Bundesliga:Das Spannendste, was die Liga zu bieten hat

FC Augsburg v Werder Bremen - Bundesliga

Augsburg und Bremen kämpften schon in der Hinrunde verbissen um jeden Ball. Mitten im Abstiegskampf dürfte die Partie am 29. Spieltag noch ruppiger werden.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Etliche Vereine fürchten, nicht mehr gut genug zu sein für die Bundesliga. Also kauften sie ein - oder aber, sie verzweifelten auf dem Transfermarkt.
  • Bremen ist da fast noch etwas trickreicher: sie wollen Pizarro auf einer neuen Position einsetzen.
  • Ergebnisse und Tabelle der Bundesliga finden Sie hier.

Von Sebastian Fischer

"Tomorrow, my friend, tomorrow", sagte Marcelo Díaz, als er im vergangenen Sommer das Ende eines dramatischen Bundesliga-Abstiegskampfes einleitete. Díaz stahl seinem Kollegen Rafael van der Vaart beim Freistoß den Ball, zauberte ihn ins Tor des Karlsruher SC, der Hamburger SV gewann in der Verlängerung das Relegationsspiel mit 2:1. Am nächsten Morgen war der HSV tatsächlich noch in der ersten Liga, er muss sich heute kaum um seinen Verbleib dort sorgen. Der Abstiegskampf ist allerdings seit dem von Díaz erwähnten Morgen nicht minder dramatisch geworden. Er beschäftigt auch in dieser Saison vor dem Start der Rückrunde noch mindestens acht Mannschaften - und beginnt wohl gleich hinter dem HSV.

11. FC Ingolstadt, 20 Punkte

Elias Kachunga erfreut sich großer Popularität in sozialen Medien. Zum Beispiel, wenn er wie jüngst vor der Kamera tanzt, zum Lied des Sängers Koffi Olomide, "Ekotite", frei übersetzt: daneben geschossen.

Nun hat Kachunga entweder einen Hang zur Selbstironie oder nicht darüber nachgedacht, dass "Daneben geschossen" die Überschrift der ansonsten erfolgreichen Hinrunde des FC Ingolstadt 04 sein könnte. Kein Team war so schwach vor dem Tor, der FCI hat nur elfmal getroffen. Kachunga, 23, ist im Sommer für die damalige Ingolstädter Rekordsumme von 1,5 Millionen Euro aus Paderborn gekommen, um Tore zu schießen. Doch der Angreifer stand für den Aufsteiger nur siebenmal auf dem Feld, hat Schwierigkeiten mit dem laufintensiven Pressingsystem von Trainer Hasenhüttl. Er wolle bei Null anfangen, sagte er zu Beginn der Vorbereitung.

Nur will der FCI jetzt eher mit Darío Lezcano anfangen. Denn sie wissen in Ingolstadt, dass elf Tore wohl nicht noch mal für 20 Punkte reichen werden. Der Paraguayer Lezcano, 25, kam für 2,5 Millionen Euro aus Luzern, neuer Rekord. Elf Treffer in 14 Spielen gelangen ihm in der Schweiz. Getanzt hat er in Ingolstadt noch nicht.

12. FC Augsburg, 19 Punkte

Es gibt ein paar Säue in Europa, die mittlerweile Raúl Bobadilla kennen. Jenen Angreifer, der, so erzählt man sich, durch Wände laufen kann. Oder Marwin Hitz, jenen plötzlich so schwer bezwingbaren Torhüter. Oder Markus Weinzierl, den ehrgeizigen Trainer, der an sein Team geglaubt hat, als es im Herbst jeder besser wusste.

"In Europa kennt uns keine Sau", mit diesem Motto sind die Fußballer des FC Augsburg ja in die Saison gestartet. Das haben sie lustig gemeint, aber bald haben sie nicht mehr darüber gelacht. Denn in Europa verlor der FCA anfangs, und verlor - kraftlos und naiv - dann meist auch am Wochenende in der Liga. Die Worte der Mahner schienen sich zu bewahrheiten: Die Europa League bringt den Kleinen nur Unglück.

Doch dann traf Bobadilla dreimal gegen Alkmaar, Hitz ließ Stürmer verzweifeln - auch, indem er in Köln den Elfmeterpunkt umgrub. Und Bobadilla traf auch noch in der Nachspielzeit in Belgrad. Von den jüngsten zehn Partien hat der FCA sechs gewonnen - nicht trotz, sondern wegen der Europapokal-Spiele. Sie waren kein Ballast mehr, sondern Motivation.

Im Winter hat Augsburg für den Verteidiger Jeffrey Gouweleeuw, 24, drei der im Sommer verdienten Millionen ausgegeben. Die Rückrunde? Der FC Liverpool in der Europa-League? Können kommen, sagen sie wieder selbstbewusst. Das Spiel des Jahres gegen Jürgen Klopps Team ist ausverkauft. Kollege Weinzierl sagt: "Das Ziel ist es, die Serie zu verteidigen."

