Bundesliga:Herzlich willkommen, Dickkopf!

Lesezeit: 3 min

Leipzigs Trainer Ralf Hasenhüttl feiert seinen Siegtorschützen Ademola Lookman (Foto: REUTERS)
  • Ademola Lookman trifft bei seinem Debüt für Leipzig und sichert den Sachsen einen wichtigen Sieg.
  • Leipzig rutscht auf Platz drei, Gladbach schlittert in eine Mini-Krise.
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Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Ademola Lookman ist ein selbstbewusster junger Mann, der 20-Jährige hat seine eigene Vorstellung von den Dingen. In der vergangenen Woche haben sie dem gebürtigen Londoner bei seinem Fußballklub FC Everton empfohlen, sich zum Zweitligisten Derby County ausleihen zu lassen, doch Lookman wollte lieber zum Bundesligisten RB Leipzig. Also bestritt er dort am Donnerstag sein erstes Training, und als Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl sah, dass der Spieler bloß ein Paar Fußballschuhe mitgebracht hatte - mit Gumminocken, die für feuchte, rutschige Rasen eher ungeeignet sind -, da empfahl er ihm, mit Stollenschuhen zu spielen, die ihm der Verein gibt. Lookman aber wollte das nicht. Man stritt zwei Tage lang um seine Schuhe, und als der Spieler am Samstagabend in der 78. Minute beim Stande von 0:0 bei Borussia Mönchengladbach eingewechselt wurde, da hatte er seine Nockenschuhe an, brachte zehn Minuten lang kaum einen Ball unter Kontrolle, rutschte ständig weg und löste in Hasenhüttl den wütenden Wunsch aus, den neuen Spieler sogleich wieder auszuwechseln.

Doch dann kam die 89. Minute, und Ademola Lookman zeigte allen, warum er so ein Dickkopf ist.

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Am Donnerstag und Freitag hatte er zweimal mit der Mannschaft trainiert, man gab ihm bei RB einen zweitägigen Taktik-Crashkurs, damit er in der Kürze der Zeit begreift, wie man in Leipzig Fußball zu spielen gedenkt. Mit dieser Taktik hatte es die Mannschaft gegen defensive, auf Konter lauernde Gladbacher 88 Minuten lang nicht geschafft, sich viele Chancen zu erspielen. In diesem Moment wurde Lookman ungefähr am mittigsten Punkt der gegnerischen Hälfte des Balles habhaft. Er zog sofort Richtung Tor, leicht hinaus nach rechts, ließ Gladbachs Tony Jantschke stehen, lief an Matthias Ginter vorbei in den Strafraum und schoss am grätschenden Jannik Vestergaard vorbei flach ins linke Eck des Gladbacher Tors - 1:0 (89.)!

Der Trainer Hasenhüttl flippte aus. Taktik-Crashkurs? Egal. Nockenschuhe? Egal. Hasenhüttl grinste: "Genau das hatte ich mir von Mola erhofft: dass er unbekümmert reinmarschiert."

Hasenhüttl war in der vergangenen Woche nicht der einzige Trainer, der sich an dem trotzigen Burschen die Zähne ausbiss. Auch in Everton haben sie den Kopf geschüttelt. "Obwohl wir ihm extra davon abgeraten haben, bestand er hartnäckig darauf, nach Deutschland zu wechseln", hatte Coach Sam Allardyce erzählt, "Mola ist dickköpfig und will seinen eigenen Weg gehen."

Während Lookman die Leipziger also zum Sieg schoss, verlor Everton bei Arsenal 1:5, und natürlich wurde Allardyce nach dem Spiel gefragt, ob er einen Spieler wie Lookman nicht gut hätte gebrauchen können und ob es nicht ein Fehler war ihn abzugeben. Allardyce war angefressen und grantelte, in einer so miserabel spielenden Mannschaft hätte auch der junge Lookman an diesem Tag keinen Unterschied machen können: "Yannick Bolasie ist 30 Millionen Pfund wert, Theo Walcott 20 Millionen, sie haben beide viel mehr Erfahrung als Lookman." Allardyce hat den jungen Flügelstürmer mit einem geschätzten Marktwert irgendwo zwischen zehn und 20 Millionen Pfund demnach nicht vermisst.

In Leipzig könnten sie nun jubeln, dass sie dieses Riesentalent am finalen Tag der Transferperiode noch bekommen haben, nachdem zuvor die heiß ersehnte Verpflichtung von Úmaro Embaló, 16, von Benfica Lissabon geplatzt war. Doch Lookman ist nur bis zum Sommer aus Everton ausgeliehen und Leipzig besitzt keine Kaufoption. Lookman wird nach Everton zurückkehren, wenn man dort nicht das Interesse an ihm verliert. Das ist aber nicht zu erwarten, schließlich haben sie ihn erst vor einem Jahr für neun Millionen Euro von Charlton Athletic erworben.

Zehn Minuten und sieben Sekunden auf dem Feld hat Lookman nur gebraucht, um sein erstes Tor für Leipzig zu schießen - und dann gleich so ein wichtiges. Den Gladbachern fehlt so ein zielstrebiger Spieler momentan. Lars Stindl hat seit November nicht mehr getroffen, Patrick Herrmann seit exakt einem Jahr nicht mehr und Vincenzo Grifo in 13 Pflichtspielen für Gladbach noch gar nicht. Toptorschütze Raffael fehlte gegen Leipzig verletzt.

In den jüngsten neun Pflichtspielen haben die Gladbacher nur sieben Tore geschossen, aus den vergangenen acht Bundesliga-Partien nur sieben Punkte geholt. "Das genügt unserem Anspruch nicht", schimpfte Trainer Dieter Hecking.

In Leipzig geben sie derweil nicht allzu viel auf die dickköpfige Art ihres neuen Stürmers. Als die Mannschaft am Sonntag zum Training auflief, trug Ademola Lookman nagelneue Fußballschuhe an den Füßen. Am Freitag gegen Augsburg soll er zeigen, dass es damit noch besser klappt.

© SZ vom 05.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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