Bundesliga:Bremen in der Krise: Es wird eng für Skripnik

Werder Bremen - FC Augsburg

Erhält eine Arbeitsplatzgarantie bis zum Ende der Saison: Werder Bremens Trainer Viktor Skripnik.

(Foto: Carmen Jaspersen/dpa)

Werder Bremen steht plötzlich auf dem Relegationsrang, der Verein reagiert und beruft ein Krisensitzung ein. Trainer Skripnik sagt: "Ich entlasse mich nicht selbst!"

Von Stefan Rommel, Bremen

Viktor Skripnik wusste, dass die Frage kommen würde. Zu groß waren die Schäden, die dieses 1:2 (1:0) gegen den FC Augsburg in der Gemütslage aller Fans in Grün und Weiß angerichtet hatte. Zu gereizt war die Stimmung im Weserstadion, so gereizt wie seit gefühlten Jahrzehnten nicht mehr in Bremen, und Skripnik, der Bremer Trainer und frühere Spieler, ist ja selbst gefühlt seit Jahrzenten da. Die Ostkurve hatte die Mannschaft mit wüsten Beschimpfungen in den Feierabend entlassen, und drinnen im Bauch des Stadions stand im Prinzip nur noch eine zentrale Frage im Raum: Wie lange darf Skripnik noch bleiben?

Der Ukrainer Skripnik, der gut gelaunt durchaus witzige Antworten in der Pressekonferenz geben kann, war sichtlich gereizt. Seine Antwort auf die Frage: "Ich entlasse mich nicht selbst!"

Längst habe er damit gerechnet, dass die Medien über seinen Arbeitsauftrag spekulieren. "Ich werde morgen wieder zum Training kommen und meinen Job machen." Und einmal in Fahrt, teilte Skripnik aus. "Wir spielen die ganze Saison gegen 18 Mannschaften - 17 in der Bundesliga und eine aus dem Medienbereich. Nach jeder Niederlage kommen Geschichten, die unangenehm zu lesen sind. Mir tut das nicht weh, aber ihr schadet damit Werder Bremen. Wenn ihr wollt, dass die Mannschaft in der zweiten Liga dabei ist: bitteschön. Es gab in der Hinrunde schon Situationen, da hieß es, ich bin weg. Aber wer soll das machen? Alle sagen: 'Du bist der Mann, den wir brauchen.'"

Werder beruft für den Samstagabend eine Krisensitzung ein

Nicht selten haben so Abschiedsreden von Fußballtrainern geklungen. Für Samstag wurde noch eine Krisensitzung einberufen. Geschäftsführer Eichin gab sich bewusst kühl und sachlich, wollte aber entgegen seinen Verlautbarungen der letzten Wochen auch nichts mehr ausschließen. "Wir werden heute und morgen Gespräche führen und schauen, mit welcher Marschroute wir in die nächsten Spiele gehen." Es sei nicht sein Anliegen, den Trainer zu wechseln: "Aber wir müssen schauen, dass wir die richtigen Maßnahmen ergreifen." Er schließe nichts aus, sagte er noch.

Der Grund für den großen Frust und die regelrechte Schockstarre, die sich nach dem Abpfiff über das Stadion legte, war Jeong-Ho Hongs Tor drei Minuten vor dem Ende. Augsburgs Koreaner, erst 57 Sekunden davor mit dem Auftrag eingewechselt, in der Defensive die hohen Bälle der Gastgeber rustikal zu verteidigen, hielt mit seinem ersten und einzigen Ballkontakt überhaupt seinen Fuß in eine Freistoßflanke aus dem Halbfeld und stürzte Werder "in ein ganz tiefes Loch", wie Eichin es formulierte.

Augsburg beißt sich ins Spiel - und schießt zwei Glückstore

Es war Augsburgs Siegtreffer in einem Spiel, das der FCA nie hätte gewinnen dürfen. Darin waren sich wohl alle Beteiligten einig. Nichts weniger als "das wichtigste Spiel der letzten Jahre" hatte die Stadionregie vor dem Anpfiff angekündigt, entsprechend euphorisch und zielstrebig begann Werder dieses Kellerduell. Mit dem letzten von insgesamt neun Torschüssen, die Werder vor der Pause abfeuerte, belohnte Florian Grillitsch die in allen Belangen überlegenen Gastgeber mit dem 1:0 (43.). Augsburg fand ohne neun Stammspieler zu keiner Phase in die Partie, zu allem Überfluss meldete sich Ende der ersten Halbzeit auch noch der emsige Alexander Esswein mit einer Muskelverletzung ab und musste durch Raul Bobadilla ersetzt werden.

"Man hat gemerkt, dass wir so noch nie zusammengespielt haben. Wir waren von der Wichtigkeit des Spiels, von den Fans im Stadion beeindruckt, das hat man in der ersten Halbzeit gesehen", sagte Trainer Markus Weinzierl. Nach lediglich 42 Prozent gewonnener Zweikämpfe biss sich der FCA im zweiten Durchgang regelrecht ins Spiel, gewann plötzlich die Duelle - und Angreifer Finnbogason traf mit Augsburgs erstem Torschuss überhaupt sofort ins Netz (53.). Werder verkrampfte immer mehr und wurde lediglich nach Standards noch gefährlich. Ohne Claudio Pizarro, der verletzt von der Tribüne aus zusah, waren es die Bremer Abwehrspieler Jannik Vestergaard und Theodor Gebre Selassie, die am häufigsten aufs gegnerische Tor zielten.

"Nach dem 1:1 habe ich auf eine Reaktion gewartet", sagte Skripnik. Doch er wartete vergebens: "Die langen Bälle danach waren aber nicht das richtige Mittel. Wir haben nicht so gespielt, wie sich der Trainer das gewünscht hat." Das Spiel, es schien etwas zerrissen zu haben. Während Skripnik entgegen der Routine nicht zur Mannschaft in den Mittelkreis ging und stattdessen flink in die Kabine huschte, blieben seine Spieler einigermaßen ratlos vor den wütenden Fans zurück. Assistenztrainer Torsten Frings wollte die Parteien noch zusammenbringen, doch da war Skripnik längst entschwunden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: