Bundesliga:"Der Ball war heute ein Schalker Freund"

FC Schalke 04 v Borussia Moenchengladbach - Bundesliga

Ohren zu: Breel Embolo nach seinem Tor.

(Foto: Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Von Ulrich Hartmann, Gelsenkirchen

Wunderheilungen tragen ihr charakteristisches Merkmal im Namen. Die überraschende Genesung des FC Schalke 04 ging am Sonntagabend zwischen 18.38 und 18.45 Uhr vonstatten, nachdem es zuvor 51 Spielminuten lang überhaupt nicht so ausgesehen hatte, als sollte es den Gelsenkirchenern nach dem Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach besser gehen als zuvor. Königsblau schimmerte nach einer zunächst mauen Vorstellung nur noch mattblau, als ein zweifelhafter Elfmeter in der 52. Minute ihre Blitzheilung einleitete. Drei Treffer binnen sechs Minuten brachten Schalke den ersten Saisonsieg ein. "S04 ist wieder da", sangen die Schalker Fans um 18.49 Uhr, da war das Spiel noch lange nicht vorbei. Am Ende feierte man in Gelsenkirchen-Buer singend und klatschend ein allzu hohes 4:0 (0:0) als Befreiungsakt. Schalke sprang auf den drittletzten Platz und überließ den letzten Rang dem Hamburger SV.

"Eine Riesenerleichterung", empfand der Trainer Markus Weinzierl. "Leidenschaft und die Fähigkeit, den inneren Schweinehund zu überwinden", nannte er als maßgebliche Gründe für den Sieg. "Wir haben in einer kritischen Phase 4:0 gegen Gladbach gewonnen", sagte er im Stile eines Nachrichtenmoderators, der Breaking News zu vermelden hatte. Für Gladbachs Mittelfeldspieler Christoph Kramer hingegen war die Angelegenheit viel nüchterner, und der Grund schlichtweg jener, "dass wir nach dem Elfmeter zu schnell und zu sehr zurück ins Spiel kommen wollten und in der Hektik den Faden verloren haben."

"Die negative Stimmung von außen wollen wir gar nicht hören"

Die erste Halbzeit war ein Fest für Freunde des statischen Fußballs gewesen. Die Gladbacher Nico Elvedi, Yannik Vestergaard und Tony Jantschke spielten als Dreierabwehrkette den Ball gefühlte 8000 Mal hin und her, weil ihnen die drei aufdringlichen Schalker Vorstopper Breel Embolo, Leon Goretzka und Eric-Maxim Choupo-Moting den Weg nach vorne gleich in erster Instanz verwehrten. Dann und wann fanden die Gladbacher zwar mal eine Lücke im pressenden Schalker 4-3-3, aber sie machten nichts daraus - und auch wenn sie den Ball in ihrem lethargisch anmutenden Spielaufbau verloren, erwiesen sich die Schalker mit ihren sehr selektiven Vorstößen als zu großzügig. So stand es zur Halbzeit nullzunull, obwohl Schalkes Alessandro Schöpf zu Spielbeginn und Vestergaard kurz vor der Pause per Kopfball nach einer Ecke gute Gelegenheiten erhalten hatten. Doch von einem Spiel, in dem für beide Parteien die Torlosigkeit oberste Priorität besaß, durfte man mehr Spektakel wohl nicht erwarten.

Gladbachs Trainer André Schubert aber hatte offenbar doch mehr erwartet, er brachte zu Beginn der zweiten Halbzeit nämlich Lars Stindl für Vestergard und zog Andreas Christensen ins Zentrum der Dreierkette zurück. Das schien sich zunächst auszuzahlen, weil die Gladbacher wirklich mehr Druck machten, aber ein Ballverlust ausgerechnet von Stindl war in der 51. Minute der Ausgangspunkt für einen Schalker Angriff, bei dem Gladbachs Ibrahima Traoré im eigenen Strafraum zu unbedarft gegen Choupo-Moting vorging und dafür vom Schiedsrichter Sascha Stegemann mit einem Foulelfmeter bestraft wurde. Diesen Strafstoß verwandelte Choupo-Moting in der 52. Minute zum 1:0 und gab seiner Mannschaft damit offenbar den Kick, den sie brauchte. Sead Kolasinac bereitete gerade mal vier Minuten später nämlich schon das 2:0 vor.

Der 20-Millionen-Einkauf Breel Embolo erzielte sein erstes Bundesligator und hielt sich im Jubel demonstrativ beide Ohren zu. "Die negative Stimmung von außen wollen wir gar nicht hören", erklärte er hinterher. Zum Umgang mit der Kritik in den letzten Wochen sagte er: "Schwer war es nicht, aber es war neu für mich. Ich habe das noch nie erlebt. Die Mannschaft stand hinter mir und der Trainer hat mir viel Vertrauen gegeben. Auf dem Platz sind wir eine eingeschworenen Einheit. So müssen wir weitermachen."

Auswärts fehlt Gladbach die Leidenschaft

Gladbach jedenfalls fiel jetzt zusammen wie ein Soufflé im Zug. Leon Goretzka erzielte in der 58. Minute schon das 3:0. Binnen sechs Minuten hatten die Gastgeber drei Tore erzielt in einem Spiel, in dem sie zuvor 51 Minuten lang nicht den Eindruck gemacht hatten, überhaupt ein Tor schießen zu können. 14 Bundesligaspiele mit nur einem Sieg dauert die Gladbacher Auswärtsmalaise nun schon an. In fremden Stadien mangelt es dieser Mannschaft an jenem Adrenalin, das sie in ihren Heimspielen offenbar komplett aufbraucht. Drei Minuten vor dem Ende erzielte Embolo den 4:0-Endstand.

"Wir waren eigentlich die Mannschaft gewesen, die Fußball spielt, aber Schalke hat halt die Tore gemacht, und das war der Unterschied", sagte Schubert hernach. "Der Ball war heute ein Schalker Freund", sagte der Manager Max Eberl, als habe sich das Spielgerät gegen seinen Klub verschworen. Aber das war es natürlich nicht. Während die Schalker ihre Chancen effektiv genutzt haben, konnten die Gladbacher ihre taktische Anfälligkeit einmal wieder nicht kompensieren, weil ihnen auswärts oft jene Leidenschaft fehlt, die sie in Heimspielen zumeist beweisen. Dieser Umstand kam den Schalker sehr entgegen. "In Augsburg müssen wir aber nachlegen", forderte der Manager Christian Heidel, "denn wir haben auch jetzt erst drei Punkte, und mit drei Punkten steigst du ab."

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