Bundesliga:In der Liga fällt der Vorhang

Bayern Muenchen v Eintracht Frankfurt - Bundesliga

Verdrückt sich Frankfurts Michael Hector (l.) sogar eine Träne? Die Bayern spielen seit Wochen wie entfesselt und enteilen den Verfolgern in der Liga.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Zehn Spieltage vor Saisonende liegt der FC Bayern zehn Punkte vor dem Rest. Der Bundesliga fehlt die Spannung - schon wieder.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Falls mal wieder eine bayerische Landesregierung darüber nachdenkt, was als Nächstes verboten gehört, hier ein Vorschlag: die Anzeigetafel. Jedenfalls die Anzeigetafel beim FC Bayern, denn die ist mit einem auf den Nerv zielenden Klingelton gekoppelt. Es handelt sich um Werbung, der Ton ist das Signal eines Partners der Münchner, der seine Telefone verkaufen will. Sobald es also klingelt in dieser Arena, hat es geklingelt - nur anderswo. Dann blicken 75 000 Augenpaare hoch, und niemand schaut aufs Spiel.

Neun Minuten, nachdem am Samstag um 15.30 Uhr in München angepfiffen war, hatte - klingelingeling - Mario Gomez in Leipzig, beim Tabellenzweiten, das 1:0 für den VfL Wolfsburg erzielt. Nur zwei Minuten später traf - klingelingeling - Salomon Kalou für Hertha BSC gegen Dortmund, den Tabellendritten.

Die frühe Botschaft, die da in den Süden übermittelt wurde: Gewaltige Probleme plagen jene, die mit viel Wohlwollen noch als Herausforderer zu bezeichnen wären. Und da sich an diesem Trend nichts mehr änderte, da Leipzig und Dortmund verloren, war dieses Klingelingeling bereits eine Art Totenglöckchen für die 54. Saison der Fußball-Bundesliga. Beginnt doch für die Bayern nun endgültig der Übergang vom Wettkampf zum Schaulaufen, von einer Rest-Spannung zur bloßen Unterhaltung. Nach erst 24 von 34 Spieltagen ist der Vorsprung des Seriensiegers bereits wieder zweistellig, und die passenden Fragen lauten: Bleibt es bei zehn Punkten Vorsprung wie 2016 und 2015? Werden es eher 19 wie 2014? Wie nahe kommt man jener Ewigkeit von 2013, als die Dortmunder 25 Punkte zurück folgten?

Es gibt bekanntlich diesen Standard-Vorwurf an die Bundesliga, dass sie langweile. Im Gegensatz zu Englands Premier League, wo angeblich jeder jeden schlagen könne, weshalb das Unterhaltungspaket von der Insel global präsentabler sei. Wer darauf gehofft hatte, dass sich daran in dieser Saison etwas ändert, der sei erneut in die Zukunft, ins Jahr 2018 vertröstet. Vielleicht geht dann mal wieder was, wenn Ballbesitz-Künstler wie Philipp Lahm und Xabi Alonso in Rente gehen und der FC Bayern den Generationswechsel angehen muss. Wenn Teams wie jetzt Dortmund und die Berliner Hertha oder jüngst Leipzig und Hoffenheim beweisen können, dass sie nicht nur zu taktisch herausragenden Spielen, sondern durchgehend zu phänomenalen Spielzeiten in der Lage sind.

Für den Samstag war das Englische an der deutschen Liga das Fazit von Carlo Ancelotti, dem Coach des FC Bayern: "It's a very good day. Very good result. Other pitch also good result." Weil also die Nachrichten - klingelingeling - von den anderen Plätzen stimmten, fällt in der Liga nun bereits der Vorhang. Da ist es kaum anders als im Theater: Klingelt dort ein Handy, reißt bei Goethe und Schiller auch der Spannungsbogen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: