Bundesliga:Gladbachs Traoré: "Ich bin nicht so der Übersteiger-Typ"

FC St. Pauli v Borussia Moenchengladbach  - DFB Cup; Traoré

Keiner dribbelt in der Liga so oft wie Ibrahima Traoré.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Europaweit dribbeln nur drei Spieler häufiger als Ibrahima Traoré von Borussia Mönchengladbach. Ein Gespräch über Tricks, Tunnel und den Unterschied zwischen Messi und Neymar.

Interview von Martin Schneider

Statistiker haben die Zahl der Dribblings in den fünf großen europäischen Ligen gezählt. Mit folgendem Ergebnis: Am häufigsten geht der Brasilianer Neymar vom FC Barcelona ins Eins-gegen-Eins-Duell (wenig überraschend), dahinter sein Teamkollege Lionel Messi (noch weniger überraschend). Dann wird es spannend: Dritter ist ein Marokkaner namens Sofiane Boufal, der beim OSC Lille kickt und Vierter ist Ibrahima Traoré von Borussia Mönchengladbach. Damit ist er auch Bundesligaspitze vor den Bayern-Spielern Douglas Costa und Kingsley Coman.

SZ: Herr Traoré, warum versuchen Sie denn so oft, einen Gegner auszuspielen?

Ibrahima Traoré: So hab ich den Fußball gelernt. Ich war immer der Kleinste und sehr schmächtig. Ich hatte als einzige Lösung meine Technik. Also musste ich immer dribbeln, sonst hätten mich die anderen weggegrätscht. Auf der Straße mit meinem älteren Bruder in Paris war das so. Da haben wir immer fünf gegen fünf auf einem Bolzplatz gespielt.

Haben Sie eine spezielle Technik?

Nein, nichts Besonderes. Das Wichtigste ist eine gute Ballführung, und wenn man die hat, dann kann man schnell die Richtung wechseln. Das ist die Basis, würde ich sagen.

Keine Tricks?

Ich bin nicht so der Übersteiger-Typ.

Aber Übersteiger sind doch spektakulär. Cristiano Ronaldo macht oft mehrere hintereinander.

Für mich ist es nicht so einfach, Übersteiger zu machen. Ich hab früher nicht damit gearbeitet. Richtungswechsel liegen mir viel besser. Aber es gibt halt verschiedene Techniken.

Neymar und Lionel Messi, die beide in der Statistik vor Ihnen liegen, dribbeln ja auch verschieden.

Stimmt. Neymar macht mehr Tricks, mehr Übersteiger. Messi arbeitet mehr mit Richtungswechseln, er tunnelt auch oft. Aber natürlich sind das beide überragende Kicker. Bei Lionel Messi haben wir Glück, dass wir ihn spielen sehen dürfen. Was für ein Spieler!

In der Bundesliga versucht es keiner so oft wie Sie. Aber wer kann es denn noch ganz gut von der Liga-Konkurrenz?

Franck Ribéry natürlich. Er ist mein großes Vorbild. Douglas Costa und Henrik Mkhitaryan sind auch sehr gut. Arjen Robben hat eine spezielle Technik. Früher ist er immer nach innen gezogen, jetzt ist es wieder schwerer gegen ihn geworden, weil man nicht weiß, wo er hingeht.

Arjen Robben werfen viele vor, er ziehe in den Strafraum, um einen Elfmeter rauszuholen. Versuchen Sie das auch?

Nein, ich mache das nicht. Ich habe auch nur wenige Elfmeter für meine Mannschaft geholt. Aber man muss fairerweise sagen: Wenn ein Spieler wie Arjen Robben Tempo aufnimmt und in den Strafraum geht, dann ist es nicht einfach für die gegnerische Mannschaft. Das führt dann eben oft zum Foul.

"Dribbeln ist viel schwerer geworden als früher"

Man hat das Gefühl, dass Sie unter André Schubert öfter die Eins-gegen-Eins-Situation suchen als noch unter Lucien Favre. Stimmt das?

Ja, schon. Der Trainer fordert jetzt klar von mir, dass ich das Risiko suchen soll. Er kennt meine Qualitäten und gibt mir Verantwortung. Ich darf Fehler machen, ich darf den Ball verlieren, das ist kein Problem. Ich soll aber auf jeden Fall Unruhe in die Abwehr bringen, auch wenn es 15 Mal nicht funktioniert. Wenn es einmal klappt, sind alle glücklich.

Man hat so allgemein den Eindruck, dass es früher mehr Dribbelkünstler gab. Leute wie Maradona, Garrincha oder auch Jay-Jay Ockocha.

Es ist viel schwerer geworden als früher. Heute haben die Mannschaften taktisch mehr Ahnung. Vor allem gegen eine gute Mannschaft, wie wir es auch sind, stehen die meisten Gegner erstmal sicher. Die Räume sind sehr eng. Aber deswegen muss man ja seine Eins-gegen-Eins Situationen gewinnen, um dann mehr Möglichkeiten zu haben.

Wie entscheiden Sie, wann Sie ins Dribbling gehen?

Das hängt auch von meiner Ballannahme ab, wenn ich den Ball ohne Druck des Gegners annehmen kann, dann kann man schon ins Dribbling gehen.

Als Sie noch beim FC Augsburg gespielt haben, haben Sie in der Relegation gegen den 1. FC Nürnberg Rot gesehen. Sie haben Ihren Gegenspieler Juri Judt gewürgt. Eine Zeitung schrieb, Sie wären frustriert gewesen, weil Sie nicht an ihm vorbeigekommen sind.

Das stimmt nicht. Ich bin schon an ihm vorbeigekommen. Aber ich war damals noch ein junger Spieler. Ich war frustriert, weil wir aufsteigen wollten und es nicht so lief. Heute würde mir das nicht mehr passieren.

Zum Schluss noch ein Rat an alle Nachwuchsspieler, die selbst gern ein Dribbelkönig werden wollen?

Immer wieder probieren. Auf jeden Fall immer nochmal versuchen. Auch wenn sie hängenbleiben. Für einen Abwehrspieler wird es schwer im Kopf, wenn er merkt: "Den hab ich jetzt schon dreimal gestoppt, aber er kommt immer und immer wieder."

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