Bundesliga im Fernsehen:Mister Murdoch und Miss Telekom

Wahlkampf im Pay-TV: Zum ersten Mal gibt es zwei konkurrierende Bundesliga-Live-Programme. Für Sky und Liga Total geht es bis 2013 um alles. Mit Grafik.

C. Keil und M. F. Serrao

Das Meiste, was Franz Beckenbauer sagt, sagt er immer noch so leicht, als habe er das leicht Dahergesagte erfunden. Zu den Standards des Leichtdahergesagten zählt bei ihm auch der Hinweis, es habe sich beim so eben ertragenen Fußballspiel um eine Begegnung von Unter- gegen Obergiesing gehandelt. "Untergiesing gegen Obergiesing" ist die milde Version von "Schülermannschaft": Unter, Ober, Schüler - der bald 64-Jährige hat das alles genau so erlebt. Er stammt aus dem Münchner Arbeiterviertel Giesing.

Bundesliga im Fernsehen: Wer überträgt wann was? Das Bundesliga-Wochenende im Übebrlick.

Wer überträgt wann was? Das Bundesliga-Wochenende im Übebrlick.

(Foto: Graphik: SZ)

Die Manager der Pay-TV-Plattform Sky verfielen deshalb auf die sicherlich grandiose PR-Idee, vor Anpfiff der 47. Bundesliga-Saison ins Vereinsheim des SC München von 1906 einzuladen, Beckenbauers erstem Klub. Der Libero des deutschen Fußballs, Weltmeister als Spieler 1974, als Trainer 1990 und Organisator der WM 2006 in Deutschland, ist der erste in einer Gruppe anerkannter Experten, zu der auch Ottmar Hitzfeld oder Stefan Effenberg und neuerdings der frühere Dortmunder Profi Lars Ricken zählen.

Es geht um sehr viel, wenn nicht schon um alles für Sky, das deutsche Pay-TV-Unternehmen, das seit Januar 2008 von Rupert Murdochs Medienkonzern News Corp. kontrolliert wird. In dieser Woche erhöhte Murdoch seinen Anteil und hält jetzt 40 Prozent. Offenbar glaubt er an Wachstum. Bisher erwirtschaftete das anfänglich von Bertelsmann und dann vor allem Leo Kirch aufgebaute Bezahlfernsehen in Deutschland aber keine Erlöse.

2008 setzte Sky Deutschland 940 Millionen Euro um und wies einen Verlust von 270 Millionen aus. 220 Millionen zahlt der Sender nun jährlich an die Deutsche Fußball Liga (DFL), um bis 2013 alle 612 Saisonspiele der ersten und zweiten Bundesliga über Kabel und Satellit live ausstrahlen zu dürfen. Mit einer umsatzgetriebenen Strategie plant Vorstandschef Mark Williams, die Abonnentenzahl von derzeit ungefähr 2,4 Millionen auf drei Millionen zu erhöhen. Wer Bundesliga schauen möchte, muss Filme, Serien und Dokumentationen (Sky Welt) dazu buchen, inklusive Champions League kostet das Paket dann 44,90 Euro, mehr als bisher.

Williams war zuvor bei Sky Italia tätig, er war dort erfolgreich und gilt als kühler, durchsetzungsstarker und kontrollierender Pay-TV-Spezialist. Doch lassen sich italienische oder englische Verhältnisse (Murdochs BSkyB hat in Großbritannien 9,4 Millionen Kunden) mit den deutschen vergleichen? Die Deutschen sind, das lässt sich in beinahe allen Branchen beobachten, besonders preisbewusst. Die DFL geht von einer Millionen Fußballbegeisterten aus, die sich unter allen Umständen Bundesliga Live-Spiele leisten wollen und von bis zu sechs Millionen Interessierten. Die können erstmals zwischen konkurrierenden Angeboten wählen. Oder ergänzen sie sich, weil der Internet-User demografisch anders profiliert ist als der Fan vor der Glotze?

