Bundesliga:0:8 - HSV erreicht Normalform

Bayern Muenchen v Hamburger SV - Bundesliga

Hamburgs Johan Djourou (l.) und Gotoku Sakai diskutieren nach dem 0:8 gegen den FC Bayern.

(Foto: Lars Baron/Getty Images)

Vom Mittelfeld der Tabelle braucht in Hamburg keiner mehr zu träumen. Entscheidend ist die Frage: War die Blamage beim FC Bayern ein Betriebsunfall - oder zerreißt sie dem Team das Herz?

Kommentar von Christof Kneer

Normalerweise kommt es ja nie so, wie man es erwartet hat. Normalerweise bildet sich der Fußball eine Menge auf seine Unberechenbarkei ein, und manchmal bereitet es ihm eine geradezu diebische Freude, alle Tipper zu enttäuschen. Wenn die Zeitungen also voll von Statistiken sind, in denen steht, dass der Hamburger SV sich in München immer blamiert; wenn überall genüsslich Zahlenreihen veröffentlicht werden, in denen höhnisch auf die vergangenen Duelle verwiesen wird (0:6, 0:5, 2:9, 1:3, 0:8, 0:5): Dann kann man eigentlich davon ausgehen, dass das Spiel zum Trotz mindestens 0:0 ausgeht. Oder dass der HSV vielleicht sogar gewinnt.

Gut, der HSV hat an diesem Wochenende nicht direkt gewonnen beim FC Bayern, aber immerhin, von einem 0:0 war er am Ende nur acht Tore entfernt. Zum Glück, wie man aus Hamburger Sicht übrigens anmerken soll: Das 0:8 beim FC Bayern war eine Niederlage, die - wie die Nachrichtenagenturen das gerne formulieren - um etwa drei Tore zu niedrig ausfiel.

Der gute, alte Traditionsverein aus Hamburg ist also größer als die Unberechenbarkeit des Fußballs; ein Trost ist das für alle, die es mit dem HSV halten, aber eher nicht. Der HSV bleibt sehr berechenbar im Abstiegskampf, trotz des jüngsten Aufwärtstrends, der so manchen Hamburger bereits von einem lässigen Zwischenspurt Richtung Tabellenmittelfeld hatte träumen lassen. Ein Wunschtraum, wie ein Blick auf die aktuelle Tabelle deutlich belegt: Nach den parallelen Siegen des FC Augsburg und von Mainz 05 steckt der HSV tiefer drin denn je - denn allmählich wird der Abstiegskampf nicht nur zur Qualitäts-, sondern auch zur Quantitätsfrage.

Darmstadt verabschiedet sich, doch die Zahl der potentiellen Begleiter ist klein

Während die vergangenen Spielzeiten ihren Reiz daraus bezogen, dass bis zu Platz acht oder sieben hinauf die halbe Liga um den Klassenerhalt rang, so deutet sich in dieser Saison das gegenteilige Phänomen an. Beim Überfliegen der Punktestände stellt sich diesmal eher die Frage: Wer soll diesmal überhaupt absteigen - außer Darmstadt 98, dem FC Ingolstadt, dem HSV und Werder Bremen? Vielleicht noch der (eigentlich viel zu gut besetzte) VfL Wolfsburg - aber auf Frankfurt, Köln oder Hertha BSC muss diesmal kein Konkurrent hoffen, und nun scheinen eben auch Mainz und Augsburg rechtzeitig ihre Wettkampfmentalität zu aktivieren.

Das ist es, was die Lage für den HSV nun wieder bedrohlich macht: Selbst wenn man davon ausgeht, dass sich die Darmstädter an diesem Spieltag aus ihrem Erstliga-Abenteuer verabschiedet haben, so werden jetzt vermutlich nur drei, maximal noch vier andere Vereine den zweiten Direkt-Absteiger sowie den Relegationsteilnehmer ermitteln. Jede Schwächephase kann da dramatische Folgen haben - und es ist auch keine gute Idee, sich mit einem 0:8 in München das Torverhältnis zu ruinieren.

Für den Abstiegskampf dieser Saison wird entscheidend sein, wie der HSV mit diesem 0:8 umgeht: ob dieses Ergebnis der Mannschaft das Herz bricht - oder ob es den Verantwortlichen und den Spielern gelingt, diesen Einbruch trotzig als kleinen Betriebsunfall zu interpretieren, der sich in drei Tagen mit einem Sieg im DFB-Pokalspiel gegen Mönchengladbach womöglich schon wieder reparieren lässt.

Am schlausten wäre wohl, die Hamburger würden sich mit folgender Argumentation in die neue Woche retten: Ein 0:8 beim FC Bayern ist einfach nur der Beweis, dass sich der HSV in Normalform befindet.

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