Bundesliga:Leipzig ist das neue Dortmund

RB Leipzig

Das neue Dortmund? Leipzigs Sportdirektor Ralf Rangnick (l.) und Trainer Ralph Hasenhüttl.

(Foto: dpa)

Der Aufsteiger wirbelt wie einst der BVB die Liga durcheinander. Doch verzerrt er dabei den Wettbewerb? Darüber muss man diskutieren.

Kommentar von Christof Kneer

Es gibt wahrscheinlich keinen Trainer in Deutschland, der sich nicht wenigstens im stillen Umkleidekämmerlein mal überlegt hat, wie das so wäre: Trainer bei Bayern München zu sein. Das gilt für Trainer, die halbwegs realistische Chancen auf diesen Job haben, genauso wie für Trainer, die in der Landesliga, Staffel 1, Württemberg coachen, oder, was ein Bayern-Engagement noch viel unwahrscheinlich machen würde: für Trainer, die Ralf Rangnick heißen. Ja, Rangnick hat vor Jahren auch mal leise auf die Bayern spekuliert. Als er dann aber in seiner Hoffenheimer Zeit etwas lautere Debatten mit den Münchnern pflegte und einen völlig anderen Fußball spielen ließ, dürfte ihm klar geworden sein: Noi (schwäbisch für: Nein, mitnichten, keineswegs), des wird wohl eher nix.

Es gibt sehr gute Spieler in der Bundesliga, sehr gute Trainer auch, aber der Mitarbeiter des Monats ist Ralf Rangnick aus Backnang. Bevor er ein einfallsreicher Sportdirektor wurde, war er ein einfallsreicher Trainer, aber natürlich war Rangnick immer auch ein Cleverle, wie das in der Sprache seiner Heimat heißt: Er war bei allem Interesse an theoretischen Masterplänen immer gerne da, wo ganz praktisch auch viel Geld herumlag - erst bei Dietmar Hopp in Hoffenheim, jetzt bei Dietrich Mateschitz in Leipzig.

Leipzig und Hoffenheim haben die Architektur der Liga verändert

Ein Blick auf die aktuelle Tabelle zeigt aber, dass die unzähligen und ungezählten Millionen unter Rangnicks aktueller und vergangener Federführung recht zielsicher eingesetzt worden sind. Unabhängig vom ideologischen Standpunkt des Betrachters ist festzustellen, dass RB Leipzig und auch die TSG Hoffenheim das geschafft haben, was vor Jahren Borussia Dortmund gelungen war: Sie haben die Szene dynamisiert und die Architektur der Liga verändert.

Vor Jahren haben Jürgen Klopps rasende Borussen die Bayern gezwungen, ihre Hauspolitik zu straffen und - zum Beispiel - Pep Guardiola zu verpflichten. Und nun dürfen sich die Borussen selbst herausgefordert fühlen von den rasenden Rangnickianern an beiden Standorten; und der FC Bayern muss damit leben, dass sein arg herkömmlicher Fußball im Gegenschnitt jetzt auch noch gestrig wirkt. Wer den Bayern beim Kicken zusieht, ertappt sich manchmal bei der Erwartung, dass sicher gleich eine Willy-Sagnol-Halbfeldflanke geflogen kommt, die Michael Ballack einköpfelt.

Natürlich kann - und muss - die Liga darüber diskutieren, ob die neuen Rivalen mitunter eine legale Art von Wettbewerbsverzerrung praktizieren, indem sie die 50+1-Regel kreativ interpretieren dürfen oder indem sie sich unter einem Dach gleich drei Teams halten (Leipzig, Salzburg, Liefering), bei denen man Talente kreativ parken kann. Aber diese Auseinandersetzung darf nicht von Irren und Unbelehrbaren mit Steinen in der Hand geführt werden; sie muss von kritischen Ligafunktionären geführt werden, von sehr guten Trainern und von einfallsreichen Sportdirektoren.

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