Mit enormer Werbekraft und großem Engagement drängt jedenfalls die Telekom mit ihrem IP-TV T-Home Entertain und dem Bundesligakanal Liga Total in den ohnehin harten Wettbewerb mit mehr als 30 Free-TV-Stationen und dem mächtigen Rivalen Sky. Seit 2006 investiert der Telefonkonzern ins Internetfernsehen mit der Bundesliga, ließ sich aber in den ersten drei Jahren das Produkt, die Live-Übertragungen, von Premiere liefern. Für Premiere war das ein lukrativer, effektiver Handel, der 20 Millionen Euro jährlich gebracht haben soll und nicht auf die Marke Telekom abstrahlte.

Eine neue Livesendung am Sonntagabend

Denn im Bild waren die bekannten Premiere-Kräfte zu sehen und hören. Nichts war wie die Telekom, nur die Empfangsprobleme waren es. Angeblich sind nur 20 Millionen Haushalte, also 50 Prozent, mit der leistungsstarken VDSL-Technologie versorgt. Vielleicht sind es mehr. Sky gibt an, beinahe 100 Prozent der Haushalte beliefern zu können.

Weil die Telekom keine Sendelizenz besitzt und als ehemaliger Staatsbetrieb keine beantragen darf, ist sie auf Dritte angewiesen. Diesmal vergab sie den redaktionellen und technischen Produktionsauftrag an die Constantin Medien AG, sie verpflichtete Johannes B. Kerner vom ZDF für circa die Hälfte der Saisonspiele als Hauptmoderator, engagierte Kommentatoren und Präsentatoren von RTL, Sat1, von Premiere, Arena und Pro Sieben. "Wir werden um jeden Kunden kämpfen", verkündete Marketing-Vorstand Christian Illek. An diesem Samstag wird Bernd Schuster als Experte Gast von Kerner im IP-TV-Studio sein.

Liga Total bietet beinahe das gleiche wie Sky: sämtliche Einzelspiele live, einen Konferenzkanal, eine schnelle Zusammenfassung der 15.30-Uhr-Spiele am Samstag nach dem Schlusspfiff, HD-Qualität, außerdem Archiv-, Speicher- und Suchfunktionen, die ein Festplattenrecorder am Receiver ermöglicht und die das herkömmliche digitale TV nicht bietet. Sky kommt dafür sonntags um 19.30 Uhr mit neuer Live-Sendung Sky 90, die den Spieltag offenbar bewertet und einordnet, auch wird eine längere Vorberichterstattung angekündigt.

Da die Telekom mit Fußball Triple Play - Internet, Telefon, Fernsehen - verkaufen will, fallen für T-Entertain und Liga Total mehr als 70 Euro an. Ende März soll die Telekom 600000 Entertain-Abnehmer gehabt haben, die Zahl der Liga-Total-Abos soll dem Vernehmen nach bei 30000 liegen.

Der DFL ist die Telekom sicher so lieb wie Sky, allerdings nicht so teuer. Für vermutlich rund 25 Millionen Euro Jahresabgabe ersteigerte sich die Telekom das IP-TV-Recht bis 2013. Wenn DFL-Geschäftsführer Christian Seifert in diesen Tagen erwähnt, dass "Sky uns nicht überreden" musste, fünf statt vorher drei Anstoßzeiten einzuführen, zeigt das die Aufmerksamkeit, die der Pay-TV-Sender genießt. Sollte er scheitern, könnte die Bundesliga die Hälfte ihrer TV-Einnahmen verlieren. Deshalb planen die Klubs, künftig auf Provisionsbasis Abos zu verkaufen. "Sky ist der wichtigste Medienpartner der DFL", sagt Seifert. Murdochs Leute zahlen fast das Zehnfache für die TV-Rechte, 2013 werden sie wohl auch um die IP-TV-Lizenzen mitbieten.

Es ist Wahlkampf, auch beim Pay-TV. Die Telekom, 61,7 Milliarden Euro Umsatz 2008, fordert News Corp. heraus, 20,9 Milliarden Euro Umsatz. Wie in der Politik genießt der, der in der zurückliegenden Rechteperiode die meisten Wähler hatte, Vorteile: Das ist, leicht dahergesagt, Sky, früher bekannt als Premiere.

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