Bundesliga-Sprüche:Polyvalente Malta-Füße

Zufall oder Mathematik: Die Vorrunde der Fußball-Bundesliga hat einige Begriffe und Sätze geprägt, die man nicht mehr vergessen sollte.

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Uli Hoeneß und die Fan-Debatte

"Was glaubt ihr, wer ihr seid?"

Niemand im deutschen Fußball regt sich so wunderbar auf wie Uli Hoeneß. Er fuchtelt mit den Armen in der Luft, seine Stimme überschlägt sich beinahe, und sein Kopf wird hochrot. Diesmal hat er ganz schön Glück gehabt. Seine Attacke gegen die Fans, die mangelnde Stimmung im Stadion angemahnt hatten, gab einen Blick auf den kalten Kern des Profifußballs. Aber zu Hoeneß' Glück hat das niemand so richtig bemerkt.

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Völler gegen Bierhoff

"Mit Füßen aus Malta"

Im November wendete sich ein österreichisches Glücksspielunternehmen mit dem Angebot eines Free Roll Turniers an die Fans von Bayer 04 Leverkusen. Als Gewinn wurde eine Reise ins Wintertrainingslager des rheinischen Bundesligisten ausgelobt. "Verbringen Sie Zeit mit den Nationalspielern Bernd Schneider und Simon Rolfes und dem neuen Star Tranquillo Barnetta aus der Schweiz", lockte die Firma sehr überzeugend, musste ihr Angebot aber wieder zurückziehen: Bayer gab die Reiseplanungen aus aktuellen, mutmaßlich politischen Gründen auf.

Tatsächlich wäre es merkwürdig erschienen, wenn die Werksfußballer wie vorgesehen auf der Mittelmeerinsel Malta die Rückrunde vorbereitet hätten. Malta mag zwar, wie vom dortigen Tourismusamt versprochen, auf eine "goldene neolithische Periode" und auf das Erbe von Phöniziern, Griechen, Karthagern und Römern zurückblicken. Doch unter Fußballern ist Malta in Verruf geraten, seit herauskam, dass der DFB-Manager Oliver Bierhoff jahrelang unerkannt und hemmungslos mit Füßen aus Malta Tore geschossen hatte, darunter auch ein neolithisch goldenes.

Die Entdeckung warf in der Debatte über die Spielkultur der Bundesliga neue Perspektiven auf und diskreditierte Bierhoff als Ratgeber. Enthüllt wurde der anatomische Skandal von Rudi Völler - Leverkusens Sportchef. Bayer fliegt nun im Januar nach Belek an der türkischen Riviera. Gegen türkische Füße liegt bisher nichts vor.

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Huub Stevens vor dem Abschied

"Von daheraus"

Zugegeben, er sagt es nicht mehr so oft. Aber manchmal eben doch. Dann leitet HSV-Trainer Huub Stevens seine Sätze im holländischen Singsang ein, mit der betörenden Formel: "Von daheraus". Er schaut dabei meist grimmig, das Haar stets streng an den Kopf geklebt, der Blick fest. Am Ende der Saison geht Stevens zurück nach Holland, und mit ihm geht seine so schöne Formulierung. Der HSV hat sich überlegt, erneut einen holländischen Trainer zu suchen. Der Klub übersieht dabei allerdings, dass es keinen Trainer gibt, der weniger holländisch spielten lässt als Stevens. Von daheraus wird allen Hamburgern das Herz jetzt schon schwer beim Gedanken an den Abschied des Trainers.

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Rummenigge gegen die Rotation

"Fußball ist keine Mathematik"

Er hätte ja nichts sagen müssen. Er hätte einfach an den wartenden Journalisten vorbeigehen können. Aber Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern, genannt: Killer-Kalle, ging nach dem 2:2 gegen Bolton im Uefa-Cup nicht vorbei. Er blieb stehen und leitete mit wenigen Sätzen die Demontage des Trainers Hitzfeld ein. Dem Mathematiklehrer zu sagen, Fußball sei keine Mathematik - herrlich, wie gemein das ist.

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Die Überlastungsdebatte

"Krawattenträger"

Der Sänger Roger Cicero wurde vor einigen Tagen vom Deutschen Krawatteninstitut in Krefeld als Krawattenmann des Jahres ausgezeichnet. Er trat damit in die Nachfolge anderer großer Deutscher wie Johannes Kerner und Guido Westerwelle ein. Wegen hervorragender Verdienste um den Halsbinder erhielt vor Jahren auch Borussia Mönchengladbach die Aufnahme in die Preisträgerliste, stellvertretend für viele Profiklubs, die ihre Fußballer in Anzug, Kragen und Schlips auf Reisen schicken. Jetzt aber ist das Verhältnis zwischen Fußball und Krawattenbranche erheblich gestört. Schuld haben die Keeper Kahn und Rost, die für die misslungene Spielplangestaltung der DFL - Stichwort: das 43-Stunden-Spiel - sog. "Krawattenträger" verantwortlich machten und der Krawatte damit ein negatives Image gaben. Bei der DFL wird nun erwogen, selbst bei offiziellen Anlässen von der Krawattenpflicht Abstand zu nehmen.

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Droht die ostfreie Bundesliga?

"Wir werden der beste Ausbildungsverein"

Es ist ein Versäumnis der alten Dichter ebenso wie der Gegenwartsliteratur, dass das Wort ,,Ausbildungsverein'' noch in keinem großen Roman oder Schauspiel vorkommt. Obwohl es einen unvergleichlichen Rhythmus in sich trägt, das spürt man, wenn man sich das Wort zur Melodie von Yellow Submarine vorstellt: "Ihr seid bloß ein Ausbildungsverein, Ausbildungsverein, Ausbildungsverein.'' Wunderbar! Und tragisch!

Der Trainer Pagelsdorf hat bisher keine Bücher geschrieben, bloß Fußballgeschichte, indem er Hansa zum zweiten Mal nach 1995 in die Bundesliga führte. Doch dort steht der Klub auf einem Abstiegsplatz und tut sich auf der großen Bühne ähnlich schwer wie Cottbus. "Wir wollen der beste Ausbildungsverein Deutschlands werden'', hat Pagelsdorf vor der Saison angekündigt. Das ist ehrenwert. Manchmal wünschen sie sich in Rostock und Cottbus aber, sie wären einfach normale Vereine. Es droht wieder die ostfreie Bundesliga. Und darüber dürfte dann einiges geschrieben werden.

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Turbulenzen im Tor

"Vielleicht hilft's ihm ja..."

Nein, nein, der Blazek sei kein Schlechter, haben sie im Herbst in Nürnberg gesagt, aber er habe halt nicht so viel Ausstrahlung wie sein Vorgänger Schäfer. Der Schäfer sei auch kein Schlechter, haben sie in Stuttgart gesagt, aber er habe halt nicht so viel Ausstrahlung wie sein Vorgänger Hildebrand. Der Hildebrand sei ganz okay, haben sie in Deutschland nach dem 0:3 gegen Tschechien gesagt, aber er habe halt nicht so viel Ausstrahlung wie der Lehmann.

Der Lehmann aber strahlte etwas aus, was Trainer Wenger nicht gefiel, und so landete er bei Arsenal ebenso auf der Bank wie Hildebrand in Valencia. Es war ein finsteres Halbjahr für die heiligen deutschen Torhüter, so finster, dass es am Ende gar den allerheiligsten erwischte, Oliver Kahn.

Aber vielleicht waren die Suspendierungen auch nur Teil eines großen Plans. "Vielleicht hilft's ihm ja'', raunte Wolfsburgs Felix Magath geheimnisvoll, als er Simon Jentzsch aus dem Tor nahm. Vielleicht weiß Magath längst, dass Jentzsch Lehmanns Nachfolger bei Arsenal wird (er passt viel besser nach England, er sieht aus wie David Seaman und hielt zuletzt auch so).

Vielleicht geht Hildebrand dafür nach Wolfsburg, weil er dort drei entscheidende Leute kennt (den Trainer Magath, den Manager Magath und den Geschäftsführer Magath). Lehmann kommt dann bei Bayern unter, weil er immer schon mal Olli Kahn beerben wollte, und Kahn geht dafür ins deutsche Nationaltor. Zwar hätte dann Valencia keinen Deutschen abgekriegt, aber sie müssen nur warten. In der Rückrunde werden bestimmt Enke, Adler und Neuer suspendiert, wg. fehlender Ausstrahlung.

