Bundesliga:Der junge Walace verzückt ganz Hamburg

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Vitalisiert den Hamburger SV: der Brasilianer Walace. (Foto: REUTERS)
  • Im Winter kam der Braslianer Walace aus Porto zum HSV - und zeigt sofort starke Leistungen.
  • Die Geschichte der Südamerikaner beim HSV war bislang voller Bitterkeit.
  • Angeblich ist schon die halbe Premier League hinter Walace her.

Von Carsten Scheele

"Wo-le-ssi", mit einem stummen "a" vor dem "l" - so wird der neue Brasilianer des Hamburger SV ausgesprochen. Der Mittelfeldspieler Walace hat mit dem berühmten Filmemacher Edgar Wallace rein gar nichts zu tun, und trotzdem versetzt er die Hamburger in Erstaunen. Zum einen, weil Walace, 21, erst im Winter von Porto Allegre verpflichtet wurde und sofort gute Leistungen zeigt. Vor allem aber, weil er Südamerikaner ist.

Der HSV und seine Südamerikaner, es war bislang eine Geschichte voller Bitterkeit. Vom Kontinent auf der Südhalbkugel kommen nachweislich einige der besten Kicker der Welt. Nur schien es, als hätten sich die Hamburger immer die anderen rausgepickt. Spieler aus Brasilien oder Argentinien, die nach Hamburg kamen, kosteten meistens viel Geld, brachten sich aber selten in die Mannschaft gewinnbringend ein.

Der erste Südamerikaner beim HSV war Wladomir Pacheco Buca, ein Mittelfeldspieler aus Sao Paulo, der 1979 kam, in anderthalb Jahren unter Trainer Branko Zebec aber es gerade mal auf 45 Minuten Einsatzzeit brachte. Er ging später nach Hannover, wo er ebenfalls nicht spielte. Später wurden die Namen prominenter, die Ablösesummen höher - wirklich glücklich wurde der HSV mit seinen Einkäufen aus Südamerika trotzdem nicht.

Da war der Stürmer Nando, der 1989/90 zwar dreimal in seinen ersten beiden Spielen traf, später aber gewaltig nachließ und es kaum noch in den Bundesliga-Kader schaffte. Oder Abwehrspieler Alex Silva, der 2008 kam und 6,5 Millionen Euro kostete, aber in drei Jahren nur 17 Mal auflief. Noch teurer war Thiago Neves, der Mittelfeldspieler, der sogar neun Millionen kostete. Sein Arbeitsnachweis: sechs Einsätze, nach einem halben Jahr war er wieder weg. Heute kickt Thiago Neves in Abu Dhabi.

Es war schon auffällig, dass einige Bundesliga-Konkurrenten immer wieder Glück mit ihren Kontakten in Südamerika hatten - und der HSV eben nicht. Zuvorderst die Leverkusener, die in Jorginho, Emerson, Zé Roberto oder Lucio einige der prägenden Bundesligaspieler entdeckten, die anschließend meist beim FC Bayern landeten. Der VfB Stuttgart hatte mit Giovane Elber riesiges Glück, selbst der 1. FC Kaiserslautern konnte stolz sein, einen wie Ratinho in die Pfalz gelockt zu haben.

Die Hamburger hatten weniger Fortune. Sie leisteten sich den Argentinier Juan Pablo Sorin, der sich bald eine schwere Knieverletzung zuzog und elf Monate ausfiel. Der Peruaner Paulo Guerreiro blieb immerhin sechs Jahre, hatte seine prägendste Situation aber, als er einem HSV-Fan im Zorn eine gefüllte Plastik-Trinkflasche an den Kopf warf. Die Geldstrafe war drastisch, sogar die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf.

Manches Hamburger Transfer-Unglück war dabei absehbar: Dass Ailton, der bei Werder Bremen einst große Erfolge feierte, 2006 schon über seinen Zenit war, konnte jeder sehen. Der HSV lieh ihn dennoch aus, Ailton absolvierte 13 Spiele, traf kaum. Im letzten Saisonspiel, es ging um Platz zwei zwischen dem HSV und Werder, schoss er aus wenigen Metern am leeren Tor vorbei. Trotzdem wurde er per Internet-Voting zum "HSV-Spieler der Saison" gewählt - von Bremer Fans, die sich einen Spaß daraus machten.

So bleibt als positives Beispiel nur Zé Roberto, der nach seiner Münchner Zeit zwei Jahre in Hamburg dranhängte und auch beim HSV absoluter Leistungsträger war. Und mit Abstrichen vielleicht Rodolfo Cardoso, der sogar Interimscoach wurde. Nun ist Walace da. Der Zehn-Millionen-Mann, noch vom mittlerweise fortgelobten Sportchef Dietmar Beiersdorfer verpflichtet, war gar nicht als Soforthilfe vorgesehen, hat sich dennoch in die Mannschaft gespielt.

Im ersten Spiel, beim Überraschungssieg bei RB Leipzig, köpfte er das 2:0, anschließend kam von Kumpel Neymar (FC Barcelona) eine Glückwunsch-SMS. Am Samstag beim FC Bayern soll er mithelfen, dass sich die Niederlage diesmal in Grenzen hält. Bleibt die Sorge, dass Walace zu gut für den HSV sein könnte: Angeblich ist schon jetzt die halbe Premier League hinter ihm her.

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