl, womit wir wieder bei Bochum wären. Beim Revierklub dürften zwei Faktoren die momentane Euphorie bremsen: Mit dem zuletzt überzeugenden Milos Maric (Leistenbeschwerden) und Mimoun Azaouagh (Virus-Infektion) fallen offensiv zwei Kreativposten aus und in Mainz kündigt gleichzeitig Andreas Ivanschitz nach überstandener Grippe sein Comeback an. Und nun dürfen Sie raten, gegen wen der vor 154 Tagen eines seiner sechs Saisontore erzielte?

Bayern, ddp

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1. FC Nürnberg - Bayern München (Samstag, 15.30 Uhr)

Michael Oenning, damaliger Trainer des 1. FC Nürnberg, sagte vor dem Hinrundenspiel gegen den FC Bayern: "Eines ist klar: Wir können die Bayern nicht vorführen." Dieter Hecking, heutiger Trainer des 1. FC Nürnberg, sagt vor dem Rückrundenspiel gegen den FC Bayern: "Wir werden die Bayern nicht in Grund und Boden spielen, das kann ich versprechen." So ähnlich die Zitate, die Kluft zwischen den beiden bayerischen Vereinen hat sich sogar vergrößert - während München an der Tabellenspitze schnuppert, steckt der Club mitten im Abstiegskampf. Immerhin: Nürnbergs Stürmer Albert Bunjaki, beim 1:2 im Hinspiel noch 83 Minuten lang auf der Bank, ist aufgeblüht und hat mittlerweile elf Tore auf dem Konto.

Uli Hoeneß, damaliger Manager des FC Bayern, sagte nach dem Hinspiel gegen Nürnberg: "Wir können nicht jeden Gegner, der hinten drin steht, überrollen." Christian Nerlinger, heutiger Manager des FC Bayern, sagt vor dem Rückspiel: gar nichts. Es gibt keinen Grund, seine Bayern überrollen in der Liga derzeit auch Gegner, die hinten drin stehen - und das sogar ohne Franck Ribery, der wieder einmal kurzfristig ausfällt (Fußverletzung). "Das ist eine Vorsichtsmaßnahme. Es ist besser, wenn er nicht spielt. Gegen den Hamburger SV wird er aber wieder spielen können", sagte Trainer Louis van Gaal am Freitag.

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Dutt, ddp

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SC Freiburg - Hertha BSC (Sonntag, 15.30 Uhr)

Der Luftdruck in Freiburg bewegt sich konstant bei etwa 1000 Hektopascal, Robin Dutt spürt das in seinem Alltag als Fußballtrainer wohl genauso wenig wie jeder andere Mensch. Auch von "Arbeitsplatzdruck", einem unter Bundesliga-Trainern eigentlich bekannten Phänomen, merkt Dutt in Freiburg nichts. So hat er es zumindest in einem Interview gesagt - trotz eines Tiefs seiner Mannschaft von nur einem ergatterten Punkt in der bisherigen Rückrunde. So weit, so angenehm für Robin Dutt, wäre da nicht noch etwas: "Ich spüre Tabellenplatzdruck", sagt Dutt. Der ist auf Platz 15 schon ziemlich hoch und nimmt zu, je tiefer man hinabsteigt. Das Dumme am Tabellenplatzdruck ist, dass er sich über kurz oder lang auch auf den Arbeitsplatzdruck auswirkt - selbst im ansonsten so ausgeglichenen Freiburg.

In Berlin ist es mit dem Tabellenplatzdruck in dieser Saison so, wie mit dem Luftdruck: man spürt ihn kaum mehr, weil er immer da ist. Neu ist, dass der als Retter verpflichtete Trainer Friedhelm Funkel, der für die Rückrunde eine einzigartige Aufholjagd mit 28 Punkten aus 17 Spielen angekündigt hatte, so langsam erhöhten Arbeitsplatzdruck spürt. Manager Michael Preetz umschreibt das auf der Temperaturskala so: "Wenn wir gegen Freiburg verlieren, stehen uns heiße Tage ins Haus."

Foto: ddp

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Werder Bremen - Bayer Leverkusen (Sonntag 15.30 Uhr)

Ginge es nach dem berühmten Gesetz der Serie, müsste der bisher ungeschlagene Tabellenführer Bayer Leverkusen in Bremen zum ersten Mal verlieren. Der Grund: Bayers Abwehr-Ruhepol Sami Hyypiä fehlt erstmals in einer Bundesliga-Partie wegen Gelbsperre. Mit dem Finnen in der Verteidigung war der Heynckes-Truppe bisher kaum beizukommen, in allen 22 Saisonspielen stand der Routinier von Beginn an auf dem Platz - und nach Barcelonas Pleite am vergangenen Spieltag gegen Atletico Madrid ist Leverkusen in Europas Topligen das einzige ungeschlagene Team.

Den Bremern wird die Leverkusener Serie herzlich egal sein, denn nach dem Durchhänger zu Beginn der Rückrunde hat sich Thomas Schaafs Team wieder gefangen und peilt die Europa-League-Plätze an. Dass es wegen Hyypiäs Ausfall nicht zum großen finnischen Freundschaftstreffen mit Bremens Petri Pasanen kommt, wird Werder ebenfalls verkraften können.

Foto: Reuters

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VfL Wolfsburg - FC Schalke 04 (Sonntag, 17.30 Uhr)

Was waren das noch für Zeiten als Felix Magath Wolfsburg zum Meister machte und dafür von Grafite eine Weizenwaschung erhielt. Wenn der Meister am Sonntag gegen Schalke antritt, scheinen solche Szenarien weit entfernt: Magath ist längst nicht mehr der Chef beim Werksverein - nein, er kommt als überaus erfolgreicher Coach des FC Schalke erstmals wieder zum VfL. Und Grafite ist (zumindest in der Bundesliga) von seiner Form aus dem Meisterjahr so weit entfernt wie die VW-Zentrale vom Zuckerhut. Deswegen hat der neue VfL-Manager Dieter Hoeneß jetzt in der Offensive nachgebessert: Aus der Schweiz kommt das 18-jährige Sturmtalent Nassim Ben Khalifa. Interesse besteht angeblich an "Club"-Verteidiger Diekmeier (20 Jahre) und Augsburgs Traore (21) - der Umbruch soll also eingeleitet werden. Als ob sie sich in Wolfsburg die Magath-Methode "Gib der Jugend eine Chance" vom FC Schalke abgeschaut hätten.

Foto: ddp

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