Bundesliga-Prognose:Der BVB wird spät in der Saison durchstarten

Lesezeit: 6 min

Borussia Dortmund kämpft zum Start noch mit Verletzungsproblemen. (Foto: REUTERS)
  • Für den FC Bayern ist kein Konkurrent in Sicht, Leipzig wird durch die Champions-League-Abende wahrscheinlich Punkte lassen.
  • Der BVB kämpft mit Verletzungen, Hoffenheim hat keinen Ersatz für Sebastian Rudy.
  • Der SC Freiburg hat von allen Top-Teams der vergangenen Saison die größten Probleme.

Von Martin Schneider

FC Bayern München

Was spricht für den FC Bayern?

Die individuelle Qualität des Kaders. Die Münchner haben eine Mannschaft, die auf beinahe jeder Position besser besetzt ist als die Teams der Konkurrenz. In der Abwehr hat man ein Trio Neuer-Hummels-Boateng, in der Offensive Thiago-Robben-Lewandowski. Das alleine reicht fast schon, um elf oder zwölf Bundesligisten zu schlagen.

Was spricht gegen den FC Bayern?

Mit Philipp Lahm und Xabi Alonso sind zwei spielprägende und spielintelligente Autoritäten in Fußball-Rente gegangen. Der Kader ist zudem dünner aufgestellt, als es auf den ersten Blick scheint. Robert Lewandowski darf sich nicht verletzen, für die beiden um ein weiteres Jahr gealterten Tempo-Spieler Arjen Robben und Franck Ribéry gibt es mit Kingsley Coman nur einen Eins-zu-Eins-Ersatz. Zudem rumort und poltert es schon vor dem Saisonstart.

Interessantester Spieler

Joshua Kimmich. Saß vergangene Saison auf fast tragikomische Weise ständig auf der Bank und spielte im Sommer mächtig im Nationaltrikot auf. Es kann keinen Lahm-Nachfolger geben, aber wenn, dann sollte man es mit diesem 22-Jährigen versuchen, bei dem Intelligenz, Ehrgeiz und fußballerische Fähigkeiten in einem erstaunlichen Maß zusammenfließen. Interessantester Bayern-Spieler für Trainer und Experten: Sebastian Rudy.

Prognose in einem Satz

Wäre Konkurrenz da, würde es schwer, aber jeder Herausforderer kämpft mit eigenen Problemen.

RB Leipzig

Was spricht für RB Leipzig?

Der Klub hat erneut die finanziellen Mittel des Sponsors intelligent eingesetzt und sich nochmal verstärkt. Naby Keita und Emil Forsberg, die von halb Europa umworben wurden, spielen (Stand Veröffentlichung dieser Prognose) noch in Leipzig. Auch wenn Fans anderer Vereine es der Fußballstadt Leipzig absprechen, ist die Euphorie vor der Champions-League-Saison groß.

Was spricht gegen RB Leipzig?

Noch jeder Verein hatte in seiner ersten Europapokal-Saison Probleme, mit der ungewohnten Doppel-Belastung klarzukommen. Da Leipzigs Spiel von laufintensivem Pressing lebt, wiegen zwei Spiele pro Woche besonders schwer. Und schon in der Rückrunde hatte sich die Bundesliga-Konkurrenz auf die Taktik der Leipziger eingestellt. Trainer Ralph Hasenhüttl wird mehr spielerische Lösungen trainieren müssen.

Interessantester Spieler

Timo Werner. In Teilen Deutschlands immer noch hauptsächlich wegen seiner Schwalbe gegen Schalke bekannt, schoss schon in der vergangenen Saison 21 Tore. Sehr schnell, technisch sehr stark, sehr ehrgeizig. Nichts deutet darauf hin, dass seine Formkurve nach unten zeigt. Im Gegenteil.

Prognose in einem Satz

Glorreiche Champions-League-Abende kosten Punkte in der Bundesliga.

Borussia Dortmund

Was spricht für den BVB?

Dortmund hat den zweitbesten Kader Deutschlands nach Bayern München. Der Klub war trotz der am Ende offensichtlichen Differenzen mit Thomas Tuchel erfolgreich. Wenn man davon ausgeht, dass das Kraft gekostet hat, müsste jetzt unter dem neuen Trainer Peter Bosz eigentlich mehr Kraft da sein. Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang spielt zudem tatsächlich noch in Dortmund.

Was spricht gegen den BVB?

Mit Marco Reus, Julian Weigl und Raphael Guerreiro sind schon drei der vier wichtigsten Spieler zum Saisonstart verletzt. Ousmane Dembélé wird zudem eventuell, vielleicht oder ganz sicher für eine Fantasiesumme zu Barcelona gehen. Peter Bosz hat das alte taktische System von Thomas Tuchel komplett umgestellt, die Mannschaft kämpft noch bei der Umsetzung. Niemand weiß, welche Rolle Mario Götze in dieser Saison spielen kann.

Interessantester Spieler

Christian Pulisic. Zeigte schon in der vergangenen Saison Ansätze von höchstem Potential, stand aber im Schatten von Dembélé und der neuen Führungsfigur Reus. Wird in dieser Saison öfter spielen und mehr Verantwortung bekommen. Könnte gut sein, dass der BVB den besten Dembélé-Ersatz schon im Kader hat.

Prognose in einem Satz

Nach einem schwierigen Start wird man das Potential dieser Mannschaft sehen.

TSG Hoffenheim

Was spricht für die TSG Hoffenheim?

Das Gleiche wie im vergangenen Jahr: Julian Nagelsmann. Hat es geschafft, aus einem Abstiegskandidaten einen Champions-League-Teilnehmer zu machen und ist immer noch Trainer im Kraichgau. Wird taktisch nichts verlernt haben - eher im Gegenteil - und hat mit Kramaric, Uth, Wagner, Demirbay und Gnabry eine auch international konkurrenzfähige Offensive.

Was spricht gegen die TSG Hoffenheim

Die Abgänge von Niklas Süle und vor allem von Sebastian Rudy schmerzen. Rudy war mit seiner Ballsicherheit Kernelement des Hoffenheimer Spiels und Stand jetzt hat die TSG keinen Ersatz gefunden. In der Champions-League-Quali hat man mit Liverpool den härtestmöglichen Gegner bekommen und darf bei einer Niederlage in der Europa League am Donnerstag nach Aserbaidschan fliegen.

Interessantester Spieler

Serge Gnabry. Bayern-Spieler mit dem Wunsch, erstmal nicht Bayern-Spieler zu sein. Will in Hoffenheim Spielpraxis sammeln und sich für einen Stammplatz in München bewerben. In seiner Zeit in Bremen oft genial, aber auch oft sehr eigensinnig. Muss in Hoffenheim zeigen, dass er die Nachfolge von Robben oder Ribéry antreten kann. Die Herausforderung hat er sich ja ausgesucht.

Prognose in einem Satz

Lange wird Nagelsmann nicht mehr in Hoffenheim bleiben, also nochmal alles versuchen.

1. FC Köln

Was spricht für Köln?

Der Klub hat den turbulenten Abgang von Stürmer Anthony Modeste erstaunlich gut weggesteckt und mit Jhon Cordoba frühzeitig und geräuschlos einen guten Ersatz gefunden. Leistungsträger wie Timo Horn oder Jonas Hector denken gar nicht daran zu wechseln, ebensowenig Trainer Peter Stöger. Der Effzeh ist die klubgewordene Ruhe und Konstanz.

Was spricht gegen Köln

25 Tore von Modeste kann man nicht ersetzen. Der Franzose entschied viele enge Spiele und katapultierte Köln - auch wegen der Schwäche von Konkurrenten wie Schalke, Gladbach, Leverkusen und Wolfsburg - nach Europa. Da spielt Köln nun mit großer Euphorie - aber eben auch zweimal die Woche. Das kostet Kraft und das Budget gibt keine zwei gleichstarken Anfangsformationen her.

Interessantester Spieler

Jonas Hector. Spricht selten, besitzt als vermutlich einziger Bundesliga-Fußballer weder Facebook-Seite noch Instagram-Profil oder Twitter-Account. Fällt im Prinzip nicht auf - außer durch die Tatsache, dass er der beste Kölner Spieler ist. Darf diese Saison voraussichtlich alle Spiele im zentralen Mittelfeld machen.

Prognose in einem Satz

Reicht diesmal nicht für Europa, aber langfristig macht das gar nix.

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Hertha BSC

Was spricht für Hertha BSC?

Davie Selke und Mathew Leckie sind zwei Transfers, die den Kader gezielt verstärken. Abgesehen von Anthony Brooks hat kein Leistungsträger das Team verlassen und Vedad Ibisevic und Salomon Kalou waren erneut eines der besten Sturmduos der Liga. Wie Köln scheint Berlin die Stabilität für sich entdeckt zu haben.

Was spricht gegen Hertha BSC?

Der Trend. Die Rückrunde war schlecht, die Auswärtsschwäche geradezu grotesk. Wie bei allen anderen Europapokal-Teilnehmern kommen Belastungen dazu, in Berlin besteht die besondere Gefahr, dass Spiele gegen unattraktivere Gegner im Herbst oder Winter in einem halbleeren Olympiastadion die Stimmung runterziehen.

