Bundesliga, 33. Spieltag:Psychospielchen und Parolen

Schalke 04 setzt im Titelkampf auf Nadelstiche und Voodoo-Zauber, Nürnberg beschwört das Nervenkostüm und Hannover hat Bammel vor Eigentoren. Die Bundesliga-Vorschau.

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Hamburger SV - 1. FC Nürnberg (Samstag, 15.30 Uhr)

Es hatte alles so gut ausgesehen für den HSV, im Europa-League-Halbfinale beim FC Fulham. Bis weit in die zweite Halbzeit spielte die Hamburger Elf - offenbar befreit von der Labbadia-Last - technisch guten und höchst effektiven Fußball. Doch dann zerrannen binnen weniger Minuten jegliche Träume vom Heimfinale in der Europa League wie ein Schokoriegel in der Mittagssonne. Das 1:2 gegen Fulham lässt die Saison der Hanseaten endgültig zur Katastrophe werden, und mitten rein in diese tiefe Depression kommt jetzt der 1. FC Nürnberg an die Waterkant.

Der "Club" lechzt nach zuletzt drei Pleiten in Serie nach dem entscheidenden Schritt Richtung Klassenerhalt, da scheint ein reichlich angeschlagener Gegner wie der HSV gerade recht zu kommen. Nürnbergs Trainer Dieter Hecking beschwört deshalb bereits eine Psychoschlacht herauf: "Mit dem ureigenen Fußballspiel haben die letzten Spiele nichts mehr zu tun. Es geht nur noch darum, wer am besten mit der Situation umgeht. Das Nervenkostüm muss halten." Wie es um die Nerven der Hamburger bestellt ist, zeigte das fatale Waterloo in London - beim "Club" würde eine weitere Niederlage vermutlich ähnliches Unwohlsein auslösen.

Foto: dpa Texte: Jonas Beckenkamp und David Bernreuther

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FC Schalke 04 - Werder Bremen (Samstag, 15.30 Uhr)

Wenn Schalkes listiger Trainerlehrmeister Felix Magath spitzfindig hinter seiner Designerbrille hervorschielt, ist meist Gefahr im Verzug. Von perfiden "Psychospielchen" und gewieften "Nadelstichen" ist dann oft die Rede, als ginge es im Titelkampf um die Zeremonie eines Voodoo-Zauberers. Doch in Wahrheit sind Magaths Mätzchen nichts weiter als die üblichen Scharmützel im Mediengeschäft Bundesliga. "Ich bin mir sicher, dass die Bayern die letzten beiden Spiele nicht gewinnen werden. Durch die Belastung in der Champions League wartet auf jeden Fall noch ein Unentschieden auf sie", hatte Magath bereits am vergangenen Samstag nach dem Münchner Ausrutscher (1:1 in Gladbach) prophezeiht.

Dass eigentlich er und seine Schalker das weitaus kompliziertere Finish zu bestreiten haben, verschweigt Magier Magath geschickt. Mit Werder Bremen wartet auf Kuranyi & Co. ein Team, das die königsblauen Meisterträume durchaus in Gefahr bringen kann, denn vor allem mit offensiven Nadelstichen kennen sich Thomas Schaafs Tor-Enthusiasten (bester Sturm der Liga) bekanntlich aus. Schade aus Schalker Sicht, dass der unlängst verpflichtete Christoph Metzelder erst zur neuen Saison spielen wird - gegen Werder würde der Ex-Nationalspieler der Abwehr sicher gut tun bei all den listigen Sturmfüchsen der Marke Pizarro, Özil oder Marin.

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Borussia Dortmund - VfL Wolfsburg (Samstag, 15.30 Uhr)

Immer wenn sich in der Bundesliga die Saison dem Ende entgegen neigt, spitzt sich neben dem Kampf um bestimmte Tabellenplätze auch das Ringen um den Titel des Torschützenkönigs zu. Da passt es ins Bild, dass an diesem 33. Spieltag ausgerechnet Dortmunds Lucas Barrios (18 Saisontore) auf Wolfsburgs Edin Dzeko (20) treffen würde - wenn der VfL-Torgarant nicht wegen einer Hüftverletzung ausfallen wird. Sollte dies der Fall sein, hätte Barrios freie Fahrt in Richtung Torjägerkanone und Stefan Kießling (derzeit 21 Tore), doch viel wichtiger dürfte dem BVB das Erreichen des letzten offenen Champions-League-Platzes hinter Bayern und Schalke sein.

Dass mit dem VfL Wolfsburg nun ein Gegner in der Dortmunder Arena gastiert, dem nach einer enttäuschenden Saison als einzige verbleibende Motivation der mögliche Torjägertitel für Dzeko geblieben ist, kann der Borussia nur recht sein. Dass die Dortmunder auf dem Weg in die Königsklasse nicht die nötige Verbissenheit vermissen lassen werden, dafür sorgt allein schon Verteidiger Mats Hummels. Der erklärte nach dem 3:2 in Nürnberg vergangene Woche: "Wenn wir uns das jetzt noch nehmen lassen, dann gehört uns einer in die Fresse."

