Bundesliga: HSV - Schalke:Der doppelte Ruud

Der Hamburger SV gewinnt das Spitzenspiel des ersten Spieltags gegen Schalke und beweist, dass mit ihm in dieser Saison zu rechnen ist. Nach der Kritik eines HSV-Investors an der Einkaufspolitik trifft ausgerechnet ein halber Zugang zweimal.

J. Beckenkamp

Es dürfte wahrlich Wiedersehen geben, die unter glücklicheren Umständen stattfinden. Das Spitzenspiel zum Start zwischen dem Hamburger SV und Schalke 04 hätte eigentlich das Zeug zum Gefühligen gehabt, bestehen doch zwischen beiden Klubs viele alte Bekanntschaften - aber die gerieten beinahe in Vergessenheit. Statt der freundschaftlichen Begegnung ehemaliger Weggefährten wie dem Neu-Hamburger Heiko Westermann mit seinem letztjährigen Schalker Trainer Felix Magath dominierten hüben wie drüben Nebenkriegsschauplätze. Wenigstens da herrschte Einigkeit: Bei beiden Klubs wird nämlich derzeit über Geld und Macht debattiert. Während Magath unlängst erklärte, wie er den Spielern 20 Prozent ihrer Gehälter kürzte und den Schalker Fanbeauftragten kurzerhand seines Amtes enthob, sorgte beim HSV Investor Klaus-Michael Kühne für internen Ärger, indem er öffentlich an den Transfers des Vereins herummäkelte.

Hamburger SV v FC Schalke 04 - Bundesliga

Zwei Tore zum Saisonstart: Ruud van Nistelrooy traf beim 2:1 gegen Schalke doppelt.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

So konnte man froh sein, dass zumindest für 90 spannende Minuten alle anderweitigen Animositäten ausgeblendet wurden - auf dem Platz zeigten vor allem die Hamburger, dass die Schelte ihres Investors übertrieben ist, denn selbst wenn die Einkäufe Gojko Kacar, Dennis Diekmeier und Westermann noch nicht ganz Fuß gefasst haben - es gibt in Hamburg ja noch einen halben Neuzugang namens Ruud van Nistelrooy, der erst Mitte der vergangenen Saison kam. Der Holländer erzielte beim Hamburger 2:1-Auftaktsieg gegen Schalke beide Tore.

Die Schelte des Investors

"Der Knaller zu Beginn gefällt mir," hatte sich Magath noch im Vorfeld gefreut. "Ich starte lieber auswärts, denn nach einer langen Sommerpause steht die Heimmannschaft unter dem größeren Druck, unbedingt gewinnen zu müssen." Bei ebendiesem Heimteam wartete in Verteidiger Westermann ausgerechnet eine von Magaths Säulen aus der vergangenen Schalker Erfolgssaison. Als neuer HSV-Kapitän hatte der jedoch verständlicherweise andere Pläne als sein früherer Coach. "Ganz klar, wir wollen die ersten drei Punkte in Hamburg behalten," sagte der Abwehrchef.

Hamburgs neuer Coach Armin Veh hatte dagegen nicht nur mit den Attacken von Geldgeber Kühne zu kämpfen, sondern auch mit den Ausfällen seiner beiden Nationalspieler Dennis Aogo und Piotr Trochowski. Wenigstens klappte es mit dem Duell der beiden ehemaligen Real-Recken Raúl und van Nistelrooy, denn: Raúl könne durchaus selbst entscheiden, ob er spielen will, so Magath im Sky-Interview vor der Partie. Und er wollte spielen.

Gleiches galt auf Schalker Seite für Jermaine Jones, der endlich wieder Rasenluft schnuppern durfte, nachdem er fast die ganze vergangene Saison verletzt gefehlt hatte. Zwei Minuten waren gespielt, als Jones' Comeback beinahe zu einem Eigentor geführt hätte: eine Flanke von Hamburgs flinkem Dribbler Jonathan Pitroipa lenkte der einstige Nationalspieler knapp neben das Schalker Gehäuse. Die Vorgehensweise mit schnellem Spiel über außen schien Teil des Hamburger Masterplans zu sein, gleich mehrfach schwärmten die Hanseaten in der Anfangsphase überfallartig aus in Richtung Schalker Tor - allein, es fehlte ein wenig die Präzision. Die ließ auch Raúl zunächst vermissen, der ein paar Bälle verstolperte, ehe ein Abpraller von ihm bei Rakitic landete. Der Schuss des Kroaten strich knapp am Pfosten vorbei.

