Bundesliga:Tuchel lächelt die Mängel weg

Borussia Dortmund v FC Ingolstadt 04 - Bundesliga

"Es ist offensichtlich, dass wir nicht unser bestes Spiel gemacht haben": Über den Sieg gegen den FC Ingolstadt freut sich BVB-Coach Thomas Tuchel (2.v.l.) dennoch.

(Foto: Lars Baron/Getty Images)

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Thomas Tuchel musste unablässig grinsen, als habe er eine Fastenkur in einem tibetanischen Kloster hinter sich. Dabei hatte er etwas ganz anderes hinter sich an diesem Freitagabend um halb elf - nämlich eines der schlechtesten Heimspiele seiner Mannschaft in dieser Saison. Doch das war dem Trainer von Borussia Dortmund egal, sein Team hatte gewonnen, 1:0 gegen den abstiegsbedrohten FC Ingolstadt. Der Sieg war unansehnlich und unverdient. "Ein dreckiger Sieg", sagte Torwart Roman Bürki.

Doch, wie gesagt, das störte Tuchel nicht. Diesmal nicht. Der Sieg markierte das Ende einer erfolgreichen Sequenz mit fünf Spielen in 14 Tagen. Dortmund ist ins Halbfinale des DFB-Pokals eingezogen und ins Viertelfinale der Champions League. In der Bundesliga hat man den dritten Platz verteidigt. Jetzt sind 14 Tage Pause.

Dann geht der April los und mit ihm die aufregendste Phase der ganzen Saison: neun Spiele binnen 29 Tagen, nie mehr als vier Tage Ruhe dazwischen, Ligaspiele unter anderem gegen Schalke, den FC Bayern und Mönchengladbach, Pokal-Halbfinale gegen die Bayern, Champions League gegen AS Monaco. Der April wird der reinste Frühjahrssturm. Und die Ruhe davor wird Tuchel jetzt genießen.

"Für genau dieses Gefühl bin ich hier Trainer geworden"

Davon konnte ihn am Freitagabend auch das schlechte Spiel gegen Ingolstadt nicht abbringen. "Es ist offensichtlich, dass wir nicht unser bestes Spiel gemacht haben", sagte er. "Uns hat die mentale Frische gefehlt; die Handlungsschnelligkeit, Passicherheit und Passgenauigkeit, um dominanter zu spielen, um das Spiel überhaupt erst mal in die gegnerische Hälfte zu bekommen und dort Lösungen zu finden - damit haben wir uns wahnsinnig schwer getan, und dann sah unser Spiel eben so aus, wie es aussah."

Tuchel sparte kein Detail aus, er redete nichts schön, er führte die Mängelliste umfassend auf - aber er hat dazu die ganze Zeit gelächelt. Dass seine hochveranlagte Mannschaft sich gegen Ingolstadt vor 81.000 Zuschauern spielerisch blamiert hat, dass den Ingolstädtern ein klarer Fouelfmeter verwehrt wurde und dass der 1:0-Sieg des BVB nicht schmeichelhaft, sondern schlichtweg unverdient war, brachte ihn am späten Freitagabend nicht mehr in Rage.

Über die vielen Versäumnisse seiner Mannschaft urteilte er mit der Güte eines Dalai Lama: "Das ist alles nicht schlimm, wenn du am Ende gewinnst, sogar zu Null gewinnst - schon am Samstag fühlt sich dieser Sieg großartig an, und für genau dieses Gefühl bin ich hier Trainer geworden, weil es eine Mannschaft ist, die dann trotzdem gewinnt, das ist manchmal einfach herrlich."

Eine einzige gute Aktion reicht dem BVB

Sehr oft wollen Trainer der Öffentlichkeit nach einem Spiel erklären, dass man so ein Spiel nicht nur nach dem Ergebnis bewerten darf, dass man es vielmehr sogar gar nicht nach dem Ergebnis bewerten sollte, sondern danach, wie gut die Spieler ihre Aufgaben erfüllt und den Matchplan umgesetzt haben. Diesmal war es Tuchel, der das alles ausblendete. "Dass wir das Ergebnis haben, ist großartig und fühlt sich super an am Ende von so intensiven Wochen."

Hinzu kam, dass die Dortmunder seit nunmehr fast zwei Jahren kein Bundesliga-Heimspiel mehr verloren haben. Tuchel zog am Freitagabend also eine rundum begeisterte Zwischenbilanz. Das machte ihn trotz eines schlechten Spiels so euphorisch und könnte auch darauf hindeuten, dass er sich in den vergangenen Wochen nicht immer sicher gewesen war, ob man wirklich alle Zwischenziele erreicht.

Gegen Ingolstadt genügte ein einziges Tor nach einer einzigen guten Aktion: Marcel Schmelzer spurtete mit dem Ball über die linke Seite, flankte scharf in die Mitte und fand Pierre-Emerick Aubameyang, der mit seinem 23. Saisontor zum 1:0-Enstand abschloss (14.). Aubameyang hat jetzt genauso viele Tore geschossen wie die Ingolstädter Mannschaft.

Mehr hatte Dortmund danach nicht mehr zu bieten. Ingolstadt dominierte, schaffte sich Chancen - und vergab sie alle. Bürki brachte in der 52. Minute Dario Leszano irregulär zu Boden, doch der Elfmeterpfiff blieb aus. Bürki räumte seine Schuld später ein - und sagte über das Spiel: "Ingolstadt hatte ein super Rezept - aber wir hatten Auba." Jetzt beginnt bald der April. Dann wird es ernst für Dortmund. Dann wird der BVB mehr brauchen als einen Auba.

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