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Eintracht Frankfurt - TSG Hoffenheim (Samstag, 15.30 Uhr)

Sagen wir es, wie es ist: Um weniger als in diesem Mittelfeldduell kann es gar nicht mehr gehen. Neunter (Frankfurt) gegen Elfter (Hoffenheim), und das zwei Spieltage vor Schluss - das klingt ungefähr so spannend wie ein Bingo-Abend Seniorenheim. Hinzu kommt, dass die Begegnung noch nicht einmal das Stimmungspotential des Duells zweier glücklicher und deshalb offensivfreudiger Klubs besitzt, sondern eher ein Treffen der Enttäuschten ist: Hier die Eintracht, die sich unter Michael Skibbe eigentlich zu Höherem berufen fühlt, da Hoffenheim, wo nach dem furiosen Saisonstart im vergangenen Jahr die Ansprüche noch mehr gewachsen sind als in Frankfurt.

Und doch hat dieses Spiel zumindest ein kleines bisschen Pep in petto: Beide Teams treten beispielsweise mit dem Ersatztorwart an (Fährmann bei Frankfurt, Haas bei Hoffenheim), was die zuletzt jeweils erfolgreichen Stürmer beider Klubs unter Umständen in Wallung bringen könnte. Egal ob Korkmaz und Meier auf Eintracht-Seite oder Ibisevic und Obasi auf Hoffenheimer: Jetzt, wo es um nichts mehr geht, sind sie besonders gefragt im Kampf gegen die Bedeutungslosigkeit, denn nur Tore helfen gegen Trott und Trägheit.

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Loius van Gaal, ddp

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FC Bayern München - VfL Bochum (Samstag, 15.30 Uhr)

50 Minuten und höchstens ein kleines Bier - dann war die Party vorbei. Bayern-Trainer Louis van Gaal schickte seine Spieler beim Mitternachtsbankett nach dem triumphalen Sieg gegen Lyon und dem Einzug ins Champions-League-Finale schon nach kurzer Zeit ins Bett - ganz in seiner Lieblingsrolle als strenger, aber fürsorglicher Vater. Denn am Samstag steht gegen den VfL Bochum ein entscheidendes Spiel um die Meisterschaft an.

Schon kurz nach dem Schlusspfiff in Lyon mahnte van Gaal in der Kabine, dass die Konzentration ab sofort wieder auf die Bundesliga zu richten sei. Der Kopf, das hatte der Niederländer in den zurückliegenden Wochen immer wieder betont, sei auf der Jagd nach drei Titeln das Entscheidende. Wenn die Einstellung stimme, dann sei der stark belastete Körper zu großen Leistungen fähig. Nach dem ersten großen Sieg dieser Europapokal-Saison, dem 4:1 gegen Juventus Turin im Dezember, haben die Münchner Spieler den Spagat im Kopf überzeugend bewältigt: Vier Tage später gewannen sie in der Bundesliga 5:1 - gegen Bochum.

Dort ist die Lage dramatisch bis chaotisch. Die Mannschaft verspielte ein Neun-Punkte-Polster auf den Relegationsplatz, und am Donnerstag wurde völlig überraschend Coach Heiko Herrlich entlassen. Er soll in der Kabine Spieler beschimpft haben, die Gräben zwischen Trainer und Mannschaft sollen nicht mehr zu kitten gewesen sein. Als Nothelfer springt ein alter Bekannter ein: Dariusz Wosz, ehemaliger VfL-Profi und bisheriger A-Jugendtrainer, sitzt am Samstag auf der Bank.

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Bayer Leverkusen - Hertha BSC (Samstag, 15.30 Uhr)

Optimismus sieht wahrlich anders aus: "Leverkusen steht unmittelbar vor seiner 100. Heimniederlage im Oberhaus", heißt es auf der Website von Bayer Leverkusen in der Vorschau auf das Heimspiel gegen Hertha. Das wäre nicht nur ein trauriges Jubiläum, sondern auch ein empfindlicher Rückschlag im Kampf um Platz drei und die Champions-League-Qualifikation. Vermutlich handelt es sich bei der unheilvollen Ankündigung nur um eine unglückliche Formulierung, die aber Raum für Spekulationen lässt: Traut man sich in Leverkusen nach der enttäuschenden Rückrunde nicht mal einen Erfolg gegen das so gut wie abgestiegene Schlusslicht zu? Ist man vielleicht sogar überzeugt vom vereinseigenen Talent, am Saisonende wichtige Spiele zu verlieren?

Ein paar Zeilen weiter unten ist aber auch noch von einem Jubiläum zu lesen, das aus Leverkusener Sicht wesentlich erfreulicher wäre. Allerdings ist der Hinweis ganz vorsichtig im Konjunktiv formuliert: "Ein Sieg wäre für Jupp Heynckes der 250. Erfolg in seinem 539. BL-Spiel als Trainer", steht da. Um dem Coach (im Bild) und seinen Spielern Mut zu machen und Selbstvertrauen zu geben, hätte man vielleicht schreiben sollen: "Jupp Heynckes steht unmittelbar vor seinem 250. Bundesliga-Sieg als Trainer."

