Bundesliga:Frankfurt hat sehr viel richtig gemacht

Bundesliga - Eintracht Frankfurt vs Borussia Moenchengladbach

Eintracht Frankfurt klettert zumindest vorerst auf Platz zwei der Fußball-Bundesliga.

(Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)
  • Eintracht Frankfurt klettert durch den 2:0-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach zwischenzeitlich auf Platz zwei der Bundesliga.
  • Die Eintracht ist nicht mehr nur ein ekliger Gegner - sie fängt an, zumindest phasenweise richtig guten Fußball zu spielen.
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Von Tobias Schächter, Frankfurt

Das Wort "Momentaufnahme" macht bei Eintracht Frankfurt in dieser Saison eine steile Karriere. Trainer, Spieler, Vorstände und andere Funktionsträger im Klub - sie alle verwenden es seit Monaten. Freitagnacht, nach diesem "großen Sieg", wie Trainer Niko Kovac den 2:0-Erfolg gegen Borussia Mönchengladbach bezeichnete, hörte man das Wort wieder andauernd - meist in Kombination mit einem "nur". "Nur eine Momentaufnahme" sei der Blick auf die Tabelle, mahnte zum Beispiel Vorstand Fredi Bobic.

Eintracht Frankfurt ist Tabellenzweiter der Fußball-Bundesliga! Am 20. Spieltag! Gut, nach den anderen Begegnungen am Samstag war das wieder schnell Geschichte. Deshalb hatte Frankfurts Trainer Niko Kovac am Freitag nicht nur einige Mahnungen ausgesprochen; er empfahl seinen Spielern: "Genießt den Moment, rahmt ihn euch ein." Schön sei das auch für ihn, sagte Kovac, das wolle er gar nicht leugnen.

Kovac glaubt, es gebe in jeder Saison Momente, in denen es "Klick" mache bei einer Mannschaft. Einer jener "Klick"-Momente, die Entwicklungen anstoßen, die im positiven Fall in das münden, was Sportler einen "Flow" nennen, sei das Trainingslager im Winter in Spanien gewesen. Spielerisch habe sich seine Elf seitdem stark verbessert. Die starke Leistung in der ersten Halbzeit unterstützte die These des Trainers. Diese Eintracht ist nicht mehr nur ein ekliger Gegner, der sie seit der Amtsübernahme von Kovac im März 2016 immer war. Die Eintracht fängt an, zumindest phasenweise richtig guten Fußball zu spielen. Das hat auch mit der Rückkehr von Omar Mascarell im zentralen Mittelfeld zu tun, die Vorrunde hatte der 24 Jahre junge Spanier verletzungsbedingt komplett verpasst. Nun ordnet Mascarell das Spiel der Eintracht klug und macht kaum Fehler.

Sehr viel richtig gemacht hat die Eintracht letzten Sommer auf dem Transfermarkt. Kritisch wurden die vielen Zugänge aus vielen Nationen damals gesehen. Das galt auch für Kevin-Prince Boateng, der von Las Palmas kam. Am Freitag nun erzielte der 30-Jährige das 1:0 (43.), und auch dieses Spiel zeigte: Er ist kraft seiner Persönlichkeit auf und neben dem Platz längst zur unumstrittenen Identifikationsfigur der Mannschaft gewachsen.

Boateng, so Kovac, habe eine spielerische Qualität, die es so oft in der Bundesliga nicht zu sehen gebe. Er verleihe der Elf durch seine starke Persönlichkeit Mentalität und Stabilität. Kovac und Boateng kennen sich schon lange, beide sind in Berlin aufgewachsen und kickten einst zusammen bei der Hertha. Für ihn sei Kovac in der Endphase seiner wechselhaften Karriere genau der richtige Trainer, sagt Boateng und traut dem Kroaten auch jetzt schon einen Job beim FC Bayern zu.

Kovac erweist sich als flexibler Taktiker

In diesem Alter brauche man einen Trainer, der einen pusht, sagt Boateng. Und im Gegenzug pusht Boateng die Mannschaft. "Man braucht richtige Kapitäne, die auch die Arbeit des Trainers machen", sagt Kovac: "Spieler wie Kevin." Dem Routinier macht es "richtig Spaß" in Frankfurt. Und er stützt die These des Trainers vom Klick-Moment im Trainingslager, Boateng sagt: "Die spielerische Entwicklung haben wir uns in Spanien erarbeitet, und daran arbeiten wir weiter jeden Tag. Dazu kommt das Kämpferische, der Mix macht es."

Kovac ist ein pedantischer Prediger von Arbeitsmoral, aber ihn darauf zu reduzieren, wäre falsch und ungerecht. Kovac, als Spieler einst gleichermaßen Wadenbeißer und Stratege im defensiven Mittelfeld, erweist sich auch als flexibler Taktiker. Weil Marius Wolf während der Verletzung von Timothy Chandler in der Vorrunde auf der rechten Verteidigerposition überragte, beorderte er den etatmäßigen Rechtverteidiger Chandler nun einfach auf die linke Seite. So verfügt die Eintracht über schnelle Angriffsoptionen auf beiden Flügeln, Chandler bereitete Boatengs Führung gegen Gladbach mit einem unwiderstehlichen Antritt vor, während Wolf erneut stark spielte. Die Eintracht zog nun die Kaufoption in Wolfs Leihvertrag, der 22-Jährige wurde bis 2020 nun fest von Hannover 96 verpflichtet.

Ob Wolf, Boateng, Techniker Mijat Gacinovic, Wuchtbrummenstürmer Ante Rebic, Torjäger Sebastien Haller oder Luka Jovic, ein 20 Jahre altes Großtalent, das gegen Gladbach erneut nach seiner Einwechslung traf und in der Nachspielzeit den 2:0-Sieg festzurrte - sie alle haben eine positive Entwicklung unter Kovac genommen und die Mannschaft als Ganzes nach vorne gemacht. "Wir werden spielerisch immer besser", freut sich Kovac. Er arbeitet daran, dass seine Auswahl es künftig auch schafft, Gegner wie Gladbach 90 Minuten lang zu beherrschen.

Weil Thorgan Hazard den Ball vom Elfmeterpunkt an die Latte gehämmert hatte (Boateng hatte Stindl gefoult; 78.), war der Sieg - dem erst dritten im eigenen Stadion in dieser Saison - zwar etwas glücklich. Aber am Ende beendete die Eintracht ihren Heimfluch. Spieler, eine Mannschaft, einen Verein, ja eine ganze Stadt zu elektrisieren, davon träumen Profitrainer, wenn sie einen neuen Job antreten. Niko Kovac gelingt das gerade in Frankfurt mit der Eintracht. Auch im Pokal ist die Mannschaft noch dabei. Und womöglich bleibt das nicht nur eine Momentaufnahme.

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