Bundesliga: Hamburger SV:Hamburger Charakterfragen

Bernd Hoffmanns Unternehmen mit Bruno Labbadia als Trainer scheint trotz der Euroleague-Erfolge gescheitert. Die Schuld daran trägt der HSV-Chef selbst.

Jörg Marwedel

Bernd Hoffmann ist ein Topmanager. Der Vorstandschef des Hamburger SV hat binnen sieben Jahren aus einem kränklichen Fußballunternehmen wieder eine Adresse gemacht, der auch im Ausland Beachtung geschenkt wird. Er hat mittlerweile ein Plus von über 50 Millionen Euro gemacht, weil der HSV Spieler wie van Buyten, Boulahrouz, de Jong oder van der Vaart und demnächst Boateng zu einem satten Aufpreis weiterverkauft - und dennoch Geld in die Mannschaft reinvestiert hat.

Hoffmanns HSV ist inzwischen nicht nur für Edeltalente wie Boateng oder Elia, sondern auch für frühere Weltstars wie Zé Roberto oder van Nistelrooy ein interessanter Arbeitgeber.

Dennoch: Hoffmann ist schuld, dass der HSV vor seinem wichtigsten Spiel seit Jahren - im Halbfinale der Europa League gegen Fulham - die schwierigste Phase seit dem Winter 2006 durchmacht. Damals rutschte die von Verletzungspech heimgesuchte Elf bis auf Platz 18 der Bundesliga ab - und Hoffmann entließ den Trainer Thomas Doll. Bald könnte Bruno Labbadia folgen, der sechste Coach in sieben Jahren Hoffmann. Womöglich ist er nach dem 0:1 gegen Mainz nur deshalb nicht beurlaubt worden, weil es eben die Europa League gibt, die die Saison noch retten könnte.

Aber selbst wenn sich die Hamburger dort ihren größten Wunsch erfüllen, im Finale am 12. Mai im eigenen Stadion anzutreten, wird der Trainer nächste Saison kaum noch Labbadia heißen. Weil sich, wie vor einem Jahr bei Bayer Leverkusen, wichtige Profis von ihm abgewandt haben. Labbadias Entlassung wiederum wäre die schlimmste Niederlage für Hoffmann. Sie zeigt nämlich, dass er in einem Punkt eben kein Topmanager ist: im sportlichen wie im psychologischen Bereich.

Er hat den 44-jährigen Labbadia, der noch immer ein Bundesliga-Neuling ist, als Mann der Zukunft vorgestellt und ihm einen Dreijahresvertrag gegeben - um endlich zu zeigen, dass er Kontinuität herstellen wolle. Doch der Hoffnungsträger ohne Erfahrung musste nach der von Hoffmann befeuerten Trennung von Sportchef Beiersdorfer fast ein Jahr lang ohne sportlichen Berater klarkommen.

Und womöglich ist auch Hoffmanns Idee gescheitert, Spieler zu holen, die von einer noch viel größeren Karriere als beim HSV träumen. Nun will er einen "Charaktertest" einführen. Um herauszufinden, ob Profis nur ihren eigenen Weg oder auch den des HSV im Blick haben. Hoffmann selbst sollte sich auch mal einem Charaktertest unterziehen. Um aufzuzeigen, ob seine ungeduldige Art den Klub nicht manchmal auch bremst.

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