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Der Trend aus der Hauptstadt

"Polyvalente Spieler"

Als Lucien Favre im Sommer nach Berlin kam, hatte Hertha BSC nur noch wenige Fußballer unter Vertrag, und darunter viele, die ihm nicht gefielen. Deshalb führte sich Favre in der Hauptstadt gleich mit seinem Lieblingswort ein: Er forderte "polyvalente", also vielseitig begabte und überall einsetzbare Spieler. Früher, als Schweizer Nationalspieler, konnte Favre fast alles am Ball, er kennt also die Vorzüge der sog. Polyvalenz. Als Trainer bekam er nun Spieler, die alles ein bisschen können, aber nichts richtig. Jetzt kennt Favre auch die Nachteile. Und bei Hertha fragt man sich, ob man im Winter nicht einen Superverteidiger, einen Klassemittelfeldmann und einen Hammerstürmer verpflichten sollte.

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Dortmunds enttäuschte Erwartung

"Das kotzt mich alles an"

Sie haben mal wieder viel Geld investiert in Dortmund, und nicht wenige sahen in dem renovierten Kader einen Geheimfavoriten. Vor der Saison. Dann begann die Saison, und bald zog der Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke ein erstes Fazit. Besser gesagt: Er spuckte sein Fazit aus wie einen Kaugummi, der seinen Geschmack zu schnell verloren hat: "Das kotzt mich alles an.'' Kurz, knapp, treffend. Zuletzt hat die Mannschaft wieder ein bisschen gewonnen, und Watzke schwieg. Aber man sieht: Er traut dem Frieden nicht. Und er weiß allzu gut, warum.

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Ein Angreifer neuen Typs

"Wandstürmer"

Zwischen Wadlbeißer und Wattenscheid 09 müsste im deutschen Fußball-Lexikon der Wandstürmer auftauchen. Tut er aber nicht, weil ihn Ottmar Hitzfeld erst anno 2007 erfunden hat, inspiriert wohl von dem sagenumrankten Schweizer Strategieprofessor Urs S., 60 (Name von der Redaktion nicht geändert).

So wie besagter S. seine Ideen zur Weiterentwicklung des Spiels auf nachrückende Trainer wie Hitzfeld und Joachim Löw ablegt, so lassen Wandstürmer steile Zuspiele auf nachrückende Mitspieler prallen. Ein Wandstürmer kann vorne jeden Ball verarbeiten, mit Fuß und Kopf, und er bleibt im Zweikampf mannhaft stehen, wo andere wie Mimosen fallen.

Zur Spezies gehören Klose, Toni, Kuranyi, Gomez, Hanke und viele mehr. Herrlich ins Bild passt, dass die Mutter aller Schrankwände, Jan Koller (2,04 m), in der Winterpause nach Nürnberg wechseln soll. Zu Hans Meyer, dem glühendsten aller Wandstürmerverfechter.

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Ernst Middendorp, entlassen

"Wir wollen Bayern-Jäger bleiben"

Dieser Blick, so wunderbar irr. Er sagt: Ihr könnt mich alle. Ich bin besser als ihr. Nicht mal José Mourinho schaut die Welt so herausfordernd an wie Ernst Middendorp. Ein Fan, so geht die Geschichte, hat Middendorp mal mit den Worten gelobt, er sei der beste Trainer der Welt nach José Mourinho, und Middendorp hat erwidert: "Wieso Mourinho?"

Ja, warum eigentlich Mourinho? Mit Chelsea kann jeder Titel holen, aber Bielefeld binnen weniger Monate vor dem Abstieg retten und an die Spitze führen? Middendorp hat sich 1,82 Promille angetrunken und von der Polizei im Auto erwischen lassen, um seinem Team den letzten Kick zu geben. Nach fünf Spieltagen war Arminia auf Rang zwei angekommen, fast auf dem Platz, den Middendorp für sich beansprucht. Da sagte er: "Wir werden alles tun, um Bayern-Jäger zu bleiben. Alles."

Er würde mit dem Teufel paktieren. Aber die Weicheier um ihn herum? Ein Sieg aus elf Spielen, 2:28 Tore aus fünf Auswärtsspielen. Arminias Jahrhundert-Trainer ist entlassen, wie José Mourinho. Und nirgends lodert mehr dieses heilige Feuer, das wir in Ernst Middendorps Augen sahen.