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1. FC Köln - SC Freiburg (Samstag, 15.30 Uhr)

Seit Sonntag ist Freiburg Spitzenreiter - zumindest in der Privattabelle der Abstiegskandidaten. Der SC hat momentan drei Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz und kann mit einem Sieg in Köln den Klassenerhalt perfekt machen, wenn gleichzeitig entweder Bochum oder Nürnberg nicht gewinnt. Die gute Ausgangsposition vor dem Saisonfinale ist unter anderem dem Umstand zu verdanken, dass man stets Ruhe bewahrt hat im Breisgau, so schlecht es auch lief: Als einziger der Abstiegskandidaten wechselte man in dieser Saison nicht den Trainer.

Trotz zwischenzeitlich zwölf Spielen ohne Sieg, trotz Heimniederlagen gegen Berlin und Hannover, trotz eines Absturzes aus dem Mittelfeld auf den vorletzten Platz. Das Vertrauen in Robin Dutt hat sich ausgezahlt: Freiburg begann in der entscheidenden Phase fleißig zu punkten. Zwei Siege nacheinander gegen Nürnberg und Wolfsburg beförderten den SC aus den Abstiegsrängen. Und der bevorstehende Gegner Köln zählt nicht unbedingt zu den unangenehmsten Aufgaben, die man kurz vor Saisonende zugeteilt bekommen kann. Für den FC geht es erstens um nichts mehr und zweitens hat er sein Publikum in den bisherigen Heimspielen nur selten mit fulminanten Auftritten verwöhnt.

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Hilbert, dpa

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VfB Stuttgart - FSV Mainz 05 (Samstag, 15.30 Uhr)

Vor dem letzten Heimspiel werden in Stuttgart beinahe im Akkord Blumensträuße gebunden, denn für viele Profis ist es das Abschiedsspiel vor den eigenen Fans. Für Jens Lehmann zum Beispiel, der im Sommer seine Karriere beendet. Oder für Alexander Hleb, der nach seiner einjährigen Ausleihe wieder dem FC Barcelona gehört, der ihn eigentlich gar nicht wieder haben will. Oder für Ricardo Osorio, der einen neuen Verein sucht. Oder für Roberto Hilbert, der schon einen gefunden hat, diesen aber noch nicht bekanntgeben will. "Es ist ein Verein mit Perspektive", nur so viel verrät Hilbert. Es könnte der FC Basel sein, heißt es.

Die Perspektive des VfB Stuttgart für die kommende Saison heißt aller Voraussicht nach und trotz der zahlreichen Abwanderer: Europa League. Mit einem Sieg aus den verbleibenden zwei Spielen kann die Mannschaft von Christian Gross die Qualifikation fürs internationale Geschäft perfekt machen - dank einer sensationellen Rückrunde, in der sie mehr Punkte holte als alle anderen Bundesligisten und sich von Platz 15 nach oben arbeitete. Die Perspektive Europa League könnte auch die Perspektive für eine Vertragsverlängerung mit Torgarant Cacau verbessern. Der hatte seinen Abschied zwar schon verkündet, doch inzwischen ist wieder alles möglich. Irgendjemand muss ja in Stuttgart bleiben, sonst kommen sie mit den Blumensträußen nicht mehr nach.

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Hannover 96 - Borussia Mönchengladbach (Samstag, 15.30 Uhr)

Fast höhnisch klang am Donnerstag die Meldung "Karim Haggui wieder im 96-Training - Einsatz gegen Gladbach möglich". Haggui (im Bild rechts) und Mönchengladbach - da war doch was? Richtig, Hannovers Tunesier war im Herbst vergangenen Jahres jener bemitleidenswerte Abwehrmann, dem beim irren 3:5 der Niedersachsen bei der Borussia gleich zwei Eigentore in einem Spiel unterliefen. Er und Kollege Constant Djakpa, der ein weiteres Hannoveraner Selbsttor fertigbrachte, waren damals in bester Slapstick-Manier die Garanten für den Gladbacher Sieg.

Eine erneute Einlage dieser Art sollte sich 96 nun aber tunlichst sparen, denn bei einer weiteren Niederlage könnte der direkte Abstieg nur noch mit einem Sieg im Endspiel in Bochum am 34. Spieltag zu vermeiden sein. Um dem zu entgehen, packt Trainer Mirko Slomka vorsichtshalber schonmal die Selbstbestimmungsparolen aus: "Ich bin überzeugt vom Sieg. Wir haben es selber in der Hand. Jeder Gedanke, es könnte das letzte Heimspiel in der ersten Liga sein, ist fehl am Platze." Und Karim Haggui ist ja auch wieder mit an Bord. Na dann.

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