Bundesliga FC Bayern gegen HSV:Schnaufender Bayern-Express

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Der FC Bayern tritt nach dem 0:0 an der Elbe weiterhin auf der Stelle. Während der Meisterzug abzufahren droht, machen die FCB-Youngster einen vielleicht abhärtenden Transformationsprozess durch.

Martin Sonnleitner, Hamburg

Thomas Müller, 21 Jahre alter Bayer, hat eine grandiose Fußball-Weltmeisterschaft gespielt. Dass es nun wieder um den rauen Ligabetrieb geht, die Mühen der Täler, auch beim FC Bayern, und um den noch nicht gefundenen Rhythmus in der rotweißen Punktesammelmaschine, darüber ist hinreichend berichtet worden. Dass eine Kämpfernatur wie Müller, nach einem hart erarbeiteten 0:0 gegen den Nordrivalen Hamburger SV, abgekämpft ein wenig älter aussieht als sonst, ist dabei normal. Dennoch ist aus der Nähe in seinem zerfurchten Gesicht ein Reifungsprozess erkennbar, die juvenile Euphorie der satten Vorsaison scheint verflogen. Müller wirkt erwachsener, denn diese noch relativ junge Spielzeit zehrt an der mentalen Verfassung. Quo vadis, FC Bayern? Diese Frage wird sich auch der junge Führungsspieler Müller stellen.

Nach dem 0:0 gegen den Hamburger SV: FC Bayern-Spieler Thomas Müller, im Hintergrund Toni Kroos und Philipp Lahm. (Foto: dpa)

"Es ist der Luxus vom FC Bayern, dass wir trotz der ganzen Verletzungen noch eine so schlagfertige Mannschaft auf dem Platz haben", sinnierte der ein wenig kauzige Sympathieträger hernach. Müller bewies, dass er neben Müller-Milch auch für ein mehrere Hundertmillionen Euro schweres Fußballimperium werben kann und reagierte auf eine Aussage seines Präsidenten Uli Hoeneß. Der Bayern-Macher hatte noch vor der Partie knarztrocken ausposaunt, momentan sei ob der prekären Personallage eine Serie nicht möglich.

So führte die bessere bayrische B-Elf zwar türkische und ukrainische Nationalspieler (Altintop, Timoschtschuk), aufstrebende deutsche Bundesadler-Träger (Badstuber, Kroos), doch schnarrte und ächzte der FCB-Zug eher anachronistisch über den Rasen in der HSV-Arena, anstatt wie ein hochfrisierter Intercity-Express Zeit und Raum zu überbrücken. So werden die Wirbelwinde Arjen Robben und Franck Ribéry Woche für Woche schmerzlicher vermisst. Mit hemdsärmligen Sekundärtugenden aus den kruden Achtzigern, als Kämpfen, Rennen, Klotzen gefragt war, werden die Münchner nicht an die mit modernem Tempofußball reüssierenden und an der Tabellenspitze klebenden Dortmunder oder Mainzer heranreichen können.

Während Müller und Altintop für das ligaweit gefürchtete Robben/Ribéry-Gespann auf den Flügeln agierten, versuchte Kapitän Bastian Schweinsteiger immer wieder aus der Defensiv-Zentrale sowohl das Spiel zu ordnen, als auch, ihm Impulse zu geben. Ersteres gelang, fürs Letztere fehlte ihm der spritzige, aber ideenlose Toni Kroos auf der "Zehn" als Sekundant, ebenso wie ein eiskalter Vollstrecker, der Mario Gomez, nach seiner optimalen Ausbeute beim 3:0 gegen Hannover 96 der Vorwoche, einmal mehr nicht war. "Ich bin sehr zufrieden mit dieser Leidenschaft. Aber ich bin nicht zufrieden, dass wir dieses Tor nicht gemacht haben", brummte Bayern-Coach Louis van Gaal emotional sehr neutral.

Die Bayern hätten diesen "Dreier" dringend gebraucht, um von der Stelle zu kommen. Einziger Trost bleibt dennoch, dass mit den Hamburgern alles andere als ein Liga-Leichtgewicht bezwungen werden musste. So war es recht schlau, dass van Gaal seinem Team zunächst eine tiefe Staffelung befahl. Die Hausherren machten zwar Tempo, vermieden aber ebenfalls einen tollkühnen Hurra-Stil, sodass zwar viele Chancen auf beiden Seiten heraussprangen, der zwingende Mut aber fehlte, dem Gegner den vielleicht finalen Stoß zu versetzen. Hamburgs Trainer Armin Veh resümierte treffend: "Das Spiel ist schwer zu analysieren, es war taktisch geprägt. Beide Teams hatten hohe Qualität, wollten aber nicht in Konter laufen." Dass Jonathan Pitroipa in der 81. Minute komplett freistehend nur den Pfosten traf, dürfte Veh dabei das ärgste Magengrimmen bereitet haben.

Während der HSV es ebenfalls versäumte, sich mit einem Sieg nach oben abzuheben, wagte Müller derweil einen Blick in die nahe Zukunft der Münchner: "Klar treten wir mit dem Punkt auf der Stelle, aber in Hamburg kann man damit leben. Nun müssen wir eben gegen Freiburg und Gladbach gewinnen." Im besten Fall kann van Gaal dann auftrumpfen. Mit einem A-Kader und erwachsen gewordenen Youngstern.

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