Bundesliga:Der HSV fürchtet die große Frust-Randale

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Nach dem Spiel gegen Leverkusen Mitte Februar gingen Polizisten mit Hunden durch den Innenraum des Hamburger Stadions. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Das Heimspiel des Hamburger SV am Samstag gegen Mainz 05 wurde zum "Risikospiel" ausgerufen.
  • Zwischen dem Verein und Teilen der Ultra-Fans ist es zum Bruch gekommen.
  • Erst im Januar brummte der DFB dem HSV wieder 30 000 Euro Strafe auf wegen Pyro-Einsätzen gegen Hannover, Schalke 04 und Eintracht Frankfurt.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Als Eintracht Frankfurt 2011 aus der Bundesliga abstieg, feierten einige sogenannte Fans trotzdem - mit einem Plakat, das sie als "Deutscher Randalemeister 2011" würdigte. Sie hatten in den Wochen zuvor allerlei veranstaltet. Ein Spiel wurde wegen Ausschreitungen mit halbstündiger Verspätung angepfiffen. Und bei einer Blockade, mit der sie die Mannschaft für eine Niederlage rabiat zur Rede stellen wollten, gab die Polizei einen Warnschuss ab - die Eintracht-Ultras revanchierten sich beim nächsten Spiel mit einem Platzsturm.

Im schlimmsten Fall könnte sich Ähnliches nun beim Hamburger SV wiederholen. Der Klub, der noch nie zweitklassig war, stellt sich sowohl sportlich als auch im Zusammenhang mit seinen schwierigsten Zuschauern auf das Schlimmste ein. Das Heimspiel des Tabellenvorletzten am Samstag gegen den Drittletzten Mainz 05 wurde zum "Risikospiel" ausgerufen. Und das nicht nur, weil sich entscheidet, ob der HSV mit einem Sieg noch eine Restchance auf den Klassenerhalt behält.

Der folgenreiche Bruch zwischen Verein und einem Teil der Ultra-Fans

Risiko-Spiel heißt: Gästefans dürfen nur über den Eingang Süd-West ins Stadion kommen. Verfügt wurde auch, dass im Stadion nur alkoholfreies Bier ausgeschenkt wird. Wie stark der erhöhte Einsatz von Polizei und anderen Ordnungskräften sein wird, wird gerade verhandelt. Und ob auch Wasserwerfer in Stellung gebracht werden, darüber wird ebenfalls spekuliert. Grund ist der Auftritt sogenannter HSV-Fans zuletzt beim Nordderby in Bremen. Nach einer brandgefährlichen Pyroshow, die zu einer dreimaligen Spielunterbrechung geführt hatte, nahm die Polizei von 38 Tatverdächtigen Personalien auf. Sie müssen sich wegen Raub, Landfriedensbruch und Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz vor Gericht verantworten.

HSV-Chef Heribert Bruchhagen, der 2011 Vorstand der Eintracht war, fühlt sich stark an die aufgeheizte Stimmung in Frankfurt erinnert: "Wir können nur an die selbstzerstörerischen Elemente im HSV appellieren, ihrem eigenen Klub keinen Schaden zuzufügen", sagte er dem Abendblatt. Vorstandskollege Frank Wettstein sprach von einer "Null-Toleranz-Haltung" gegenüber jenen Zuschauern, die sich nicht an die Stadionordnung halten.

Den Dialog hat der HSV fast abgebrochen. In den Heimspielen können jetzt einige Missetäter mit mobiler Kameratechnik ausfindig gemacht werden. Danach könnte ihnen der Klub die DFB-Strafe für Pyro-Auftritte in Rechnung stellen - zumindest theoretisch. Die neue Ausrüstung war eine Auflage neben der 45 000-Euro-Strafe vom Sommer 2017, als der Verein für Vorfälle bei den DFB-Pokalspielen in Halle und Zwickau verurteilt worden war.

Der Bruch zwischen Verein und einem Teil der Ultra-Fans ist auch deshalb so folgenreich, weil die Unterstützung jener Anhänger abnimmt, die jahrelang selbst bei schlechten Spielen das Team unterstützten. 2500 Zuschauer weniger kamen in dieser Saison, der Negativ-Trend verstärkte sich zuletzt. Manch einer hat dem HSV die Freundschaft inzwischen gekündigt wie unlängst jener Fan, der seine Mitgliedskarte durchschnitt mit den Worten: "Das ist nicht mehr mein Verein." Umso schlechter die Leistungen auf dem Platz wurden, desto mehr passierte abseits des Rasens. Erst im Januar brummte der DFB dem HSV wieder 30 000 Euro Strafe auf wegen Pyro-Einsätzen gegen Hannover, Schalke 04 und Eintracht Frankfurt. Also gegen jene Frankfurter, denen man als "Randalemeister 2018" und Absteiger folgen könnte.

Übrigens: Ein öffentlichkeitswirksames Materialverbot gegen die Ultras - etwa von Schwenkfahnen und Spruchbändern - hat der Klub vor nicht einmal einem Jahr wieder einkassiert. So konnte jüngst auch ein grenzüberschreitendes Plakat an die Profis aufgehängt werden ("Ehe die Uhr ausgeht, jagen wir euch durch die Stadt"). Noch vor fünf Jahren hat der HSV Probleme mit Fans anders gelöst: Etwa mit einem Grillfest, bei dem sich die Mannschaft für die desaströse 2:9-Niederlage beim FC Bayern entschuldigte.

© SZ vom 01.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Von Jörg Marwedel

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