Bundesliga: Borussia Dortmund:Trend zum Bleiben

Verbesserte Verträge und sanfter Gruppenzwang: Dortmunds junges Team ist so gut wie Meister und bleibt wohl zusammen. Auch Nuri Sahin widersetzt sich offenbar seinem Berater.

Freddie Röckenhaus

Das Theaterstück an der Südtribüne fiel länger aus als nach sonstigen Siegen. Aber die Ausgelassenheit einer vorgezogenen Meisterfeier wollte das Hüpfen der 25.000 Fans auf dem strapazierfähigen Beton der Dortmunder Gelben Wand dann doch noch nicht annehmen. Den Spielern, die Arm in Arm vor der Kernmasse ihrer Anhängerschaft auf und ab sprangen, war die Müdigkeit anzumerken.

Vor allem Nuri Sahin, der beim 3:0-Sieg gegen den SC Freiburg am Knie verletzt ausgewechselt werden musste, beschränkte sich auf eine Andeutung von Hüpfen. Dabei galt dem Dortmunder Mittelfeld-Strategen der Slogan, der auf der Südtribüne als Plakat mitwippte. "Nächste Saison mit Nuri in der Champions League" stand da, auf eine Tapetenrolle gepinselt.

Der wieder gewonnene Acht-Punkte-Vorsprung auf den letzten vermeintlichen Widersacher, auf Bayer 04 Leverkusen, schien für diese Zeit des rituellen Hüpfens und Tanzens auf seltsame Art nicht mehr im Mittelpunkt zu stehen. Die Botschaft an Sahin schwebte über dem Jubel.

Schließlich hatte die Bild-Zeitung kurz zuvor berichtet, der Wechsel des 22-Jährigen zu Real Madrid im Sommer sei beschlossene Sache. Viele andere Medien, inklusive Fernsehen, waren auf die Wechsel-Behauptung eingestiegen. Die Dementis von Sahin und aus der BVB-Chefetage fielen so kraftlos aus, dass sich die Zeitungs-Spekulation schnell zur handfesten Nachricht auswuchs.

Eine halbe Stunde nach dem Spiel allerdings gab Sahin, auf den Südtribünen-Slogan angesprochen, vor einer ZDF-Kamera trocken zu Protokoll: "Unsere Fans wissen schon, wie ich mich entschieden habe." Schon Ende der Woche war durchgesickert, dass sich der Spielmacher gar nicht ernsthaft mit einem Wechsel beschäftige. Vielmehr würden Spieler und Management von einer Verlängerung gleich nach Saisonende ausgehen.

Und Mitspieler Kevin Großkreutz, als Hardcore-Dortmunder bekannt, hatte in einem Interview schon mal angedeutet, Sahin sei "charakterlich überragend", und man könne sich sicher sein, "dass Nuri die richtige Entscheidung trifft". Man habe sich, so Großkreutz, im Prinzip ja gegenseitig versprochen, als Mannschaft zusammen zu bleiben.

Sahin besitzt in Dortmund bisher einen Vertrag bis 2013. Allerdings mit komplizierten Details, mit denen sein Berater Reza Fazeli seit Wochen virtuos jongliert. Selbst Fazeli hatte in der vergangenen Woche aber eingeräumt, dass der bisherige Vertrag keine Klausel enthält, die Sahin einen vorzeitigen Ausstieg zur festgeschrieben Ablöse von sechs Millionen Euro zu ausländischen Topklubs ermögliche.

Brachiale Überlegenheit

Aus seinem jetzigen Kontrakt könnte Sahin zu einem Verein wie Madrid zwar vorzeitig wechseln, aber nur für eine marktübliche Transfersumme. Ob es tatsächlich ein Interesse von Madrid gab, bleibt wohl Fazelis Geheimnis. Dortmund strebt schon länger eine Verlängerung mit Sahin an - zu erhöhtem Gehalt, aber diesmal ohne Ausstiegsklauseln. Mit der Madrid-Drohung im Rücken traut Fazeli sich womöglich ein besseres Verhandlungsergebnis zu.

Nach Sahins Äußerungen am Wochenende dürfte es bei den Verhandlungen mit Dortmunds Manager Michael Zorc wohl nur noch um die neue Laufzeit und um eine Gehaltsaufstockung gehen. Dann hätte sich der türkische Nationalspieler ebenso gegen die Tendenz seines Beraters Fazeli (der auch Mesut Özil betreut) durchgesetzt, wie zuvor offenbar die DFB-Nationalspieler Marcel Schmelzer und Mats Hummels gegen ihre Berater.

Der soziale Druck aus dem Mannschaftskreis und dem BVB-Anhang, soll Sahin, der als heimlicher Kapitän der jungen Elf gilt, von vornherein gegen einen Wechsel eingenommen haben. Bedingung sei für ihn nur gewesen, demnächst in der Champions League zu spielen. Sahin spielt für Dortmund, seit er elf Jahre alt ist.

Die aktuelle Saison ist für den Dauer-Borussen allerdings schon vorbei. Am Montagmittag wurde bekannt, dass Sahin wegen eines Teilrisses des Innenbandes im rechten Knie sechs Wochen ausfällt. Gegen Freiburg musste ihn der Deutsch-Brasilianer da Silva eine Halbzeit lang vertreten.

Der geradezu brachialen Überlegenheit Dortmunds tat das keinen Abbruch. Ohne Mittelstürmer Barrios, ohne den noch verletzten Shinji Kagawa und ohne Sahin kam Dortmund immer noch zu 19:2-Torschüssen. Dass der überragende Mario Götze, Robert Lewandowski und Kevin Großkreutz am Ende nur drei Treffer aus dem Dauer-Sturmlauf machten, ließ sich verschmerzen.

Trainer Jürgen Klopp hatte seine Spieler sicherheitshalber darauf vorbereitet, wie sie einen befürchteten Leverkusener Sieg in München hätten verarbeiten können. "Es hätte sein können, dass wir nach dem Nachmittags-Spiel bis zu unserem Anpfiff nur noch siebeneinhalb Minuten Zeit gehabt hätten, um mit dem Heranrücken von Leverkusen klar zu kommen", sagte Klopp. Dank des Bayern-Triumphs blieb das eine Trockenübung.

Zehn Minuten vor Schluss leistete sich Klopp stattdessen die Lust-Einwechslung von Dede. Der 33-jährige gebürtige Brasilianer, seit 13 Jahren beim BVB und inzwischen Deutscher, geht zum Saisonende, weil er kaum Chancen auf Einsätze sieht. Dede ist offenbar das erklärte Idol vieler junger Teamkameraden - und des Publikums.

Vor lauter Dede und Sahin fiel die ganz große Freudenflut in Dortmund aus, Großkreutz kündigte aber an: "Ich freue mich schon auf unser nächstes Heimspiel - in Mönchengladbach." Etwa 20.000 BVB-Fans sollen Karten fürs Spiel im Gladbacher Borussia-Park ergattert haben.

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