Darmstadt und Frankfurt wollen in der Rückrunde lässig wirken

13. SV Darmstadt 98, 18 Punkte

Im Stadtplanungsamt Darmstadt liegt seit Dienstag der Bebauungsplan-Entwurf O 30, Sportpark Böllenfalltor. Das so kultige wie marode Stadion soll bis 2018 für 33 Millionen Euro modernisiert werden, es soll ein neues Dach gebaut werden und Tribünen nach englischer Art. Der Darmstädter Fußball ist ebenfalls einer nach englischer Art - und ähnlich wie das Stadion: irgendwie kultig, aber marode. Er glaube, hat Trainer Dirk Schuster gesagt, dass die Konkurrenz das Spiel seines Teams mittlerweile "gelesen" habe, deshalb werde die Rückrunde "bedeutend schwieriger als die Hinrunde".

Vereinfacht erklärt geht Darmstädter Bundesligafußball so (wie im Vorjahr übrigens auch schon Darmstädter Zweitligafußball): Hinten tiefer stehen, als es an jeder Fußballschule unterrichtet wird. Vorne schneller laufen, als jeder Verteidiger laufen kann. Irgendwie treffen, dann: Ergebnis halten. Er ist also mit Verlaub recht einfach zu lesen: Hinten steht der furchteinflößende Aytac Sulu, vorne rennt Marcel Heller mit 30 km/h. Oder Sulu steht auch vorne und hält den Kopf in eine Eckball- oder Freistoßflanke.

Darmstadt hat nichts geändert im Winter, weder taktisch noch personell. Eigentlich kann das nicht gut gehen. Aber das haben im Sommer auch schon alle gesagt.

14. Eintracht Frankfurt, 17 Punkte

Wenn's läuft, dann ist Armin Veh der lässigste Trainer der Welt. Dann unterhält er sich nach Spielen gerne über sein lustiges Glitzersakko mit Noten drauf. Und falls jemand etwas auszusetzen hat an seiner Aufstellung oder seinem Sakko, dann kann er grinsen und sagen: Wieso? Läuft doch!

Wenn's nicht läuft, dann ist Veh, 54, nicht so lässig. Als es das letzte Mal unter seiner Leitung so richtig nicht lief, 2014 beim VfB Stuttgart, ist er einfach zurückgetreten: "Es gibt Phasen, in denen man kein Glück hat, und ich habe gerade so eine", sagte er damals. Das Glück zurückholen, das sollten lieber andere.

Nicht erst seitdem gilt der coole Augsburger als ein Trainer, der keine sportlichen Krisen bewältigen kann. Sein Problem ist, dass sich in Frankfurt trotz Qualität im Kader eine solche entwickelt hat. Nur ein Spiel von den vergangenen acht hat die Eintracht gewonnen, deshalb im Winter eingekauft: Kaan Ayhan für die Abwehr, Szabolcs Huszti fürs Mittelfeld, Marco Fabian für den Sturm. Veh muss arbeiten, Systeme konstruieren, verwerfen, neu denken. In seinem 26. Berufsjahr will er schon gern zeigen, dass er das auch kann.

Stuttgart sucht Innenverteidiger, Bremen einen Spielmacher

15. VfB Stuttgart, 15 Punkte

Auf dem Mond hat Sportvorstand Robin Dutt nicht nach einem Innenverteidiger gesucht. Allerdings hat er auf der Erde keinen gefunden, sagt er, weil die abgebenden Vereine Preise verlangt hätten, die auf fernen Himmelskörpern üblich seien, "Mondpreise". Er hätte zehn Verteidiger für jeweils eine oder zwei oder drei Millionen Euro kaufen können, doch wären die alle nicht besser gewesen, als jene, die in der Hinrunde 37 Gegentore nicht verhindert hatten, die meisten Gegentore aller Bundesligisten.

"Alle von uns geprüften Optionen haben sich aus diversen Gründen als nicht realisierbar oder nicht zielführend erwiesen. Daher haben wir es gelassen" - so hat Trainer Jürgen Kramny die Verteidigersuche beschrieben. Es sollte sich wohl nicht so resignativ anhören, wie es klang. Denn Kramny versprach auch, erfolgreich "an der Stabilität" gearbeitet zu haben.

Klingt vernünftig, denn die gab es beim VfB unter Kramnys Vorgänger Alexander Zorniger zuletzt ja gar nicht. Dazu beitragen soll auch Zugang Kevin Großkreutz, der an guten Tagen alle Positionen auf einmal spielen kann. Großkreutz darf zwar unter Joachim Löw nie mehr Nationalspieler sein. Ihm fehlt Spielpraxis. Was er aber hat, sagt Kramny: "Bock." Ist ja auch was.

