Bundesliga:Nebulöses vom Markt

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Man kann natürlich neidisch darauf sein, dass andere europäische Clubs ein so viel höheres Budget haben - doch es gibt Wichtigeres als einen 100-Millionen-Transfer.

Philipp Selldorf

Die Bundesliga entwickelt sich zur neuen Heimat der Weltmeister, soeben hat der FC Bayern einen weiteren gekrönten Italiener einfliegen lassen. Vier sind es nun, zwei in Wolfsburg und zwei in München. Als Schlagzeile, wie sie der vereinseigene Nachrichtendienst sofort verbreitet hat, liest sich das großartig: "Noch ein Weltmeister!"

Noch ein Weltmeister! Abwehrspieler Massimo Oddo vom AC Mailand. (Foto: Foto: dpa)

Etwas weniger großartig liest es sich, wenn man den Namen des Betreffenden nennt: Massimo Oddo, ein Reservist im Team der WM-Champions von 2006 und mittlerweile auch in seinem Stammverein. Weltmeister Oddo ist, böse gesagt, eine italienische Variante des deutschen 90er-Weltmeisters Günter Hermann.

Kein Platz für Jansen

Diese sich forsch aufdrängende Polemik sagt natürlich nichts über Oddos Qualitäten, womöglich haben die Bayern genau den richtigen Mann für ihre Verteidigung gefunden. Kann sein. Was einen wundert, ist dies: Für Marcell Jansen war in dieser Defensivreihe kein Platz.

Mangels Perspektive verlässt Jansen wie zuvor Angreifer Jan Schlaudraff die Bayern. Hatten die Münchner die beiden verkannt und überbewertet? Oder haben sie die Versprechen nicht eingelöst, die sie als angeblich hochveranlagte Jung-Nationalspieler geweckt hatten? Und was wird aus den anderen teuer eingekauften Zugereisten mit ungeklärtem Talent-Status: Sosa? Breno?

Ungleicher Wettbewerb

Nebulös ist die Transferpolitik des höchstnotierten deutschen Fußballklubs. Im Laufe der Europacup-Serie könnte das wieder zum Thema werden, wenn die Kluboberen der Liga verbittert verbreiten, dass man mit den Vereinen aus England, Spanien und Italien im ungleichen Wettbewerb stehe, weil diese vom Fernsehen und Milliardärsmäzenen viel mehr Geld erhalten.

Tatsächlich darf man ja neidisch werden, auch Schalke hatte dazu Grund, als es mit Atletico Madrid vergeblich um den Champions-League-Platz kämpfte: Hier die Schalker, die im Sommer 16 Millionen für zwei neue Spieler aufbringen und dabei ihr Limit erreichen. Dort Atletico, das seit 2005 für Verstärkungen das Zehnfache aufwenden konnte.

Aber die Schalker wissen, dass sie nicht (nur) wegen des ungleichen Einkaufsbudgets verloren haben. Deutsche Klubs müssten zwangsläufig schlauer sein und die bessere Spielidee haben.

Dahinter verbergen sich Aspekte wie Ausbildung, Lehre, Strategie. "Letztlich sind Atmosphäre und Arbeitsphilosophie wichtiger als ein 100-Millionen-Transfer", hat neulich Jürgen Klinsmann erfreulich deutlich festgestellt. Kluge Transferpolitik gehört natürlich auch dazu. Und ein paar Weltmeister kann sich sogar die Bundesliga immerhin leisten.

© SZ vom 29.08.2008/sma - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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