Bundesliga:Augsburgs Überfälle überraschen Leipzig

FC Augsburg v RB Leipzig - Bundesliga

Zu schnell für RB Leipzig: Der Augsburger Michael Gregoritsch (r.) feiert sein Tor mit Caiuby.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der FC Augsburg bestätigt seine exzellente Form und besiegt Favorit RB Leipzig.
  • Damit ist der FCA nun vorerst Dritter, nur eine obszöne Geste von Daniel Baier sorgt für Ärger.
  • Hier geht es zur Tabelle der Bundesliga.

Von Sebastian Fischer, Augsburg

Es gibt viele Klischees über Schwaben, dass sie geizen und ständig ihre Treppe kehren zum Beispiel. Dass sie hüpfen gehörte bislang nicht dazu. Es war also so etwas wie eine kleine Kulturrevolution, zu der die Fans des FC Augsburg, bayerische Schwaben, am Dienstagabend aus aktuellen Anlass aufriefen. "Ein jeder Schwabe hüpft", sangen sie, und dann hüpften tatsächlich ziemlich viele Schwaben im Stadion. Es passte zu einem Spiel, das die Erwartungen der meisten Beobachter konterkarierte. Augsburg, der vermeintliche Abstiegskandidat, schlug Leipzig, den Vorjahreszweiten, mit 1:0 (1:0).

Augsburgs Angriff glich einem Überfall

Die Überraschungen begann schon mit der Aufstellung der Leipziger Mannschaft, die Trainer Ralph Hasenhüttl nach dem 2:2 am Samstag gegen Borussia Mönchengladbach auf neun Positionen veränderte. Lediglich der Mittelfeldspieler Kevin Kampl sowie Stürmer Timo Werner spielten wieder von Beginn an. Die wohl überraschendste Änderung war der Einsatz von Torhüter Yvon Mvogo anstelle von Peter Gulacsi. Der Schweizer Mvogo, 23, vor der Saison für rund fünf Millionen Euro von den Young Boys Bern geholt, stand erstmals überhaupt in einem Pflichtspiel im Leipziger Tor. Nach zwei Minuten sprang er nach einer Augsburger Flanke das erste Mal am Ball vorbei. Nach vier Minuten musste er ihn das erste Mal aus seinem Netz holen.

"Jedes Gegentor ist ärgerlich", sagte Leipzigs Verteidiger Willi Orban, "aber besonders, wenn man sich auswärts auskontern lässt, ist das suboptimal."

Augsburgs Angriff glich einem Überfall, so wie man es eigentlich von Leipzig kennt. Stürmer Caiuby war viel schneller als Leipzigs Verteidiger Compper, überlief ihn, plötzlich war er im Strafraum. Nach seinem Querpass legte Alfred Finnbogason den Ball zurück, Michael Gregoritsch traf. Der Einsatz des Österreichers war eine von drei Änderungen von Trainer Manuel Baum im Vergleich zum 2:1-Auswärtssieg in Frankfurt am Wochenende. Gregoritsch, 23, im Sommer aus Hamburg nach Augsburg gewechselt, hatte bislang kaum überzeugt. Nach seinem ersten Tor für den neuen Klub schien er selbst beim Jubeln noch beweisen zu wollen, zurecht aufgestellt worden zu sein; immer wieder schrie er auf dem Weg zur Eckfahne seine Freude heraus und ballte die Fäuste.

Der Saisonstart des FC Augsburg war ja schon vor diesem Dienstag durchaus beeindruckend gewesen, mit zwei Siegen und einem Unentschieden der beste in der Klubgeschichte. Gegen Leipzig bestätigte der FCA seine starke Form. "Auf einmal sollen wir die Helden sein", sagte Daniel Baier nach dem Abpfiff, "auf das Spiel lasse ich mich nicht ein." Die Augsburger standen zwar tief, wirkten jedoch dank ihrer gefährlicher Konter gar nicht mal defensiv. Caiuby und Finnbogason gewannen in der gegnerischen Hälfte immer wieder entscheidende Zweikämpfe. Die Stürmer, im Kampf um den Klassenerhalt in der Vorsaison oft für ihre Harmlosigkeit kritisiert, wirken in diesen Tagen wie ausgewechselt. Nach 23 Minuten hätte Baier mit einem Distanzschuss beinahe auf 2:0 erhöht, es wäre nicht einmal unverdient gewesen. Die Schwaben in Augsburg hüpften zum ersten Mal.

Ohne Keita und Forsberg fehlt Kreativität

"In Augsburg ist es hitzig", hatte Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl vor der Partie gewarnt, was nach Floskel klang, weil einem ja durchaus ein paar hitzigere Bundesliga-Stadien einfallen als die verhältnismäßig kleine Arena, deren Fassade am Dienstag erstmals in rot und grün leuchtete. Doch Hasenhüttl sollte Recht behalten. Mit jedem gescheiterten Leipziger Angriff wurde es lauter - und es scheiterten einige. Die beste Chance vergab nach 25 Minuten Werner, freistehend scheiterte er aus kurzer Distanz an Marwin Hitz. Doch häufiger sahen die Angriffe der Gäste aus wie jener beispielhafte kurz vor der Pause, als Yussuf Poulsen aussichtsreich an den Ball kam, einen Hackentrick versuchte, beinahe umfiel, quer durch den Strafraum lief, nach Hilfe suchte und den Ball zurückpasste - zum Augsburger Gregoritsch.

Die Leipziger Abwehr wirkte samt Torwart Mvogo unsicher, das Mittelfeld ohne den rotgesperrten Naby Keita und den zunächst geschonten Emil Forsberg kaum kreativ. Dem Favoriten fiel wenig ein gegen Augsburgs Fünferkette. Leipzig war zwar spielbestimmend, hatte deutlich mehr Ballbesitz, noch mehr nach Forsbergs Einwechslung für Poulsen nach einer Stunde Spielzeit. Doch es brachte wenig. Die Gäste kombinierten sich oft minutenlang um den Augsburger Strafraum herum, um dann aus der Distanz zu schießen. Meistens daneben.

Hitzig wurde es dann tatsächlich noch, aber auf eine Art, wie sie Hasenhüttl wohl nicht gemeint hatte. Baier provozierte den Leipziger Trainer mit einer anzüglichen, offenbar masturbierenden Handbewegung, wie auf TV-Bildern zu sehen war. Die beiden diskutierten nach dem Abpfiff intensiv. "Ich brauche die Aktion nicht zu kommentieren oder bewerten, das sollen andere tun", sagte der Trainer. Baiers Provokation blieb vorerst ungeahndet.

Der FC Augsburg, der vermeintliche Abstiegskandidat, ist nun erst einmal Tabellendritter. Als die Leipziger am Dienstagabend längst in der Kabine verschwunden waren, feierten die Augsburger noch mit ihren Fans. Die Schwaben in Augsburg, sie sangen und hüpften.

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