RB Leipzig:Euphorie um Selke ist verflogen

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Wohin führt sein Weg? Leipzigs Davie Selke.

(Foto: dpa)
  • Bei RB Leipzig hatte man den Plan, Davie Selke zum Nationalspieler zu machen, doch das Vorhaben scheint nicht aufzugehen.
  • Beginnt der Stürmer im Spiel gegen Borussia Mönchengladbach von Beginn an?
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Von Sebastian Fischer

Als der Stürmer Davie Selke zum letzten Mal so richtig glücklich aussah, hieß sein Trainer Horst Hrubesch. Die deutsche U-21-Nationalmannschaft spielte im Estadio Mané Garrincha das Viertelfinale des olympischen Fußballturniers, sie spielte nach allgemeinem Dafürhalten begeisternd, und Selke war ein wichtiger Teil des Teams. Zwar vergab er viele Chancen, doch er traf zum 3:0, lief danach zu Hrubesch und sprang ihm in die Arme. Hrubesch sagte, er sei "froh, dass ich den Selke habe". Und ein paar Tage später kehrte Selke voller Tatendrang als Silbermedaillengewinner zu seinem Arbeitgeber RB Leipzig zurück. Dort gab es einen Plan: Den im Vorjahr noch acht Millionen Euro teuren Zugang zu einem Nationalspieler zu machen.

Selkes Trainer im Februar 2017 heißt Ralph Hasenhüttl, und er hat in dieser Woche dem Kicker über seinen Stürmer gesagt, er hoffe, "dass er die Chancen, wenn er sie wieder bekommt, besser nutzt als zuletzt". Doch dass er froh ist, ihn zu haben, hat Hasenhüttl zumindest nicht ausdrücklich betont. Und sollte Hasenhüttl dem Stürmer am Sonntag im Spiel bei Borussia Mönchengladbach (15.30 Uhr im SZ-Liveticker) nicht zum dritten Mal in dieser Saison die Chance geben, in der Startelf zu stehen - dann ist dies ein weiteres Zeichen dafür, dass der Leipziger Plan mit Selke nicht aufzugehen scheint.

"Bei RB bist du fünf Tage der Held und musst am nächsten Tag die Koffer packen"

Nach der Oberschenkelverletzung von Stammangreifer Yussuf Poulsen, der sechs Wochen ausfallen wird, müsste Selke eigentlich die logische Alternative sein. Er ist der einzige verbliebene Strafraumstürmer im Kader. Doch in Leipzig werfen sie ihm vor, sich unzureichend auf Hasenhüttls Pressing-System einzustellen. Wahrscheinlicher ist, dass Hasenhüttl einen der Mittelfeldspieler nach vorne zieht, Marcel Sabitzer oder Emil Forsberg. Durchschnittlich hat Selke, 22, in dieser Saison 25 Minuten gespielt, zwei Tore hat er im Herbst als Einwechselspieler gemacht. Die Euphorie nach den Olympischen Spielen, sie ist verflogen. Eine Stürmerkarriere, die vor weniger als drei Jahren in Bremen hoffnungsvoll begann, sie droht an Schwung zu verlieren.

Die Personalie Selke entscheidet sich zu einer Zeit, in der sie sich in Leipzig wohl nur ungern mit derartigen Problemen befassen. Zum einen geht es für das Team nach zwei Niederlagen in Serie gerade darum, die Form aus der Hinrunde wiederzufinden. Und zum anderen müssen sie sich im Klub ohnehin gerade mit dem Vorwurf auseinandersetzen, mit den Karrieren einzelner Spieler allzu fahrlässig umzugehen, wenn sie den Leipziger Interessen nicht mehr nutzen.

Anfang Februar entschloss sich Ralf Rangnick, die U23-Mannschaft abzuschaffen. Zwar versprach er, keine Trainer oder Betreuer zu entlassen, doch die Zukunft vieler Regionalligaspieler ist nun erst mal ungewiss. Und dann gab in dieser Woche Daniel Frahn ein viel beachtetes Interview. Frahn, inzwischen Drittligaspieler in Chemnitz, führte RB einst als Kapitän von der Regionalliga in die 2. Bundesliga, bevor er plötzlich nicht mehr gebraucht wurde. "Das war wie ein Schlag ins Gesicht", sagte Frahn dem Portal Sportbuzzer. "Bei RB ist es halt so, dass du fünf Tage der Held bist und am nächsten Tag die Koffer packen musst." So viele Spieler wie bei RB werde er in seinem Leben nicht mehr kennenlernen. Zwar ruderte Frahn nach der Veröffentlichung zurück, die Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen, sagte er. Laut Sportbuzzer war das Interview allerdings im Wortlaut autorisiert worden.

Viele teure Zugänge sind längst wieder weg

Frahn ist kein Einzelfall: Die Liste der Leipziger Spieler, die auf dem Weg zum Champions-League-Anwärter auf der Strecke geblieben sind, ist in den vergangenen Monaten immer länger geworden. Omer Damari kam im Januar 2015 für sieben Millionen von Austria Wien, inzwischen ist er an Red Bull New York ausgeliehen. Massimo Bruno kam für fünf Millionen aus Anderlecht, wohin er inzwischen wieder ausgeliehen ist. Und Verteidiger Atinc Nukan, in der zweiten Liga für sechs Millionen Euro verpflichtet, spielt wieder bei Besiktas Istanbul. Selke, dessen Vertrag bis 2020 gilt, könnte bald der nächste Name auf dieser Liste sein. Im Winter schlug der Klub noch Angebote aus, Hasenhüttl führte ein Gespräch mit dem Stürmer. Geklärt zu sein scheint Selkes Zukunft trotzdem nicht.

Selke wirkt wie ein Angreifer, der das Vertrauen in seine Stärken verloren hat. Doch, so heißt es in seinem Umfeld, hat er in den vergangenen Monaten eine andere Fähigkeit gewonnen. Selke, nach seinem Transfer zu RB als arrogant verschrien, gehe professionell mit der Situation um. Zwar fühle er sich um seine Chance gebracht, doch er suche auch Fehler bei sich, trainiere hart. Egal, was andere sagen: Davie Selke hat den Plan, der für seine Karriere mal vorgesehen war, noch lange nicht verworfen.

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