16. Werder Bremen, 15 Punkte

Claudio Pizarro kann vieles: Runden in Münchner Bars am Gärtnerplatz allein unterhalten, Schlawiner und gleichzeitig Liebling der Trainer sein, junge Spieler an das Profigeschäft heranführen - und alten zeigen, dass man mit 37 auf dem Platz nicht alt aussehen muss. Außerdem: den Ball mit beiden Füßen streicheln. Natürlich: Tore schießen. Aber: Uwe-Bein-Pässe spielen, damit die anderen die Tore schießen?

Er muss das jetzt. In Auswärtsspielen soll Pizarro "auf der Zehn" spielen, daheim als zweite Spitze neben Anthony Ujah, das ist der sogenannte Geheimplan des SV Werder, den der peruanische Stürmer im Trainingslager in Belek verraten hat. In der Hinrunde war Pizarro noch nicht so richtig in Fahrt: 14 Spiele, zwei Tore, eine Vorlage, zu wenig. Nun soll er für das Besondere sorgen, das dem Bremer Spiel so fehlt.

Der vor einem Jahr noch gefeierte Trainer Viktor Skripnik wirkt bisweilen ratlos, ob er aus seinem limitierten Kader mehr herausholen kann. Im Gegensatz zum VfB Stuttgart hat Werder immerhin einen Verteidiger gefunden, Papy Djilobodji vom FC Chelsea. Und vorne soll es jetzt eben Pizarro richten, als Zehner. Er sagt: "Kein Problem."

Die beiden Klubs, die mal gut waren: Hannover und Hoffenheim

17. Hannover 96, 14 Punkte

Eine Maus hat gereicht für etwas Farbe im Winter. Der fußballerische Alltag in den vergangenen Wochen war ja trist und grau in Hannover. Keine Mannschaft hat in der Hinrunde so viele Spiele verloren wie 96 (elf), bei keiner Mannschaft wirkten die Bemühungen bisweilen so aussichtslos.

Sie haben den Sommer verschlafen, das haben sie inzwischen eingesehen. Denn sie hatten ja einfach mit ihrem in der Not der Vorsaison verpflichteten Trainer Michael Frontzeck weitergemacht, und in Sportchef Dirk Dufner eine lame duck den Kader planen lassen. Das Ergebnis: sieben Zugänge, von denen keiner so richtig überzeugte. Einer, Mevlüt Erdinc, ist schon wieder weg, zur Leihe nach Frankreich.

Geschäftsführer Martin Bader und Kaderplaner Christian Möckel, seit Spätherbst Dufners Nachfolger, mussten in diesem Winter einen ganzen Transfersommer nachholen. Insbesondere Bader hat einen Ruf zu reparieren, als Mitverantwortlicher für Nürnberger Zweitligafußball. Die Verpflichtung von Thomas Schaaf als neuen Trainer haben sie in Hannover goutiert, die ersten namenlosen Zugänge eher skeptisch beäugt, aber dann: Mickymaus! Hugo Almeida, 31, trug sie bei seiner Vorstellung auf seinem Pullover, alle redeten darüber. Der Portugiese soll der harmlosen Offensive sein markantes, bärtiges Gesicht geben. Allerdings: Er sei erst bei 50, 60 Prozent, sagte er ein paar Tage später. In einem zugeknöpften weinroten Hemd.

18. TSG Hoffenheim, 13 Punkte

Hoffenheim, das war mal das spannendste Projekt im deutschen Fußball. Ein Trainer namens Ralf Rangnick kaufte allerhand junge, teure, talentierte Fußballer, stieg in die erste Liga auf, eilte eine Hinrunde lang mit einer damals als modern geltenden Spielweise von Sieg zu Sieg.

Sieben Jahre später ist Hoffenheim das, was Mäzen Dietmar Hopp sich eigentlich immer gewünscht hat: ein ganz normaler Bundesligist. Der, das hat er sich nicht gewünscht, eine Hinrunde lang erstaunlich erfolglosen Fußball gespielt hat - und deshalb vom ewigen Huub Stevens gerettet werden will.

Wobei, so normal es eben geht in Hoffenheim. Immerhin haben sie immer noch den Schätzungen zufolge siebtteuersten Kader der Liga; sie haben das Geld, um mal eben den kroatischen Nationalstürmer Andrej Kramarić auszuleihen, obwohl sie bereits allerhand teure Stürmer wie Nationalspieler Kevin Volland bezahlen. Im Sommer löst Stevens Julian Nagelsmann ab, einer der talentiertesten Trainer Deutschlands und gerade 28 Jahre alt, spannend. Doch das spannendste Fußballprojekt Deutschlands leitet Rangnick längst beim Zweitliga-Tabellenführer Leipzig. Er wird die TSG bald überholen.

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