Bundesliga:Dröge und zäh in den Tabellenkeller

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Auf der Suche nach dem Erfolgserlebnis: Mario Gomez gegen Mainz. (Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Der VfL Wolfsburg trifft beim 0:0 gegen Mainz schon wieder das Tor nicht. Stürmer Mario Gomez glaubt mittlerweile an höhere Mächte.

Javier Cáceres, Wolfsburg

Als die Partie vorüber war, entlud sich der Frust der Fans des VfL Wolfsburg in einem gellenden Pfeifkonzert. Ein weitgehend dröges und vor allem torloses Unentschieden mit Mainz 05 hatten die 25 000 Fans in der Wolfsburger Arena gesehen, was die bisherige Bilanz der VW-Tochter überaus verbesserungswürdig macht. Sechs Punkte aus ebenso vielen Spielen, nunmehr fünf Partien ohne Sieg, dazu am vergangenen Wochenende eine enttäuschende Leistung bei Werder Bremen: Der Quell des Verdrusses ist fast so unerschöpflich wie die Liste der Verfehlungen des Volkswagen-Konzerns, der affärenumtosten Muttergesellschaft des VfL.

"Das Ergebnis ist nicht das, was wir uns vorgestellt hatten", sagte der etwas ratlos dreinblickende VfL-Trainer Dieter Hecking, der ohnmächtig dabei zusehen muss, wie der Abstand zu den Plätzen, die eine Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb verheißen, bedrohlich groß wird. "Das Loch ist da, wir können die Tabelle lesen", sagte der Coach. Gegen die Rufe, die der Mannschaft mangelnden Opferbereitschaft vorhielten, nahm er sein Team aber - so wie Manager Klaus Allofs - ausdrücklich in Schutz. "Von der Einstellung her kann ich meiner Mannschaft überhaupt keinen Vorwurf machen", sagte Hecking.

Wolfsburg kam zu etlichen Chancen

In der Tat war den Wolfsburgern immerhin anzumerken, dass sie sich nach der indiskutablen Leistung in Bremen in Regresspflicht sahen. Gegen die Mainzer, die am Donnerstag noch in der Europa League im Einsatz und bei einem Verein namens FK Qäbälä aus Aserbeidschan siegreich waren (3:2), zeigten sie zunächst Präsenz, Zweikampfstärke und Aggressivität - und kamen, auch wenn 90 Minuten lang spielerischer Glanz fehlte, zu etlichen Chancen.

In der 4. Minute musste der Mainzer Schlussmann Jonas Lössl einen Freistoß von Ricardo Rodríguez parieren, zwei Minuten später hatte er Glück, als Jeffrey Bruma im Anschluss an einen Eckstoß aus sechs Metern neben das Tor zielte. Für die spektakulärste Szene sorgte Wolfsburgs Kapitän Jakub Blaszczykowski. Im Anschluss an eine Ecke jagte er den Ball volley aus 14 Metern aufs Tor der Mainzer; Lössls Faustabwehr tropfte in hohem Bogen auf die Querlatte. Dem hatte Mainz neben dem einem oder anderen vielversprechenden Konter eigentlich nur einen Distanzschuss von Karim Onisiwo (25.) entgegenzusetzen.

Dieter Hecking baut die Abwehr um

Die Mainzer hatten erkennbar mit der Müdigkeit zu kämpfen, die aus dem Europa-League-Trip erwuchs. Da half es nur wenig, dass der Mainzer Trainer Martin Schmid Giulio Donati, Jean-Philippe Gbamin, Levin Öztunali, Onisiwo und Jhon Córdoba gleich fünf neue Spieler gebracht hatte. Zudem stand Wolfsburg defensiv besser als zuletzt. Es machte sich bezahlt, dass Trainer Hecking den portugiesischen Europameister Vierinha und vor allem Innenverteidiger Philipp Wollscheid, der von Stoke Cirty kam, nicht mal in den Kader berufen hatte. Statt Vieirinha spielte der fleißige Christian Träsch eine gute Rolle auf der rechten Außenbahn, Robin Knoche verlieh der Innenverteidigung größere Stabilität.

Träsch war es auch, der die erste gute Szene nach der Pause einleitete. In der 50. Minute legte er dem immer noch torlosen National-Mittelstürmer Mario Gomez den gefühlt ersten richtig guten Ball der Saison auf - doch Gomez' Rechtsschuss strich knapp am rechten Pfosten vorbei. Sieben Minuten später köpfelte Gomez nach einer Flanke von Julian Draxler den Ball auf den Körper eines Mainzer Verteidigers. In der 66. Minute stand Gomez dann wieder einmal einen Meter einschussbereit vor dem Tor - und musste hilflos mit ansehen, wie Keeper Lössl eine gute Hereingabe von Draxler mit einer Hand wegwischte.

"Im Moment will der Ball nicht über die Linie und das ist ein großes Problem"

Ob er allmählich an höhere Mächte glaube, die ihm ein Tor verweigern, wurde Gomez hinterher gefragt, und er entgegnete: "Ich glaube jetzt dran." Er habe in seiner Karriere "noch nie" eine Lage erlebt, in der so viele Chancen vergeben wurden - sowohl Gomez wie auch Hecking zitierten eine Statistik, nach der Wolfsburg die Bundesliga-Mannschaft mit den drittmeisten Chancen ist. Mit bitterironischem Unterton ließ er einem selbstkasteienden Zweifel laut werden. "Ist es Unvermögen? Ist es Pech? Wir müssen es herausfinden."

Was auch immer es ist, wie anhand von Julian Draxler zu beweisen war, ist es infektiös: Nachdem ihn Paul Seguin mit einem schönen Pass in den freien Raum bedient hatte und er Torwart Lössl an der Strafraumbegrenzung ausgespielt hatte, schaffte es Giulio Donati noch, den Ball fast von der Linie zu kratzen. "Im Moment will der Ball nicht über die Linie und das ist ein großes Problem", ärgerte sich Draxler.

Diese Szene spielte sich just zu dem Zeitpunkt ab, da von den Rängen ein Ruf hallte, der tatsächlich einigermaßen absurd anmutete. "Wir wollen Euch kämpfen sehen", brüllten die Wolfsburger Fans, als ob es den Spielern ihrer Mannschaft am Willen zur Aufopferung gemangelt hätte. In Wahrheit fehlte es den Hausherren zu häufig die Präzision beim letzten Pass, so dass die Partie zunehmend zu einer überaus zähen Angelegenheit verkümmerte. Der Elan der Anfangsphase war fort, die Zweifel wurden bei den Wolfsburgern mit jeder Minute größer, während die Mainzer sich erkennbar mit einem Punkt zufrieden gaben. "Wir haben zwei Punkte verschenkt", sagte Draxler.

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