Brose Baskets:Abergläubischer Italiener

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High Five: Bambergs Center Trevor Mbakwe (links) überwindet die ausgestreckten Finger des Ulmers Tim Ohlbrecht. (Foto: imago)

Bambergs Basketballer haben eine bemerkenswerte Saison hinter sich, beanspruchen im Meisterschaftsfinale aber die Außenseiterrolle.

Von Joachim Mölter

Jetzt, wo er ja nur noch neutraler Beobachter sei, könne er doch bitte mal die Aussichten der Brose Baskets Bamberg in der Finalserie um die deutsche Basketball-Meisterschaft einschätzen, ist Thorsten Leibenath am Samstagabend gebeten worden. Doch ehe der Trainer von Ratiopharm Ulm etwas sagen konnte, fiel ihm sein Kollege Andrea Trinchieri ins Wort: "Ich bin Italiener! Ich bin abergläubisch!", sagte der 47-Jährige und klopfte dreimal auf den Holztisch, hinter dem er saß: "Ich will das nicht hören!" Freundlicherweise verzichtete Leibenath dann auch darauf, seine Meinung preiszugeben.

Die Bamberger hatten sein Team gerade zum dritten Mal besiegt in der Halbfinalserie, nach dem 99:63 zum Auftakt und dem 81:80 in Ulm diesmal mit 90:70 Punkten. Trinchieris Team hatte damit die Best-of-five-Serie glatt mit 3:0 Siegen für sich entschieden, ebenso wie zuvor das Viertelfinale gegen Ludwigsburg. Wer ihr Finalgegner sein wird, wissen die Bamberger aber frühestens am Dienstagabend, vorher ist das zweite Halbfinale zwischen Alba Berlin und dem FC Bayern München keinesfalls entschieden. Und vorher will sich Trinchieri auch keine Gedanken über den Kontrahenten machen, er sagt nur: "Ab jetzt ist der Favorit auf der anderen Seite des Tableaus. Wir treffen entweder auf den Titelverteidiger", also den FC Bayern, "oder auf eine Mannschaft, die nur zwei Körbe entfernt war vom Einzug in das Euroleague-Viertelfinale", also Alba.

Bambergs Basketballer haben bislang eine bemerkenswerte Saison hinter sich, vor allem, wenn man bedenkt, dass die Mannschaft fast komplett umgekrempelt worden ist inklusive Trainerstab und Management. Bis auf das Eigengewächs Karsten Tadda, 26, und den im Sommer 2013 verpflichteten Elias Harris, 25, ist kaum jemand übrig geblieben beim sechsmaligen Meister nach dem Großreinemachen von Aufsichtsratschef Michael Stoschek. Umso erstaunlicher, dass das Team die Hauptrunde als Tabellenerster beendete und nun auf schnellstmöglichem Weg, ohne Niederlage, durch die Playoffs ins Finale einzog. "Der Stolz ist riesengroß", sagte der neue Geschäftsführer Rolf Beyer.

Dafür, dass der Stolz nicht in Übermut umschlägt, sorgt nun Andrea Trinchieri. "Wir sind glücklich", sagte er am Samstag, "aber das Glück endet, wenn wir uns am Montag wiedersehen." Dann beginnt die Vorbereitung auf das erste Endspiel am kommenden Sonntag in heimischer Halle. Diesen Heimvorteil hatten sich die Bamberger bereits mit dem ersten Platz in der Hauptrunde gesichert, die vergleichsweise lange Erholungspause bis zu ihrem nächsten Spiel verdienten sie sich mit dem schnellen Erfolg über Ulm. Trotz aller vermeintlichen Vorteile gefällt sich Trinchieri in der Rolle des Außenseiters, stapeln auch die Spieler tief, wenn sie nach Erfolgsaussichten für das Finale befragt werden. "Wenn man so weit gekommen ist, will man natürlich alles gewinnen", sagte Janis Strelnieks, mit 28 Punkten am Samstag neben Trevor Mbakwe (elf Punkte, zwölf Rebounds) maßgeblicher Mann: "Aber es wird nicht einfach. Wir müssen über uns hinauswachsen, 150 Prozent geben." Die gerade bezwungenen Ulmer seien zweifellos ein gutes Team, aber nicht auf dem gleichen Niveau wie der FC Bayern oder Alba, findet der Lette.

Es ist am Rande der Vorschlussrunde ja die grundsätzliche Frage aufgekommen, ob angesichts der aktuellen Dominanz von Bamberg, Berlin und München für Klubs wie Ulm die Halbfinalteilnahme künftig das maximal erreichbare Ziel ist. Dessen Trainer Leibenath sieht das nicht so. "Keine der drei großen Mannschaften hat den Pokal gewonnen", erinnerte er an Oldenburgs jüngsten Finaltriumph über Bamberg, "man sieht ja, dass was möglich ist."

Man hat tatsächlich gesehen, dass für seine Mannschaft mehr möglich war gegen Bamberg. Im Heimspiel am vorigen Mittwoch hatte sie den Favoriten am Rand der Niederlage, ehe sie sich in der Schlussminute einen folgenschweren Abwehrlapsus leistete. Und auch in Bamberg kam sie nach zwischenzeitlichem 23-Punkte-Rückstand (30:53/23.) wieder bis auf sechs Zähler heran (58:64/31.). "Danach hatten wir einen offenen Dreier, treffen ihn aber nicht. Da hätten wir noch mal Druck machen können", resümierte Leibenath, der den Bambergern aber bescheinigte, "immer die richtigen Antworten gefunden" zu haben, "wenn wir geglaubt haben, jetzt geht was".

Ulm Coach versicherte jedenfalls: "Wir werden auch in Zukunft nicht in so eine Serie gehen mit dem Gedanken, dass wir sie verlieren. Ich kann meiner Mannschaft ja nicht die Einstellung verkaufen: ,Hauptsache, wir gehen nicht unter.' So ticken Trainer nicht." Und weil dem so ist, wird wohl auch Andrea Trinchieri - bei aller demonstrativer Bescheidenheit - nicht in die Finalserie gehen, um sie zu verlieren. "Das Wichtigste ist, dass man einen Plan hat", verriet der Italiener: "Und wir haben einen sehr klaren Plan."

© SZ vom 01.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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