Bundesliga:Sehnsucht nach Paderborn

1. FSV Mainz 05 v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Hofft auf ernsthafte Konkurrenz: Bayern-Stürmer Robert Lewanowski.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Von Maik Rosner, Mainz

Wie ein Fußballspiel bewertet wird, hängt oft vom Ergebnis ab, wenngleich das eine eher oberflächliche Betrachtung ist. Was das pure Resultat anging, schien der FC Bayern mit dem 2:0 (2:0) beim FSV Mainz 05 seine beeindruckende Serie wieder einmal souverän erweitert zu haben. Allerdings steckt in dieser Sichtweise die Tücke, die eigenen Arbeitsnachweise etwas zu generös einzuordnen, nach dem Motto: Läuft doch, und wird schon so weitergehen!

Den Verdacht, die Makel des mittlerweile 19. Sieges im 20. Pflichtspiel unter Trainer Jupp Heynckes zu übersehen, haben die Münchner zwar nicht erweckt. Aber es hat ihnen sicher auch nicht geschadet, nach dem Spiel den Mainzern zuzuhören. Die haben den immer weiter enteilenden Tabellenführer nach dessen achtem Ligasieg nacheinander nämlich an die erneuten Anzeichen erinnert, dass dieser vor der entscheidenden Saisonphase seine Schaffenskraft noch nicht voll ausschöpft.

"Ich nehme das Gefühl mit, dass wir auf Augenhöhe dagegengehalten haben. Wir waren in allen Statistiken ebenbürtig - nur in der Chancenverwertung nicht", fand der Mainzer Kapitän Stefan Bell. Das stimmte zumindest in den Disziplinen Torschüsse und Zweikämpfe, bei denen die Mainzer sogar leicht vorne lagen. Weshalb der Trainer Sandro Schwarz in seiner auf den Relegationsplatz abgerutschten Mannschaft "den Glauben, das Spiel zu drehen" ausgemacht hatte.

Es ist für den FC Bayern einerseits durchaus ein gutes Zeichen, wenn sich die Gegner über die verpasste Gelegenheit ärgern, einen unerwarteten Ertrag zu erwirtschaften. Gewinnen sie auch nach nicht durchweg überzeugenden Vorträgen, spricht dies ja für die Fähigkeit, ihre Qualitäten bedarfsgerecht dosieren zu können. Andererseits wissen die Münchner, dass sie sich vor allem in den anstehenden K.-o.-Spielen der Champions League nicht allein auf ihre individuelle Klasse verlassen sollten. Wie in Mainz bei den kunstvollen Volleytoren von Franck Ribéry (33.) und des auch sonst überzeugenden James Rodríguez (44.), der seinen Formanstieg als Spielgestalter erneut belegte. Oder wie in der zweiten Halbzeit bei den Rettungstaten von Torwart Sven Ulreich und Innenverteidiger Mats Hummels.

Heynckes denkt an das große Ganze

Man sei, monierte Heynckes, nach einer "wirklich guten" ersten Stunde im letzten Spieldrittel "nicht aufmerksam genug" gewesen, "unnötig unter Druck geraten" und habe gar "fahrlässig" agiert. "Da muss eine Mannschaft wie die unsrige das 3:0 und das 4:0 erzielen", sagte er. Heynckes hat seine Kritik allerdings gezielt abgeschwächt, indem er auf seine groß angelegte Rotation mit sieben neuen Kräften verwies. Deshalb sei "die Feinabstimmung in der Defensive nicht immer gegeben", sagte er, "das ist ein Risiko, das ich eingehe, weil ich möchte, dass alle meine Spieler Einsatzzeiten bekommen." Schließlich sei es vor den entscheidenden Spielen in Pokal und Champions League wichtig, "dass nicht nur der Konkurrenzkampf da ist, sondern dass auch alle Spieler gesund und topfit sind".

Die Bayern sehnen das K.-o.-Spiel herbei

Vielleicht ist es Heynckes sogar recht, dass seine Mannschaft ihre Bestform noch finden muss und das im Alltag vor Augen geführt bekommt. Leisten können sich die Münchner ihre Vorbereitung im laufenden Ligabetrieb auch deshalb, weil sie sich ihres sechsten Meistertitels in Serie inzwischen sicher fühlen dürfen. Das bestätigen sogar die sonst zu größter Vorsicht neigenden Spieler, wohl auch, um sich nicht unglaubwürdig zu machen. Wegen des "riesigen Vorsprungs" auf den Zweiten "und der fehlenden Konstanz der anderen Mannschaften wäre es wirklich ein mittelgroßes Wunder, wenn wir da noch etwas anbrennen lassen würden", sagte Hummels.

Mit der Konkurrenzlosigkeit haben vermutlich auch ihre laxen Momente zu tun, die sich zuletzt häuften. Bei den vorherigen Siegen in Leverkusen (3:1) sowie besonders gegen Bremen (4:2 nach 0:1 und 2:2) und Hoffenheim (5:2 nach 0:2) ließen sich diese auch in den Resultaten ablesen. In Mainz blieben die Münchner zwar erstmals in diesem Jahr ohne Gegentor, doch auch dieser Pflichterfolg fügte sich durchaus in die Serie kleiner Warnsignale.

Vorsichtshalber haben sich die Bayern vor dem Pokal-Viertelfinale beim Drittligisten SC Paderborn selbst gewarnt, wenngleich am Dienstag wohl wieder mit Lewandowski, Robben und anderen Leitungsträgern zu rechnen ist. "In einem Spiel kann viel passieren", sagte Thomas Müller; er erwarte nicht, "dass Anfang Februar in Paderborn ein grüner Teppich ausgerollt wird. Es könnte ähnliche Platzverhältnisse wie in Mainz geben." Hummels erinnerte an Pokalerlebnisse zu seiner BVB-Zeit, als er bei den Drittligisten Offenbach (2010) und Osnabrück (2009) ausschied. "Ich weiß leider, dass da was anbrennen kann", sagte Hummels. Jupp Heynckes dürfte es gerne gehört haben.

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