Bundesliga:Hamburg schaltet auf Selbstzerstörung

Lesezeit: 2 min

Bobby Wood (re.): Rote Karte für einen Ellenbogenschlag (Foto: AFP)
  • Tiefer, immer tiefer: Der Hamburger SV bleibt auch gegen den 1. FC Köln ohne Erfolg und verliert 0:3.
  • Bobby Wood sorgt mit einem unüberlegten Foul für den Schlüsselmoment im Spiel.
  • Anthony Modeste führt die Torjägerliste mit elf Toren an.
  • Tabelle und Ergebnisse der Bundesliga finden Sie hier.

Von Philipp Selldorf, Köln

Im Hamburger Fanblock geschah vor dem Anpfiff Erstaunliches: Mitten in der stattlichen Menge wurden Raketen gezündet, aber es waren keine dieser rauchenden Raketen, die unter das Kriegswaffenkontrollgesetz des DFB fallen, die Knallkörper der Hamburger Fans ließen bloß Konfetti regnen. Woher auch immer diese tapferen Menschen ihre Festtagsstimmung nahmen - nach 90 Spielminuten war alles wieder so, wie es zuletzt immer war: nicht feierlich, sondern traurig und verstörend.

0:3 hatte der Hamburger SV beim 1. FC Köln verloren und dabei eine denkwürdig trostlose Leistung geboten. Die Hanseaten machten den Eindruck, als befänden sie sich nicht in den Anfängen des Abstiegskampfes, sondern in dessen Endstadium. Ein Klassenunterschied lag zwischen den Teams - und dabei waren die Kölner an diesem Abend weit entfernt von ihrer besten Verfassung.

"Es war für uns das erwartet schwere Spiel. Der HSV hat gezeigt, dass er normalerweise nicht da unten stehen muss", resümierte Kölns Trainer Peter Stöger: "Wir haben uns bei Ballbesitz richtig schwer getan."

Das Treffen der Traditionsklubs schien von Anfang an im Zeichen des Närrischen zu stehen. Während beim 1. FC Köln das Sondertrikot für die anstehende Karnevalssaison zum Einsatz kam, inklusive Ringelsocken aus dem Fundus des Hänneschen-Theaters, leuchteten die Gäste in ihren Pink-Panther-Oberteilen durch die Nacht von Müngersdorf. Beide Seiten gaben sich während der ersten Halbzeit vergeblich Mühe, ein strukturiertes Spiel zu entfalten. Unmotivierte Ballverluste, verirrte Zuspiele, technische Fehler und ein Feuerwerk von Zufälligkeiten bestimmten das Bild.

Den Hamburgern mochte man das nachsehen nach der jüngsten Serie von Misserfolgen, die vielgelobten Kölner standen ihnen aber um nichts nach. Auch Schiedsrichter Benjamin Brand passte sich an. Wer hatte hier wen angesteckt?

Dem gegnerischen Tor näherten sich beide Mannschaften allenfalls andeutungsweise. Unversehens gelangte nach acht Minuten HSV-Stürmer Bobby Wood wenige Meter vor dem Ziel an den Ball, als der Kölner Verteidiger Dominic Maroh ausrutschte, doch für einen gezielten Torschuss reichte es nicht mehr. Ansonsten agierte die HSV-Doppelspitze Wood/Lasogga harmlos. Mit Filip Kostic, einst ein designierter Spitzenspieler, hatte Jonas Hector keine Mühe. Die Kölner brauchten bis kurz vor der Pause, ehe sie René Adler ernsthaft gefährlich wurden. Dann aber richtig: Nach einem Foul von Außenverteidiger Ashton Götz an Yuya Osako trat Anthony Modeste zum Elfmeter an. Er schoss hart, aber an den Pfosten. Die zweite Hälfte konnte nur besser werden, doch diese Hoffnung erfüllte sich lediglich für die Kölner. Während die sich ihrer konstruktiven Mittel besannen, schaltete der Hamburger SV wieder mal auf Selbstzerstörungskurs.

Diesmal in Person von Wood, der während des Wartens auf einen Freistoß seinem Gegenspieler Dominik Heintz den Ellbogen in den Magen drückte. Weil es der Linienrichter gesehen hatte, wurde Wood des Feldes verwiesen. "Die rote Karte ist nicht zu entschuldigen", fand HSV-Trainer Markus Gisdol. Damit hat es der HSV geschafft, zum dritten Mal nacheinander in Unterzahl ein Spiel zu beenden; schon in Mönchengladbach (0:0) und gegen Frankfurt (0:3) gab es Feldverweise. Die Hamburger, die bis dahin immerhin versucht hatten, nach vorn zu gelangen, kamen gar nicht mehr dazu, eine Abwehrschlacht zu inszenieren: Wenige Minuten nach Woods' Rauswurf stand es 1:0. Eine Hereingabe des eingewechselten Simon Zoller fand auf dem Umweg über Modeste den Weg in die lange Torecke. Adler sah nur noch ohnmächtig zu.

Die Hamburger Deckung musste sich daraufhin noch vieler prekärer Situationen erwehren. Die Kölner hielten den Druck aufrecht, um den Gegner vom eigenen Tor fernzuhalten, was ihnen routiniert gelang. Bis zur 82. Minute vermochte der Tabellenletzte die Partie halbwegs offen zu halten, dann schlug Modeste mit einem Kopfball nach Flanke von Marcel Risse zu; der überforderte Verteidiger Jung kam zu spät. Nun ließen die Hamburger die Köpfe hängen. Beim 3:0 traf Modeste kaum noch auf Gegenwehr.

© SZ vom 31.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: