Bundesliga-Abstiegskampf:Die drei Trümpfe des HSV: Kacar, Adler und Schalke

VfB Stuttgart v Hamburger SV - Bundesliga

Freut sich über sein Führungstor in Stuttgart: HSV-Profi Gojko Kacar

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Gibt es für den Tabellenvorletzten Hamburger SV noch Hoffnung? Ja, weil sich in dieser Saison im irren Abstiegskampf der Bundesliga jeder Krisenklub wieder auf wundersame Weise zurückgekämpft hat.

Kommentar von Christof Kneer

Wer die Bilder sah, wer die Sätze hörte und die Schlagzeilen las, der konnte zu dem Schluss kommen: Es gibt keine Rettung mehr für den Hamburger SV. Die Mannschaft hat das Spiel in Stuttgart eindrucksvoll genutzt, um auf ihre Mittellosigkeit hinzuweisen; sie hat eine 1:0-Führung genutzt, um dem Spiel anschließend sanft zu entschlafen; und die Bühne, auf der die Interviews geführt werden, haben die Spieler genutzt, um jene Art von Parolen zu verbreiten, an die Spieler in dem Moment, in dem sie sie sagen, schon selber nicht mehr glauben.

Den HSV, der noch nie abgestiegen ist in 52 Jahren Bundesliga, den wird es jetzt also wahrscheinlich erwischen. Außer natürlich: Es erwischt ihn nicht.

Der HSV hat in den vergangenen Jahren wenig Produktives zur Entwicklung des deutschen Fußballs beigetragen, abgesehen davon, dass er sämtlichen Trainern und Sportdirektoren, die es in Deutschland gibt, irgendwann zu einem vollkommen überdotierten Job verholfen hat. Dennoch sollte keiner dieser irgendwann wieder entlassenen Trainer und Sportdirektoren darauf setzen, dass der Klub zur Strafe absteigt. Der HSV ist der Dinosaurier mit den 1000 Leben.

Das Beharrungsvermögen des einst großen HSV ist durchaus ein Wert an sich, es spricht ebenso für ihn wie die letzten drei Trümpfe, die ihm im Abstiegskampf noch geblieben sind. Diese drei Trümpfe sind René Adler (Torhüter), Gojko Kacar (Torschütze) sowie Schalke 04 (nächster Gegner).

Gojko Kacar ist eine Symbolfigur für jene atemberaubende Ressourcenverschwendung, die der HSV zuletzt mit hoher Verlässlichkeit betrieben hat. Kacar kam mit größten Erwartungen und bekam einen noch größeren Vertrag, und es dauerte dann kaum mehr als fünf Jahre, bis er endlich anfangen durfte, zurückzuzahlen. Drei Tore hat Kacar, ein defensiver Mittelfeldspieler, in den vergangenen drei Spielen erzielt: Er war der Garant für jene irgendwie fast schon bewundernswert herausgewurstelten und herausgewuchteten Punkte, die den HSV so sehr erfrischt haben, dass er nun wieder erschöpft zurückgefallen ist.

So wie der Spieler Kacar im Moment stellvertretend für den HSV steht, so steht der HSV im Moment stellvertretend für den Abstiegskampf. So wie dem HSV erging oder ergeht es auch den anderen Widersachern: Sie alle hatten schon ihre Trends, die sie oft schon am nächsten Spieltag mit dem Gegentrend gekontert haben. Das ist das zentrale Merkmal des diesjährigen Abstiegskampfes: Es findet sich partout kein Klub, der sich abhängen lässt.

Aha, jetzt lässt Freiburg nach, siehste, war ja klar, dass Paderborn irgendwann einbricht, Hannover holt sowieso keine Punkte mehr, und die Stuttgarter sind eh' schon weg - das galt so lange, bis Freiburg sich natürlich wieder erhob, Paderborn sich natürlich wieder zurückkämpfte, Hannover sich wieder ans Siegen erinnerte und der VfB sich mal eben spielerisch neu erfand.

Kein Klub hat bisher ein Glaskinn gezeigt, alle Klubs haben Nehmerqualitäten und manchmal sogar einen anständigen Punch. Das könnte in der letzten Runde ein dramatischer Boxkampf werden.

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