Bundesliga:Dortmund gegen den HSV: Sieg der 17-Jährigen

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Pulisic feiert sein Tor zum 1:0.

(Foto: AFP)

Trainer Tuchel schont Stammkräfte und setzt auf den Nachwuchs. Trotzdem gewinnt der BVB 3:0 gegen den HSV - der noch dazu seinen Torwart durch einen Platzverweis verliert.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Von "Freude", "Fleiß" und "Zufriedenheit" sprach Thomas Tuchel am Sonntagabend, der Dortmunder Trainer war froh, dass seine Mannschaft durch ein 3:0 (2:0) gegen den Hamburger SV jenen Schmerz lindern konnte, den sie am Donnerstag beim Europa-League-Aus in Liverpool erlitten hatte. "Wir haben kompromisslos gespielt", lobte Tuchel. Vor allem aber haben am Ende elf Dortmunder gegen neun Hamburger gespielt, weil HSV-Torwart René Adler erst nach einer Notbremse Rot gesehen hatte (52.) und dann für den verletzt ausgeschiedenen Albin Ekdal kein Wechsel mehr verfügbar war (78.). Von "Selbstmitleid", "Zweifeln" und "Verrat" hatte Tuchel vor dem Spiel gesprochen und damit bei Kulturschaffenden im Ruhrgebiet Lust auf ein Drama Shakespear'schen Ausmaßes geweckt. Dass die Aufführung dann nur Hamburger Drama und null Shakespeare bot, war den BVB-Fans angesichts des Sieges herzlich egal.

Tuchels dramatische Wortwahl vor dem Spiel hatte ja auch nur vorsorglichen Charakter gehabt. Ohne Selbstmitleid und Zweifel wollte er seine Spieler nach dem Trauma in Liverpool gegen den HSV sehen, und alles andere als der Versuch einer Bestleistung, so Tuchel, wäre trotz des bereits feststehenden zweiten Platzes ein "Verrat an unseren Prinzipien" gewesen. Allerdings hatte sich zum Spielbeginn die Frage gestellt, wie viele Prinzipien überleben, wenn die Startelf nahezu komplett ausgetauscht wird.

Tuchel rotiert kräftig durch

Aus der Startformation vom Donnerstag hatten nur Mats Hummels, Gonzalo Castro und Shinji Kagawa erneut einen Platz erhalten, Henrikh Mkhitaryan, Marco Reus und Lukasz Piszczek standen nicht einmal im Kader, Pierre-Emerick Aubameyang saß zunächst nur auf der Bank. Sie alle wurden fürs Pokal-Halbfinale am Mittwoch in Berlin geschont. Auf dem Rasen standen stattdessen die beiden 17 Jahre alten Christian Pulisic und Felix Passlack. Die Kinder der Einlauf-Eskorte waren auch nicht viel jünger. Dortmunds Rotation zeigte Wirkung, aber zunächst nicht so, wie Tuchel sich das erhofft hatte. Seine Spieler ließen es an Aggressivität vermissen und eröffneten den vorsichtig beginnenden Hamburgern Räume. Nicolai Müller mit einem Flachschuss (14.), Ivo Ilicevic per Kopfball (17.) und vor allem der kurz zuvor für den verletzten Pierre-Michel Lasogga eingewechselte Sven Schipplock (36.) erhielten nach Dortmunder Fehlern prächtige Möglichkeiten zur Führung. Doch die Art und Weise, wie sie diese Gelegenheiten vergaben, war erstens kläglich und zweitens der Grund dafür, warum die Hamburger auch nach diesem fünftletzten Saisonspiel nur drei Punkte Vorsprung vor Rang 16 besitzen. Am Freitag spielen sie ohne den gesperrten Adler just gegen den Sechzehnten, gegen Werder Bremen: ein Keller-Nord-Sechs-Punkte-Derby. "Wir müssen jetzt Ruhe bewahren", sagte HSV-Trainer Bruno Labbadia. Natürlich war es am Sonntag dann einer der 17-Jährigen, der Dortmunds Sieg einleitete. Der Amerikaner Pulisic erzielte in der 38. Minute, nachdem ihm Hummels den Ball zugesteckt und er selbst noch schnell Schipplock umkurvt hatte, mit seinem ersten Bundesligator das 1:0 für den BVB. "Ein überragendes Gefühl", sagte Pulisic später. Bloß sechs Minuten gewährten die Dortmunder den Hamburgern danach, um diesen Schreck zu verdauen - ehe sie ihnen einen noch größeren einjagten. Das 2:0 durch Adrian Ramos stellte das Chancenverhältnis der ersten Halbzeit auf den Kopf - und gab Dortmund früh Sicherheit. Tuchels Plan war doch aufgegangen. Kurz nach der Pause wurde das Spiel dann zum kleinen Drama für den HSV. In der 52. Minute eilte Torwart Adler aus seinem Strafraum, um den von Ramos steil geschickten Kagawa zu stoppen. Er stoppte ihn auch wirklich - allerdings ohne Ball - und sah deshalb Rot. Die Gastgeber spielten fortan in Überzahl, HSV-Profi Gojko Kacar verließ den Rasen, um Platz für Ersatztorwart Jaroslav Drobny zu machen. Zehn Minuten vor dem Ende musste beim HSV auch noch der verletzte Ekdal vom Feld, und weil Labbadia bereits drei Mal gewechselt hatte, spielten die Hamburger zu neunt und mit einem rudimentären 4-4-0-System zu Ende. Den letzten Stich wollten die enttäuschten HSV-Fans setzen, spöttisch sangen sie "Europapokal, Europapokal", um die Dortmunder doch noch einmal schmerzlich an Liverpool zu erinnern. Aber der Spott verstummte, als Ramos vier Minuten vor Schluss zum 3:0 traf.

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