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Die Krisen in Stuttgart und Nürnberg

"Dann bin ich eben Zufallsmeister"

Auf diese Zahl hat der Fußball lange gewartet: Dank einer Studie des Instituts für Sportwissenschaften der Uni Augsburg weiß man jetzt endlich, dass der Zufall bei 38,9 Prozent aller Tore eine Rolle spielt. Wie diese Zeitung errechnet hat, irrt die Studie aber zufälligerweise, denn zumindest im deutschen Fußball war der Zufall meist an 103,4 Prozent aller Tore beteiligt.

Dem deutschen Fußball hat es also nicht sehr gefallen, dass der VfB Stuttgart und der 1. FC Nürnberg in der vergangenen Saison den Zufall als taktisches Mittel abgeschafft und durch fachfremde Ansätze wie Personalpolitik und Spielsystem ersetzt haben. Sie sind damit Meister bzw. Pokalsieger geworden, aber in dieser Saison hat sich der deutsche Fußball für den Verrat gerächt.

Er hat beiden Klubs einen Haufen Verletzte und je eine schwere Krise auf den Hals gehetzt und sie dann als Zufallsmeister verspottet. "Dann bin ich eben ein Zufallsmeister'', hat VfB-Manager Horst Heldt im September genervt gesagt. Zufällig hatten sie in Stuttgart und Nürnberg aber die Ruhe weg, und zumindest beim VfB haben sie die Krise mit fachfremden Ansätzen wie Personalpolitik und Spielsystem besiegt.

In der Nürnberg sind sie auf gutem Weg, wobei die Chance auf einen Rückfall noch bei 38,9 Prozent liegt. Aber selbst im schlimmsten Fall könnten sich die Nürnberger trösten: Sie wären dann eben ein Zufallsabsteiger.

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Verschwörung gegen Bremen

"Auch mal für uns, Stark!"

Nach dem 3:4 in Hannover war Werders Manager Klaus Allofs sehr sauer auf den Schiedsrichter, der nicht so gepfiffen hatte, wie es sein Name verspricht. Wolfgang Stark ist beim Bayerischen Fußball-Verband gemeldet; ob er deshalb als Fan des FC Bayern zu gelten hat, der ja wegen Werders Niederlage Tabellenführer blieb, ist nicht beweisbar. Die Vermutung lag, aus Allofsscher Perspektive, allerdings nah.

Seine Aufforderung "Auch mal für uns, Stark!'' richtete sich dennoch weniger an einen Schiedsrichter, sondern an alle Schiedsrichter der Welt, alle Infekte der Welt, alle Insekten der Welt, mithin an die Welt selbst. "Auch mal für uns, Schicksal!'', hatte Allofs gemeint. Es ist ein Wunder, dass die Bremer Zweiter sind nach diesem Seuchenhalbjahr.

Pierre Womé war ewig verschwunden. Carlos Alberto erwies sich als Angehöriger einer bislang unentdeckten Schlafbärengattung, die von Juni bis Dezember Winterstarre hält. Einmal nur erwachte er kurz und hieb auf Sanogo ein. Alle anderen waren durchgehend verletzt, allenfalls von kurzen Phasen der Beschwerdefreiheit unterbrochen.

Auch dem Zeugwart riss das Kreuzband. Trainer Schaaf wurde von einem Insekt gestochen. Piräus schoss in zwei Spielen viermal aufs Tor und traf sechsmal. Unverletzt blieb Ersatztorwart Vander, was nur mit gutem Willen als Glück zu bezeichnen ist. Irgendjemand muss eine Voodoo-Puppe gebastelt und Nadeln reingesteckt haben. Eine schamlose Handlung, die sich umgekehrt den fairen Bremern schon deshalb verbietet, weil die unsachgemäße Handhabung der Nadeln zu Verletzungen führen kann.

ger/Foto: dpa

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Daum und die Aufsteiger

"Ja, ich will!"

Der wichtigste Satz wurde im September im Kölner Stadion gesprochen und stammt von Christoph Daum. Mit seinem Ausspruch hat er wieder Freund und Gegner verblüfft. Nur seine Elf bekam davon nichts mit, denn die Rede richtete er an den Beamten des Standesamtes Köln, und seit jenem Ja-Wort heißt Angelica Kamm nicht mehr Kamm, sondern Daum. Ob der FC durch Daums Heimsieg in die erste Liga aufsteigt, wird aber erst im Mai 2008 entschieden.

pse/Foto: dpa

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