Brooklyn Nets in der NBA:Der größte Witz der Liga

Denver Nuggets v Brooklyn Nets

Ratlos: Mirza Teletovic, Brook Lopez, Joe Johnson und Kevin Garnett (v. li.) von den Brooklyn Nets

(Foto: AFP)

Der russische Oligarch Michail Prochorow will mit den Brooklyn Nets unbedingt die NBA-Meisterschaft gewinnen. Derzeit sorgt die millionenschwere Truppe aber eher für skurrile Momente. Prochorow hat deshalb ein verrücktes Versprechen zurückgezogen.

Von Jürgen Schmieder

Michail Prochorow scheint eine Vorliebe zu haben für waghalsige Experimente. Der russische Oligarch präsentiert nicht nur mutige Tricks auf Jetskiern, er trat im Jahr 2012 auch bei der Präsidentschaftswahl seines Landes als unabhängiger Kandidat gegen Wladimir Putin an - und bekam 7,94 Prozent der Stimmen. Zwei Jahre zuvor hatte er mit einem gewagten Versprechen für Aufsehen gesorgt: Nach der Akquise des Basketballvereins New Jersey Nets verkündete er, sich mit der Ehe bestrafen zu wollen, sollte der Klub nicht innerhalb von fünf Jahren die Meisterschaft in der nordamerikanischen Basketballliga NBA gewinnen.

"Das war nur ein Witz", sagte Prochorow, 48, kürzlich, "ich suche noch nicht nach einer Ehefrau." Er betonte das, weil er sich tatsächlich langsam auf Brautschau begeben müsste, hätte er dieses Versprechen ernst gemeint. Sein Klub, nach dem Umzug umbenannt in Brooklyn Nets, ist derzeit so etwas wie Prochorows Aussage: ein gewaltiges Versprechen, das sich als Witz herausstellt: Vor dem Stadtderby am Donnerstag gegen die New York Knicks weist die Bilanz fünf Siege und 13 Niederlagen aus. Das ist der viertschlechteste Wert der kompletten Liga.

Prochorow hat sich für diese Spielzeit eine sündteure Mannschaft gegönnt: Deron Williams, Joe Johnson und Brook Lopez gehörten bereits zum Kader, Prochorow holte Landsmann Andrei Kirilenko von den Minnesota Timberwolves sowie Paul Pierce, Kevin Garnett und Jason Terry von den Boston Celtics.

"Ich bin ein Mann der Ergebnisse"

101,3 Millionen US-Dollar überweist der Klub den Spielern an Jahresgehalt. Weil das deutlich über der Gehaltsobergrenze liegt, werden die Nets voraussichtlich mit einer Luxussteuer von 87,2 Millionen Dollar belegt (die exakte Zahl wird am Ende der regulären Saison anhand der tatsächlich bezahlten Gehälter berechnet, noch können Spieler getauscht werden).

188,5 Millionen Dollar. So viel hat noch nie jemand für eine NBA-Mannschaft ausgegeben.

Um Pierce, Garnett und Terry zu bekommen, gaben die Nets nicht nur fünf Spieler ab, sie überließen den Celtics auch das Wahlrecht in der jeweils ersten Runde der Drafts 2014, 2016 und 2018, bei denen sich die NBA-Vereine die besten Nachwuchsspieler aussuchen. Auf die Zukunft schienen sie bei ihren Aktionen im Sommer kaum Wert zu legen, die Konzentration galt alleine dieser Spielzeit. "Ich habe gemacht, was ich konnte", sagte Prochorow im Sommer. Es sei nun an der Zeit, die Meisterschaft zu gewinnen: "Ich bin kein Mann für Entwicklungen, ich bin ein Mann der Ergebnisse."

Mannschaft mit Ablaufdatum

Diese Ergebnisse im ersten Monat dieser Saison waren ernüchternd, die gegnerischen Mannschaften entschuldigten sich bisweilen, nicht höher gewonnen zu haben wie beim Auftritt der Nets bei den Los Angeles Clippers vor zwei Wochen. "Vielleicht haben wir das Spiel und den Gegner nicht ernst genommen, als wir die Aufstellung gelesen haben", sagte Clippers-Flügelspieler Blake Griffin danach, "es war keiner dabei, den man sonst in der Startformation erwarten würde." Bei den Nets hatten Lopez, Garnett, Williams, Kirilenko und Pierce aufgrund von Verletzungen gefehlt.

Mit solchen Ausfällen allerdings müssen sie rechnen in Brooklyn, es ist eine Mannschaft mit nicht zu übersehendem Ablaufdatum: Das Durchschnittsalter der gewünschten Startformation liegt bei knapp 32 Jahren, Terry (36) und Kirilenko (32) heben den Schnitt sogar noch an, wenn sie mal nicht verletzt sind und sich von der Bank aufs Parkett begeben.

Trainer Jason Kidd dagegen ist ein Neuling. Er war einst einer der besten Spielmacher der Liga und gewann mit Dirk Nowitzki im Jahr 2011 die Meisterschaft. Vor der Saison machte er gewaltige Versprechen ("Ich weiß, wie man nicht nur ins Finale kommt, sondern wie man Titel gewinnt"), er traf bisweilen mutige Entscheidungen (gegen Houston ließ er vier seiner Startspieler die komplette zweite Halbzeit auf der Bank).

Peinliches vom Trainer

Er sorgte allerdings auch für den größten Witz der aktuellen Spielzeit: Bei der Partie gegen die Los Angeles Lakers lief er acht Sekunden vor dem Ende absichtlich gegen Aufbauspieler Tyshwan Taylor und verschüttete sein Getränk auf dem Spielfeld. So erhielt er trotz fehlender Auszeiten die Gelegenheit, seinen Akteuren einen Spielzug zu vermitteln. Es half nichts: Pierce warf daneben, seine Mannschaft verlor. Die Liga belegte Kidd danach mit einer Strafe von 50.000 Dollar. "Ich will gewinnen, aber das hätte ich wahrscheinlich nicht machen sollen", sagte Kidd.

Die Verantwortlichen geben sich derzeit noch gelassen, sie verweisen auf den kniffligen Spielplan der ersten Wochen mit zehn Auswärtsspielen und die Schwierigkeit, sowohl neue Akteure als auch einen neuen Trainer integrieren zu müssen. "Wir sind noch nicht allzu besorgt", sagt Manager Billy King, "es wird schon, es braucht eben Zeit."

Doch Zeit ist etwas, das sie nicht haben in Brooklyn. Sie müssen Erfolg haben, in dieser Saison. Ansonsten könnte es sein, dass Michail Prochorow schneller Präsident von Russland wird, als er mit den Brooklyn Nets einen Titel gewinnt.

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