Immer wieder van Nistelrooy

Dass auch Schalke Gefallen am Tempospiel findet, dokumentierte ein gefährlicher Konter in der 24. Minute: der reaktivierte peruanische Nationalspieler Jefferson Farfan flitzte über rechts davon und spielte einen klugen Pass zu Edu, der mit einem strammen Linksschuss an Frank Rosts Bein scheiterte - Schalkes Spieler wirkten trotz Gehaltskürzung willens, etwas für ihr Geld zu tun. Das galt auch für den dritten Alt-Madrilenen auf dem Platz, Christoph Metzelder. Sein Kopfball - eine Kopie einer vorherigen Hamburger Chance durch Mladen Petric - verfehlte in der 34. Minute das Tor nur knapp.

Kurz vor dem Seitenwechsel setzte dann doch wieder der HSV die Ausrufezeichen. Erst drosch van Nistelrooy das Leder nach einer Schalker Luftlochorgie im eigenen Strafraum völlig frei auf die günstigen Plätze unterm Dach, dann zischte ein Petric-Schuss haarscharf an Manuel Neuers Tor vorbei und schließlich krachte ein Freistoß an den Querbalken des Schalker Gehäuses - wieder war der auffällige van Nistelrooy der Absender.

Nur 18 Sekunden nach dem Wiederanpfiff hatte das Haareraufen beim Hamburger Holländer dann ein Ende. Während die Schalker noch ihre Trikots in die Hosen steckten, tankte sich Elijero Elia auf der linken Seite energisch durch und schlug eine genaue Flanke auf van Nistelrooys Fuß - das 1:0 besorgte der 34-Jährige mit einer Abgezocktheit, die eigentlich auch seinen Kumpel Raúl auszeichnet. Doch von dem war nach wie vor nichts zu sehen, denn ab jetzt spielte nur noch der HSV. Van Nistelrooy vernaschte Benedikt Höwedes an der Außenlinie und schlenzte den Ball völlig unabgezockt weit drüber (53.), Petric beförderte freistehend einen Drehschuss ausgerechnet an das einzige Schalker Abwehrbein weit und breit (57.).

Höwedes fliegt vom Platz

Zumindest blieb Schalkes Abwehrmann Höwedes eine weitere Stolpernummer erspart, denn nach einer Grätsche gegen den davongeeilten Pitroipa sah der U21-Nationalspieler die gelb-rote Karte (60.). Schalke lief nun mit zehn Mann einem Rückstand hinterher und Raúl musste nach nur 18 Ballkontakten für Christoph Moritz das Feld räumen. Das Spiel plätscherte vor sich hin, ehe die beidseitige Lethargie jäh endete: Rakitic trat eine Freistoßflanke über rechts in den Hamburger Strafraum, der Ball segelte über den sorglosen Westermann hinweg und erreichte Schalkes Stürmer Farfan. Mit einer artistischen Dreheinlage versenkte der Peruaner den Ball volley im Hamburger Tor (79.), ein Treffer, mit dem zu diesem Zeitpunkt kaum noch zu rechnen war - ebenso wenig wie mit dem postwendenden 2:1 des HSV.

Wieder verschlief die Magath-Truppe einen Anstoß, wieder zog auf links mit Zé Roberto ein Hamburger Mittelfeldspieler nach feinem Dribbling davon, wieder erreichte die präzise Hereingabe van Nistelrooy, der aus kurzer Distanz locker einschob (81.). Diesmal machte Armin Vehs Team ernst und fiel nicht mehr zurück in eine ähnliche Trägheit wie nach dem 1:0. Den knappen Vorsprung brachten die Hamburger trotz einer weiteren Schusschance von Schmitz (90.) über die Ziellinie - dem doppelten van Nistelrooy sei Dank.

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