Bundesliga: 1. FC Nürnberg:Sieger auf Euro-Suche

Der 1. FC Nürnberg bleibt erstklassig. Doch während Trainer Hecking nun erfahrene Zugänge fordert, denken Manager und Präsident anders.

Johannes Aumüller, Augsburg

Die Fans feierten ausgelassen, aber die entscheidende Frage war: Durften die überhaupt so ausgelassen feiern? Okay, ihre Mannschaft hatte das Relegations-Hinspiel 1:0 gewonnen und war gerade durch Ilkay Gündogan in der 34. Minute des Rückspiels 1:0 in Führung gegangen, und in jedem normalen Verein der Welt wäre klar gewesen, dass nun eigentlich nichts mehr schiefgehen kann in diesem Relegationsduell, dass der Klassenerhalt gesichert wäre.

1. FC Nürnberg Relegation ddp

Feiern auf fränkisch: die Spieler des 1. FC Nürnberg.

(Foto: Foto: ddp)

Doch es waren ja nicht die Fans eines normalen Klubs, die da jubelten, sondern die Fans des 1. FC Nürnberg. Jenes Vereins, der in seiner 110-jährigen Geschichte schon so ziemlich jeden unmöglichen Abstieg mitmachen musste. 1969 stieg er als amtierender deutscher Meister ab, 2008 als amtierender deutscher Pokalsieger. 1994 brachte ihn ein Phantomtor um den Klassenerhalt und 1999 stürzte er am letzten Spieltag vom vermeintlichen sicheren 13. Platz auf einen Abstiegsrang. Da hätte es niemanden gewundert, wenn an diesem Tag der Relegations-Gegner Augsburg die Nürnberger 1:0-Führung noch in ein 3:1 gedreht hätte und der achte Club-Abstieg der Vereinshistorie perfekt gewesen wäre.

Doch dieses Mal fügte sich für die Nürnberger alles zum Guten. Augsburg, nach einer Tätlichkeit von Ibrahima Traoré in der zweiten Hälfte auch noch in Unterzahl, traf nicht mehr, Nürnberg hingegen noch einmal (Foulelfmeter von Eric-Maxim Choupo-Moting, 63. Minute) und sicherte sich so mit einem letztlich souveränen 2:0 den Klassenerhalt. "Eine Relegation ist nichts für schwache Nerven. Kompliment, wie meine Spieler dem Druck standgehalten haben", sagte Nürnbergs Trainer Dieter Hecking nach dem Spiel.

Das ganze Stadion feiert

Weil aber mit dieser Saison unterm Strich nicht nur die Nürnberger, sondern auch die Augsburger zufrieden waren, entwickelten sich nach dem Abpfiff Szenen, die es in deutschen Fußballstadien selten gibt. Nicht nur eine Kurve feierte, sondern das ganze Stadion. Aus der einen Ecke schallte das "Oh, wie ist das schön" und aus der anderen das "Humba, Humba, Tätärä".

Doch während die Fans ausgelassen jubelten, fielen die Feierlichkeiten der Club-Spieler und -Funktionäre eher zurückhaltend aus - vor allem verglichen mit der letztjährigen großen Sause im heimischen Frankenstadion, als Nürnberg schon einmal die Relegation für sich entschieden hatte.

Deutlich war ihnen die Erleichterung anzumerken, nach ihrer schwachen Serie am Saisonende nun doch noch den Klassenerhalt geschafft zu haben. "Diese Relegationsspiele haben einmal mehr gezeigt, wie dicht die letzten drei der ersten Liga und die ersten drei der zweiten Liga zusammen sind. In so einem Relegationsspiel entscheiden dann Nuancen", sagte Nürnbergs Manager Martin Bader.

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Hecking bleibt Trainer

Aber selbst in diesem Moment des Erfolges offenbarte sich beim 1. FC Nürnberg ein Problem, das sich mit ähnlicher Konstanz wie die Abstiegsdramen durch die Vereinschronik zieht: eine - vorsichtig formuliert - Vielstimmigkeit der Verantwortlichen. Der Klassenerhalt war noch keine Viertelstunde perfekt, die Fans draußen im Stadien sangen noch freudetrunken ihre Lieder, da skizzierten Trainer, Manager und Präsident im Innenraum den Journalisten ihre Pläne für die Kaderplanung der Saison 2010/11.

Trainer Hecking sagte: "Ich stelle eine klare Forderung: Wir müssen Qualität hinzubekommen, um uns längerfristig in der Bundesliga zu etablieren. Nur mit jungen Spielern geht es nicht."

Bader baut auf die Jungen

Manager Bader hingegen sagte: "Es ist die Philosophie des 1. FC Nürnberg, mit jungen Spielern zu arbeiten, diese aber punktuell mit erfahrenen Spielern zu ergänzen. Ich glaube, dass die Relegationsspiele gezeigt haben, dass man sich auf die Jungen sehr verlassen kann."

Und Präsident Franz Schäfer wiederum sagte: "Wir schleppen noch aus dem Aufstiegsjahr ein Minus mit uns herum. Wir brauchen noch einige Euro. Ich denke, dass es für einige unserer Spieler Interessenten gibt, und wenn die Preise gut sind ..."

Diese drei Aussagen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen ist wohl ähnlich schwierig wie das Projekt, eine Fanfreundschaft zwischen Nürnberg und Greuther Fürth aufzubauen. Manche Personalentscheidung ist aber auch schon gefallen. Der Vertrag von Dieter Hecking hat sich durch das Erreichen des Klassenerhalts automatisch bis 2011 verlängert.

Kommt Nilsson?

Die weitgehend überzeugenden Leihspieler Breno und Andreas Ottl kehren erst einmal nach München zurück. Thomas Broich, Daniel Gygax und Jawher Mnari verlassen den Club, bei Publikumsliebling Javier Pinola spricht alles für eine Verlängerung seines auslaufenden Vertrages. Als Zugänge stehen die Talente Christoph Sauter (FSV Mainz II) und Almog Cohen (Maccabi Netanya) fest und offenbar ist der Hoffenheimer Per Nilsson ein heißer Kandidat - ein Spieler aus jener Kategorie, wie sie sich Trainer Hecking wünscht.

Am 2. Juni, verriet Präsident Schäfer, steht die Liquiditätsprüfung bei der DFL an. Danach können die Nürnberger ihre weiteren Pläne konkretisieren. Manager Bader formuliert für die neue Spielzeit jedenfalls zwei Ziele: zum einen den Aufbau einer Mannschaft, die ein "Signal an Franken" ist und mit der sich die Club-Fans gut identifizieren können. Zum anderen sportlich der Klassenerhalt. Doch obwohl die Nürnberger nun zwei Jahre in Serie die Relegation für sich entscheiden konnten, ist Abwehrspieler Andreas Wolf sicher nicht allein, wenn er sagt: "Es wäre schön, wenn es diesmal direkt klappen könnte."

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