Interessantester Spieler

Mitchell Weiser. Verließ den FC Bayern und war hauptsächlich deswegen bekannt, weil er sich in diversen sozialen Netzwerken mit extravaganten Outfits (und manchmal nur in Unterhose) präsentierte. Tritt nicht erst seit seinem entscheidenden Tor im U21-EM-Finale (per Kopf) eher als Fußballer auf. Hat die Gratwanderung zwischen Swag und Profitum offenbar hinbekommen.

Prognose in einem Satz

Auch letztes Jahr ist Trainer Pal Dardai mit solidem Fußball weit gekommen.

SC Freiburg

Was spricht für den SC?

Christian Streich. Der kauzige, aufbrausende und über den Fußball hinausdenkende Trainer hat aus Freiburg wieder einen Europapokal-Teilnehmer gemacht - mit dem Geld, dass in Baden ausgegeben wird, eigentlich unmöglich. Nun, Steich ist immer noch da.

Was spricht gegen den SC?

Streich ist zwar noch da, aber die Tore kann er ja nicht selbst machen. Vincenzo Grifo und Maximillian Philipp auch nicht mehr und die beiden waren an 25 der 42 Freiburger Tore beteiligt. Der normale Freiburger Aderlass (In den vergangenen Jahren gingen unter anderen Baumann, Ginter, Bürki, Mehmedi, Grifo, Philipp) hat schon einmal zum Abstieg geführt.

Interessantester Spieler

Caglar Söyüncü. Zeigte in der vergangenen Saison mit seinen 20 Jahren schon eine souveräne Vorstellung in der Innenverteidigung eines Bundesligisten. Hat 24 Spiele gemacht, es waren sehr viele gute darunter. Ist nun ein Jahr älter und aller Voraussicht nach bald der nächste Freiburger, über den sich ein Bundesligist mit mehr Geld freuen wird.

Prognose in einem Satz

Man wünscht es Freiburg und Streich ja, aber Wünsche haben noch keinen Abstieg verhindert.

SV Werder Bremen

Was spricht für Werder?

Die beste Saison seit 2010, Euphorie im Umfeld, keine (erkennbare) akute Abstiegsgefahr, drei bis vier überdurchschnittliche Spieler - daraus sollte sich doch was machen lassen? Alexander Nouri hat jedenfalls bessere Startbedingungen als seine Vorgänger Robin Dutt und Viktor Skripnik.

Was spricht gegen Werder?

Schaut man sich die Spiele der vergangenen Saison mal genauer an, waren da ein paar Siege dabei, die in die Kategorie "glücklich" fallen. Gegen Ende surfte die Mannschaft auf einer Euphorie-Welle aus Konter-Taktik und Selbstbewusstsein. Ob diese Faktoren über 34 Spieltage halten, ist fraglich.

Interessantester Spieler

Thomas Delaney. Eigentlich gilt die Faustregel, dass Wintertransfers Not-Transfers sind und man in dieser Zeit sowieso nur Spieler bekommt, die sonst niemand haben will. Delaney ist die Ausnahme von der Regel. Der Däne kam im Januar und hatte mit dem wirbelnden Duo Max Kruse/Fin Bartels großen Anteil an der Werder-Euphorie.

Prognose in einem Satz

Wenn man nicht von Europa spricht, wird es vielleicht klappen.

Borussia Mönchengladbach

Was spricht für die Borussia?

Mönchengladbach geht unbeirrbar seinen Weg weiter und scheint mit Dieter Hecking den richtigen Trainer gefunden zu haben. Nach der Entlassung von André Schubert ging es vergangene Saison steil aufwärts. Auch hier gilt: Das Team hat dieses Jahr keine Belastung durch den Europapokal. Die Flügel sind mit Traoré, Hazard, Hofmann, Grifo und Herrmann exzellent besetzt.

Was spricht gegen die Borussia?

Mit Mo Dahoud und Andreas Christensen hat der Verein wieder zwei Leistungsträger verloren. Vor allem Christensen entwickelte sich zu einem der besten Innenverteidiger der Bundesliga, Matthias Ginter wird es schwer haben, ihn zu ersetzen. Im Sturm hängt viel vom 32-jährigen Raffael ab - außer, Raul Bobadilla wird zur echten Alternative. Im Mittelfeld sollte sich Christoph Kramer nicht verletzen.

Interessantester Spieler

Lars Stindl. Schoss Deutschland im Finale des Confederations Cups zum Titel und bekam dadurch auch die überregionale Aufmerksamkeit, die er eigentlich schon lange verdient. Stiller Arbeiter, intelligenter Fußballer und auch abseits des Platzes einer, der erzählen kann, ohne Lautsprecher zu sein.

Prognose in einem Satz

Europa ist wieder drin.

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