Bundesliga: Mainz gegen Dortmund:"Mainz 05 is big in Nigeria"

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Kloppotuchelhaft rasant: Das Topspiel Mainz 05 gegen Borussia Dortmund war ein grandioses Fußballspiel. Entschieden vom 18-jährigen, schon unverwechselbaren Mario Götze.

Tobias Schächter

Die vier Reporter aus Nigeria waren bester Laune. Lebhaft befragten sie Lewis Holtby in der sardellendosenhaft kleinen Mixed-Zone des Mainzer Stadions am Bruchweg, in die sich nach diesem Spiel so viele Reporter drängten wie nie zuvor. Holtby, Sohn eines Engländers, antwortete so lebhaft als sei er ebenfalls Reporter aus Nigeria. Der Offensivspieler von Mainz 05 sagte: "Wer hätte schon gedacht, dass Mainz 05 nach dem zehnten Spieltag Zweiter ist. Wir haben einen großartigen Teamspirit, egal ob wir gewinnen oder verlieren."

Rasante Bundesliga: Der Mainzer Sami Allagui (vorne) im Luftkampf gegen den Dortmunder Marcel Schmelzer. (Foto: dapd)

Die Journalisten aus Nigeria waren begeistert: "Thank you" riefen sie Holtby hinterher und auf die Nachfrage, warum sie die weite Reise überhaupt auf sich genommen hatten, lachten sie nur noch mehr und sagten: "You know, Mainz 05 is big in Nigeria" - "Mainz 05 ist groß in Nigeria".

So weit ist es also schon gekommen und die Männer aus Westafrika erlebten im ausverkauften Spektakulum am Bruchweg ein grandioses Fußballspiel: Mainz 05 vs. Borussia Dortmund. Am Ende gewann die Borussia verdient mit 2:0 nach Toren von Mario Götze (26.) und Lucas Barrios (67.) und übernahm die Tabellenführung, während die Mainzer auf den zweiten Platz zurückpurzelten. Es war ein rasanter Schlagabtausch zweier gnadenlos offensiv ausgerichteter Teams.

Die verteidigende Mannschaft hetzte den ballführenden Spieler des Gegners als sei er der Fuchs bei der Fuchsjagd. Aber das Spiel war auch deshalb so atemberaubend temporeich, weil es fast nie durch Foulspiel unterbrochen war. Die Spieler ließen sich keine Ruhe - nirgends und nie. Die Dortmunder waren aber spielerisch einen Tick stärker. Auch weil die Mainzer sich immer wieder selbst durch leichte Abspielfehler aus dem Rhythmus brachten und zu früh "lang" und "hoch" spielen mussten, wie ihr Trainer Thomas Tuchel bemängelte.

Doch es gab Momente, in denen die Mainzer die Dortmunder dominierten. Kurz nach der Pause war so eine Phase. Und wenn Eugen Polanski in Minute 48 einen von Subotic an Szalai verursachten Foulelfmeter zum Ausgleich verwandelt hätte, wäre das Spiel vielleicht gekippt. Dortmunds Torwart Roman Weidenfeller erzählte hinterher, er habe eigentlich mit zwei anderen Elfmeterschützen gerechnet und sich bei Polanski dann auf "seine Nase verlassen". Weidenfeller sprang in die richtige Ecke und wehrte den Ball ab. "Roman", sagte der Dortmunder Trainer Jürgen Klopp hinterher froh, "hat uns mit seiner Parade im Spiel gehalten."

Doch die Klasse der Dortmunder und ihre trotz des jungen Durchschnittsalters (23,1 Jahre) erstaunliche Reife setzten sich am Ende durch. Spätestens als Sahin zu Götze passte und der zu Barrios, der kalt zum 2:0 einschob (67.), war der Mut der Mainzer Spieler und Fans ermattet. "Am Ende blieb nichts für uns übrig, aber dafür müssen wir uns nicht schämen. Die Dortmunder sind individuell einfach noch besser besetzt", resümierte Thomas Tuchel.

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Die kuriose Konstellation, dass der ehemalige Mainzer Trainer Jürgen Klopp an die Stätte seiner Trainerwerdung als Tabellenführerjäger zurückkehrte, geriet wegen der Klasse des Spiels in den Hintergrund. Diese 90 Minuten waren vor allem eine große Talentschau des deutschen Fußballs. Dabei gewannen die jungen Dortmunder nicht nur das Spiel, sie zogen auch mehr Beachtung auf sich als die Mainzer Großtalente.

Holtby war zwar immer zu Streichen bereit, blieb aber zu oft hängen und André Schürrle ließ der Mainzer Trainer Thomas Tuchel bis zur 72. Minute auf der Bank. Da stand es schon 2:0 für die Borussia, deren Spiel eine Schau war. "Wir müssen einfach anerkennen, nicht jedes Spiel in der Bundesliga gewinnen zu können. Dortmund hat einen Riesenlauf, die waren heute einfach besser", sagte der Mainzer Manager Christian Heidel.

Der größte Hingucker bei der Borussia neben dem dynamischen Kevin Großkreuz und dem gewitzten Shinji Kagawa war der erst 18 Jahre alte Mario Götze. Dieser Junge hat alles im Repertoire, was ein Offensivspieler haben muss und ist mit seiner fantasievollen Art Fußball zu spielen fast schon unverwechselbar. "Es gibt nicht viele 18-Jährige, die das auf den Platz bringen", lobte Klopp:

"Wir sind alle froh, dass sein Vater vor einigen Jahren aus dem Bayerischen nach Dortmund gezogen ist und Mario bei uns in der Jugend spielen konnte. Aber jeder Jugendtrainer hat mehr Anteil an seiner Entwicklung als ich. Es geht jetzt nur darum, ihm noch mehr Stabilität zu verleihen", sagte Klopp. DFB-Sportdirektor Matthias Sammer nennt Götze eines der "größten Talente, das wir je hatten".

Bleibt Götze gesund, sind seiner Entwicklung kaum Grenzen gesetzt. Das gilt wohl auch für die Borussia, die in der Form von Mainz ein ganz heißer Titelanwärter ist. Die Mainzer hingegen stießen bei diesem kloppotuchelhaft rasanten Fußballgipfel gestern an ihre Grenzen. Aber in Nigeria erzählen sie sich große Dinge über Mainz 05 - und das ist doch auch was.

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