Bundesliga:Die Grenzen des Hoffenheimer Konzepts

V li Riesenchance für Mark Uth Hoffenh zum 2 0 Ralf Fährmann Schalke hält 1899 Hoffenheim FC; Uth

Torgefährlich gegen die künftigen Mitspieler: Mark Uth versucht die Schalker Naldo (im Hintergrund) und Ralf Fährmann zu überwinden.

(Foto: Ralf Poller/Imago)
  • Angreifer Mark Uth wechselt im Sommer ablösefrei von der TSG Hoffenheim zu Schalke 04.
  • Für Hoffenheim ist es nach dem Abgang von Sandro Wagner zum FC Bayern der nächste Verlust im Sturm. Auch der ausgeliehene Serge Gnabry kehrt im Sommer wohl nach München zurück.
  • Ein vierter Tabellenplatz wie zuletzt ist die Ausnahme, nicht die Regel. Das wissen Spieler wie Uth, und auch der ehrgeizige Trainer.

Von Tobias Schächter, Hoffenheim

Vor wenigen Tagen gab Dietmar Hopp dem Vereinsmagazin der TSG Hoffenheim ein Interview, das in Wahrheit eine Grundsatzrede war. Titelambitionen? Sorry, sagte der TSG-Gesellschafter, dafür sei er nicht der Richtige. Ein einstelliger Tabellenplatz würde ihn "happy" machen. Dass man dann die graue Maus bleibe, müsse man aushalten. Das Geschäftsmodell der TSG sei es, Spieler zu entdecken, auszubilden und dann zu verkaufen. Im Schnitt müsse der Klub pro Jahr fünf bis zehn Millionen Euro Transferüberschüsse erwirtschaften, rechnete Hopp vor und sagte, er habe seit 2012 kein zusätzliches Geld "einschießen müssen".

Manchmal, sagte der 77 Jahre alte Milliardär und SAP-Mitgründer, müsse man allerdings auch riskieren, dass ein Spieler ablösefrei wechsle - so wie im vergangenen Sommer Sebastian Rudy zum FC Bayern. Dann äußerte sich Hopp zu Mark Uth.

Der 26-Jährige war in der Hinrunde mit zwölf Toren und drei Vorlagen in 23 Pflichtspielen der beste TSG-Angreifer. Ein Blick auf dessen Torquote zeige, sagte Hopp, dass es sich gelohnt habe, Uth im Sommer zu halten. Damals hätten die Hoffenheimer den Linksfuß für einen zweistelligen Millionen-Betrag an den 1. FC Köln verkaufen können. Bei der TSG versuchten sie zuletzt, Uths Vertrag zu verlängern. Vergeblich. Am Dienstag gab die TSG bekannt, dass der Stürmer im Sommer zum FC Schalke 04 wechseln wird. Ablösefrei.

Der Wechsel sei für ihn der "nächste richtige Schritt", sagt Uth

Es ist ein Transfer, der verdeutlicht, dass der Klub tatsächlich das ist, was Hopp in ihm sieht: ein Ausbildungsverein. Ein Verein also, der ein Sprungbrett für eine größere Karriere darstellen kann. Und daher kein Verein, der selbst schon eine lange, ruhmreiche Karriere verspricht.

Uth, über den Trainer Julian Nagelsmann sagt, er gehöre im Bereich Abschlussqualität unter die Top 5 in der Bundesliga, erklärte, der Wechsel sei für ihn der "nächste richtige Schritt". Einst in seiner Heimatstadt Köln beim FC verkannt, spielte sich Uth von 2015 an in Hoffenheim in den Fokus. Bei Schalke sieht er nun bessere Perspektiven - dabei liegt der Klub vor dem Rückrundenstart am Wochenende als Tabellenzweiter nur vier Punkte vor der TSG, dem Tabellensiebten.

Die Hoffenheimer blicken zwar auf das erfolgreichste Jahr ihrer Vereinsgeschichte zurück, aber ein vierter Tabellenplatz wie zuletzt und die damit verbundene Europapokal-Teilnahme ist die Ausnahme, nicht die Regel. Das wissen Spieler wie Uth, und auch der ehrgeizige Trainer. Uth, so ist zu hören, erhofft sich auf Schalke eine Aufbruchsstimmung mit dem Trainer Domenico Tedesco - und dadurch auch, dauerhaft international spielen zu können. Angebote aus England und Italien schlug er aus, Gladbach war beim Gehaltspoker ausgestiegen.

Auch Mittelfeldtalent Amiri könnte Hoffenheim verlassen

Ausbildungsverein zu sein, das klingt niedlich, ist aber in Wahrheit: anstrengend. In Hoffenheim haben sie diesen Weg gewählt, nachdem Hopp nach dem Bundesligaaufstieg 2008 und einigen teuren Fehlinvestitionen weniger Geld bereitstellen wollte. Seither lautet das Motto: Erfolg ja, aber nicht um jeden Preis.

Im Erfolg spüren die Hoffenheimer die Grenzen dieses Konzepts besonders schmerzhaft. Im Sommer wechselte neben Rudy auch Niklas Süle, der erste in der TSG-Akademie ausgebildete Nationalspieler, für 20 Millionen Euro zum FC Bayern. Zum Jahreswechsel ließ der Klub auch Sandro Wagner für 13 Millionen Euro nach München ziehen - wohl schon im Wissen, dass Uth im Sommer ablösefrei gehen wird.

Dann, so sieht es zumindest die Vereinbarung vor, wird auch der von den Bayern ausgeliehene Stürmer Serge Gnabry endgültig nach München wechseln. Im Angriff werden die Hoffenheimer sich also bald komplett erneuern müssen. Zumal auch das Mittelfeldtalent Nadiem Amiri dank einer kolportierten Ausstiegsklausel für 17 Millionen Euro den Klub verlassen könnte. Und auch Benjamin Hübner, Kerem Demirbay oder Andrej Kramaric sind begehrt.

Das Kommen und Gehen von Spielern gehöre in Hoffenheim zum Prinzip, erklärt Sportchef Rosen tapfer, und verweist auf die Beispiele der Stürmer Roberto Firminio (2015 für 41 Millionen nach Liverpool) und Kevin Volland (2016 für 20 Millionen nach Leverkusen). Auch sie galten als unersetzlich, bevor sie durch Uth und Wagner ersetzt wurden. Nun gilt es schon wieder, die nächste Stürmergeneration zu finden. Man darf gespannt sein, wie Nagelsmann den sich abzeichnenden Neuanfang im Sommer annimmt. Zu dessen Zukunft sprach Hopp übrigens ein Machtwort: Bevor dessen Ausstiegsklausel 2019 greife, dürfe Nagelsmann den Verein nicht verlassen. Zumindest den begehrtesten Trainer der Liga will Hoffenheim noch ein bisschen halten.

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